Zeitbilder 5, Schulbuch

Handeln der Städter in gemein- schaftlich organisierten Gruppen, um die eigenen Interessen gegen die Herren durchzusetzen. (Schmieder, Die mittelalterliche Stadt, 2005, S. 55 f; gekürzt) Oftmals waren auch schwere Kämpfe nötig, um die Herrschaft des Stadtherrn abzuschütteln und die Verwaltung der Stadt in die eigene Hand zu nehmen. An der Spitze der städtischen Selbstverwaltung stand der Stadtrat. Er hielt im Rathaus sei- ne Sitzungen ab. Zu seinen Aufgaben gehörte die Sorge um die städtischen Wehranlagen, die Einhebung von Steuern und Abgaben, die Überwa- chung von Handel und Verkehr so- wie die Überprüfung von Maßen und Gewichten. Dem Rat stand auch die niedere Gerichtsbarkeit zu. Größere Städte übten sogar die Blutgerichts- barkeit aus, doch wurde der Stad- trichter meist vom Landesherrn be- stellt. Nur in den reichsunmittelbaren Städten oblag seine Bestellung dem Stadtrat. Doch darf man die Ratsver- fassung der mittelalterlichen Städte nicht als demokratische Einrichtung missverstehen. Das aktive Wahlrecht war auf die Vollbürger beschränkt, das passive nur auf wenige, meist wohlhabende „ratsfähige“ Familien. Der Rat herrschte über „seine“ Bür- ger kaum anders als jede andere Ob- rigkeit auch. Ihm standen städtische Beamte zur Verfügung. Der Wohnsitz der ratsfähigen Familien war im Zen- trum der Stadt – und da wollte man auch unter sich bleiben: Q In der Innenstadt darf sich nur niederlassen, wer mindestens 200 Gulden besitzt und dies nach- weisen kann. (Aus einer Nürnberger Ratsverordnung, 15. Jh.) Patrizier und Handwerker kämpfen um das Stadtregiment Die Bürgerschaft schied sich in zwei große Gruppen: die reichen Kauf- mannsgeschlechter und alteingeses- senen Grundbesitzer (Patrizier) so- wie die Kleinhandwerkerinnen und -handwerker und Kleinhändlerin- nen und -händler. Zunächst spielten die Patrizier die führende Rolle in der Stadtregierung. Diese entschied nicht nur über allgemein politische, sondern auch die Handwerkerinnen und Handwerker betreffende Fra- gen (Steuern, Löhne, Preise u. a.). In vielen Städten Mittel- und Westeu- ropas waren – besonders im Spät- mittelalter (14. und 15. Jh.) – „Bür- gerkriege“ die Folge, weil der „Stadtadel“ eine Regierungsbeteili- gung der Handwerkerinnen und Handwerker sowie der Kleinhändle- rinnen und -händler zunächst ab- lehnte. Die Zünfte entschieden diese Kämpfe – meist mit Hilfe der städti- schen Unterschichten – in der Regel für sich. Fast überall wurden sie in den Stadtrat aufgenommen. Doch die unselbstständigen Handwerke- rinnen und Handwerker sowie die Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeiter hatten weiterhin keine politischen Mitspracherechte. Die italienischen Seestädte und der Fernhandel Der wirtschaftliche Aufschwung der Städte im Hoch- und Spätmittelalter hing eng mit der Ausweitung des Fern- und Binnenhandels zusam- men. Aus dem Handel mit dem Vor- deren Orient, dem Levantehandel, zogen die italienischen Seestädte auf Grund ihrer günstigen geogra- phischen Lage den größten Nutzen. Vornehmlich die Handelsherren aus Venedig, Pisa und Genua nützten die Häfen des östlichen Mittelmee- res (in Ägypten, Syrien, Konstanti- nopel) und auch des Schwarzen Meeres für ihre einträglichen Ge- schäfte. Denn dort endeten die wichtigsten Karawanenstraßen aus Arabien, Indien, China und Afrika. Flandern, ein Zentrum des mittelalterlichen Handels Das zweite Handelsnetz ging von Flandern aus. Es war damals das am dichtesten besiedelte Land Europas; seine wichtigste Stadt war der Hafen Brügge. Schon seit dem Ende des 13. Jh. gingen dort genuesische Händler an Land. Sie kauften Holz und Pelze aus den Ostseeländern, englische und flandrische Tuche, Salz, Wein und Getreide aus Frank- reich und boten dafür ihre Waren aus dem Orient an. Auch Kaufleute aus Venedig und Florenz, aus Kastilien und England errichteten hier bald ihre Handelsniederlassungen – eben- so wie die Vertreter der Hanse. Neben dem billigeren Handelsver- kehr zur See gab es den Fernhandel zwischen den großen europäischen Wirtschaftsräumen schon immer auch zu Lande – hauptsächlich ent- lang der alten Römerstraßen und entlang der großen Flüsse (z. B. Rhein und Donau). Dieser Handel aber war lange Zeit Beschränkungen ausgesetzt: Die Landesherren, aber auch die Städte wollten an den mit ihren Waren durchreisenden Kaufleuten mög- lichst viel verdienen. An den vielen Zoll- und Mautstellen baten sie die Händler zur Kasse. So gab es im 15. Jh. entlang des Rheins 60, an der Donau zwischen Regensburg und Wien 16 Stellen, an denen Zoll zu zahlen war.  Obst- und Gemüsehändlerinnen und -händler. (Fresko, um 1490, Issogne, Aosta-Tal, Italien). Längsschnitt: Die Stadt – Entwicklung und Perioden ihrer Blüte 141 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=