Zeitbilder 5, Schulbuch

Merkmale einer Stadt Die Stadt ist eine der folgenreichsten Entwicklungen in der Menschheits- geschichte. Um von einer Stadt in der Geschichte überhaupt sprechen zu können, müssen mehrere der fol- genden Merkmale gegeben sein: L • eine einigermaßen geschlos- sene Siedlung; • eine größere Bevölkerungszahl (Orte um 1 000 Einwohner sind Grenzfälle); • soziale Differenzierung und Ar- beitsteilung (Herrscher, Priester, Schreiber, verschiedene Hand- werker, Arbeiter etc.); • öffentliche Bauten (Tempel, Ge- treidespeicher, Brunnen etc.), gewerbliche Bauten (Werkstät- ten), private Häuser; • Zentralort für das Umland (güns- tige Verkehrslage, Handelsmit- telpunkt). (Zit. nach: Kolb, Die Stadt im Altertum 1984, S. 15) Die großen Siedlungen der Jungs- teinzeit, Jericho (ca. 8000 v. Chr.) nördlich des Toten Meeres und Ca- tal Hüyük (ca. 7000 v. Chr.) in Ana- tolien, wären nach diesen Merkma- len noch nicht als voll ausgebildete Städte zu bezeichnen. In Jericho Die Stadt – Entwicklung und Perioden ihrer Blüte waren die soziale Differenzierung, die handwerkliche Spezialisierung sowie die Mittelpunktstellung in seiner Umgebung nicht gegeben. In Catal Hüyük gab es zwar hand- werkliche Spezialisierung und Han- del mit der Umgebung, doch fehlen Belege für Priester und Verwal- tungsbeamte. Residenz im Alten Orient Q Die Residenz ist angenehm zum Leben. Sie hat täglich Speise und Nahrung. Ihre Speicher sind voll Gerste und Weizen, sie reichen bis zum Himmel. Man ju- belt, dass man in ihr wohnt; lasst uns die Feste des Himmels feiern. (Aus einem Lied auf die Stadt, Ramses II. um 1250 v. Chr.) Die ersten echten Städte bildeten sich zur Zeit der sumerischen Hoch- kultur in Mesopotamien um 3000 v. Chr. Dieser Raum wird für diese Zeit- spanne auch als „Alter Orient“ be- zeichnet. Um die Tempel und um den Herrscher mit seinem Palast grup- pierten sich die kultischen, die politi- schen, sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten der sumerischen Stadt. Unterschiedliche Größen von Tem- pel und Palast in verschiedenen Städten zeugen vom Ringen um die Vorherrschaft zwischen der Tem- pelpriesterschaft und dem König- tum. Dieses war ursprünglich mit dem obersten Tempelpriestertum identisch. Mit dem Anwachsen poli- tischer Aufgaben löste es sich aber zunehmend davon. Doch immer blieb der Tempel das Band zwischen Göttern und Menschen. Die Tem- pelpriesterschaft sorgte auch für Witwen, Waisen und Arme. Sie war mit reichen Geschenken und großen Ländereien ausgestattet. Herrscher und Priesterschaft präg- ten die sumerische Stadt. Neben ihnen hatte keine andere Bevölke- rungsgruppe eigene politische Rechte. Die Stadt beherrschte auch das um- liegende Land. Deshalb kann man von den sumerischen Städten als Stadtstaaten sprechen. Seit der poli- tischen Einigung Mesopotamiens  Stadtplan von Nippur, Sumer. Der in Ton geritzte Stadtplan ent- stand um 1500 v. Chr. 1 Der Ekur, das „Berghaus“, Sumers berühmtester Tempel. 2 Der Kiur, ein Nachbartempel. 3 Umzäunter Bezirk unbekann- ter Bedeutung. 4 Kirischauru, wörtlich „Part innerhalb der Stadt“. 5 Euphrat. 6 Kanal 7 Stadtmittelkanal. 8–14 Stadttore. 15+16 Wallgraben parallel der Stadtmauer. 17 Eschmah, der „Erhabene Schrein”. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17  Die Skyline von Sydney. 1788 als kleine britische Sträflingskolonie gegründet, ist Sydney heute die größte Stadt Australiens. Mit ihrer modernen Infrastruktur und ihren weltbekannten Sehenswür- digkeiten bietet sie ihren rund 4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern höchste Lebensqualität. Derzeit lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung (ca. 7 Mrd. Menschen) in Städten. Um 1900 waren es 13%, im Jahr 2050 werden es voraussichtlich 70% sein. Diese Entwicklung hat eine lange und vielfältige Geschichte. Längsschnitt 136 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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