Zeitbilder 5, Schulbuch

Und ich sage Euch, dass in dieser Stadt (Cambaluc-Peking) die kost- barsten Dinge und Dinge von größ- tem Wert und größter Seltenheit ankommen, wie es sie in der gan- zen Welt nicht gibt […]. So viel kommt davon an, dass es von allem eine nicht enden wollende Menge gibt […]. Und wisst, dass bei dieser Stadt der Hafen von Cayton (Kanton) liegt, dort, wohin alle Schiffe aus Indien kommen mit ihren Gewürzen und ihren anderen Waren […]. Und für ein Schiff voller Pfeffer, das nach Alexandra (Alexandria) fährt […] um in die Länder der Christen ge- bracht zu werden, laufen hundert und noch mehr neue Schiffe in den Hafen ein. (aus: „Legendäre Reisen im Mittelalter“, Hg: Feliciano Novoa Portela, F. J.V. Ruiz de Toledo, Stuttgart 2008, S. 114) Marco Polo berichtete auch über Sitten und Bräuche in asiatischen Ländern. Über Tibet schrieb er: Q Ich werde Euch erzählen, wie man die Frauen verheiratet. Kein Mann würde eine Jungfrau zur Ehefrau nehmen, sie sagen, dass sie nichts wert sind, wenn sie vor ihrer Heirat nicht schon andere Männer gekannt haben. Und aus diesem Grund bemühen sich die Frauen, ihre Jungfräulichkeit zu verlieren. Wenn Fremde in diese Region kommen und ihre Zelte aufschlagen, um auszuruhen und eine Pause auf dem Weg einzule- gen, bringen die alten Frauen von den Burgen und Siedlungen ihre Töchter zu den Zeltplätzen hinun- ter und führen sie zu den Fremden, damit sie diesen beiwohnen, und diese nehmen sie auf und machen von ihnen Gebrauch, dürfen sie aber nicht mit sich nehmen. (Legendäre Reisen im Mittelalter, hg. v. Feliciano Novoa Portela, F. J.V. Ruiz de Toledo, 2008, S. 114) Im Jahr 1295 kehrten die Reisenden wieder nach Venedig zurück. Marco Polo war dort als Kaufmann tätig. Er starb 1324 und soll auf seinem Ster- bebett gesagt haben: „Ich habe nicht die Hälfte dessen erzählt, was ich gesehen habe.“ Auch wenn His- torikerinnen und Historiker heute einige Details seines Reiseberichtes anzweifeln, hat Marco Polo doch das Interesse und die Kenntnisse der Europäer an Asien intensiviert. Auch ihm ist es zu verdanken, dass sich ein reger Verkehr zwischen West und Ost entwickelte. Geogra- phen übernahmen für ihre Karten auch Angaben über Entfernungen von Marco Polo. Christoph Kolum- bus benutzte diese Angaben zur Errechnung der Entfernung einer Seereise nach Indien. Wir wissen heute aber, dass er diese zu optimis- tisch einschätzte. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse die wichtigsten Unterschiede zwischen modernen und mittelalterli- chen Reisen stichwortartig zusam- men. Erläutere dann, inwiefern das Reisen im Mittelalter ein Beitrag zur Herausbildung Europas und zum wirt- schaftlichen und kulturellen Aus- tausch zwischen Ost und West war. 2. Ermittle in deinem Bekanntenkreis, wer schon einmal eine Pilgerreise bzw. Wallfahrt gemacht hat. Führe ein Interview durch, in dem du auch nach Motiven und Erfahrungen fragst. 3. Erstelle eine Liste von Wallfahrtsorten in deiner Umgebung/deinem Bundes- land. Recherchiere, seit wann und warum diese Stätten verehrt werden.  Abreise Marco Polos aus Venedig. (Miniatur, 14. Jh., University of Oxford) Querschnitt: Reisen im Mittelalter 135 Nur zu Prüfz ecken – Eigentum des Verlags öbv

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