Zeitbilder 5, Schulbuch

Über die Reisekosten: L Ein „normaler“ Reisender mus- ste folgende Waren und Dienst- leistungen bezahlen: Essen und Trinken; Unterkunft für sich, gege- benenfalls für Diener und das Reit- tier; Kleidung (nicht zuletzt Schu- he); Almosen und Spenden; Trink- gelder; „Verehrungen“, die Wege und Türen öffneten (wer hier von „Bestechung“ spricht, wird den so- zialen und wirtschaftlichen Gege- benheiten der Zeit nicht gerecht) […] Geldwechsel; Körper- und Ge- sundheitspflege (Diät und Bad, Arzt und Apotheker); Brücken- und Wegezoll, Fähr- und Schiffsgelder; Paß- und Gesundheitsbescheini- gung (beide mussten gegebenen- falls unterwegs erneuert werden); Geleit. Mit einer Vergütung rech- neten auch Führer durch ein frem- des Land sowie Dolmetscher. Je nach Lebenszuschnitt kamen wei- tere Aufwendungen dazu, etwa für Fuhrdienste. (Ohler, Pilgerstab und Jakobsmuschel, 2003, S. 86) Liste auf, welche Kosten einem heu- tigen Reisenden im Vergleich zu einem mittelalterlichen Reisenden zusätzlich entstehen, und welche heute nicht mehr anfallen. Pilgern und Wallfahren Der spanische König Alfons X. schrieb im 13. Jahrhundert über die Pilgerinnen und Pilger: Q Gott zu dienen und die Heili- gen zu ehren, und aus dem Willen heraus, dies zu tun, entfer- nen sie sich aus ihren Orten, von ihren Frauen und aus ihren Häu- sern und von allem, was sie besit- zen, und sie gehen durch fremde Länder, ihre Körper quälend und all ihr Hab und Gut zurücklassend, auf der Suche nach den Heiligen. (Zit. n.: Legendäre Reisen im Mittelalter, hg, Feliciano Novoa Portela, F. J.V. Ruiz de Toledo, 2008, S. 159) Nenne die Motive der Pilgerinnen und Pilger, die in dieser Quelle ange- geben werden. Die häufigste Form des Reisens im Mittelalter war die Pilgerreise. Das Wort „Pilger“ lässt sich ableiten vom Lateinischen „peregrinus“, was so viel bedeutet wie „in die Fremde Reisender“. Heute werden die Be- griffe „Pilgerreise“ und „Wallfahrt“ (von „wallen“ = „von Ort zu Ort zie- hen“) gleichbedeutend verwendet. Im Mittelalter bezog man eine Pil- gerreise auf ein ferneres, eine Wall- fahrt auf ein näher gelegenes Ziel. Millionen gläubige Christen, Musli- me und Juden waren im Mittelalter als Pilgerinnen und Pilger unter- wegs. Sie suchten heilige Orte auf, um Gott damit zu danken, ihn um etwas zu bitten oder um etwas zu bereuen. Es gab aber auch Pilgerin- nen und Pilger, die keine religiösen Motive hatten: Sie machten sich auf eine Wallfahrt, weil sie nach besse- ren Lebensbedingungen suchten, auf Abwechslung von ihrem Alltag hofften oder vor Krankheiten wie der Pest flohen. Pilgerreise oder Wallfahrten sind keine Erfindungen der Christen. Schon in der Antike suchten Men- schen auf Fahrten oder Wanderun- gen heilige Stätten, Gräber oder auch lebende Personen auf. Auch die jüdische oder heidnische Volks- frömmigkeit kannte Formen des Pilgerns, welche die Christen über- nehmen konnten. Die frühen christ- lichen Pilgerinnen und Pilger such- ten das Heilige Land auf, vor allem Stätten, an denen Jesus gewirkt hatte: Jerusalem, Bethlehem und Nazareth. Meist reisten sie als Ein- zelpersonen, sie waren oft Priester und Bischöfe. Nachdem die Chris- tenverfolgung im Römischen Reich beendet war, begann die Zahl der Pilgerinnen und Pilger stark anzu- steigen. Während der Kreuzzüge standen die Gläubigen unter dem Schutz der Kreuzritter. Sie konnten daher relativ sicher ins Heilige Land reisen. Nachdem sich die Kreuzritter aber Ende des 13. Jahrhunderts zu- rückziehen mussten, gingen die Fernwallfahrten ins Heilige Land stark zurück. Dafür aber erlebten die europäischen Wallfahrtsorte ei- nen großen Aufschwung. Neben Rom und Santiago de Compostela (Spanien) gehörten auch die deut- schen Städte Aachen und Trier zu den bedeutendsten Pilgerzielen. Rechne mit Hilfe der Tabelle aus, wie lange ein Fußwanderer, wie lange ein normaler Reiter etwa gebraucht hätte, um von eurem Heimatort nach Rom zu gelangen. Vergleiche diese Reisezeiten mit denen, die aufgrund der modernen Fortbewegungsmittel heute entstehen. Reisegeschwindigkeiten im Mittelalter Reisender Stundengeschwin- digkeit in km Tagesleistung in km Fußwanderer 4–6 25–40 Läufer 10–12 50–65 Pferd im Galopp 20–25 „Durchschnittsreisende“, wenig eilig, mit Gefolge und Gepäck (z. B. Kaufleute) 30–40 Rüstige normale Reiter, die es eilig haben 50–60 Berittene Kuriere, mit Pferdewechsel 50–80 Pferdestafetten im Mongolenreich, 13. Jh. (nach Marco Polo) 375 Päpstliche Eilboten, 14. Jh., Ebene 100 Dieselben, im Gebirge 50 Eilboten in Frankreich und Spanien, 14. Jh. 150–200 Stafettenläufer im Inkareich 10 240 Flussschiffe, talwärts, auf Rhein oder Po 100–150 Galeere, nur von Ruder angetrieben 8 Segelschiff 5 120–200  Angaben nach: Ohler Reisen, im Mittelalter, 1986, S. 141 Querschnitt: Reisen im Mittelalter 129 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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