Zeitbilder 5, Schulbuch

Von der Jahrtausendwende bis zur Mitte des 14. Jh. hat- te sich die Bevölkerung Europas beinahe verdoppelt. Noch im 13. Jh. zählten die bedeutendsten politischen und wirtschaftlichen Zentren – wie Paris, London, Köln oder Prag – um die 30000 Einwohnerinnen und Einwoh- ner. Ein Jahrhundert später lebten in den damals größ- ten europäischen Städten annähernd 100000 Menschen. Mit dieser starken Bevölkerungszunahme erlebten Handwerk und (Fern-)Handel einen ungeheuren Auf- schwung. Geschätzte Bevölkerung (in Millionen) Jahr 500 1000 1340 1450 Balkan  5 5 6 4,5 Italien  4 5 10 7,5 Iberische Halbinsel  4 7 9 7 Frankreich, Niederlande  5 6 19 12 Britische Inseln  0,5 2 5 3 Deutschland, Skandinavien 3,5 4 11,5 7,5 Slawischer Raum (Russ­ land, Polen), Ungarn 5,5 9,5 13 9,5 Europa insgesamt 27,5 38,5 73,5 50  Nach: Russel, Die Bevölkerung Europas, 1978, S. 20. Auch auf dem Land war durch das Be- völkerungswachstum der Lebensraum zusehends enger geworden. Daher zo- gen viele Menschen aus der Heimat weg in bisher verlassene und unbe- wohnte Gegenden. Obwohl in der Landwirtschaft insge- samt mehr Nahrungsmittel produziert wurden, führten wetterbedingte schlechte Ernten immer wieder zu Hungersnöten. Denn bei der damali- gen Verkehrssituation waren (Getrei- de-)Importe gerade in entlegene Ge- biete kaum möglich. Nahrungsmittel- knappheit verursachte oft große Preis- steigerungen und sorgte für soziale und wirtschaftliche Spannungen. So kam das Bevölkerungswachstum be- reits zum Stillstand, ehe die Pest zwi- schen 1347 bis 1351 Millionen von Menschen hinwegraffte. Der Schwarze Tod zieht durch Europa Vom Schwarzmeergebiet schleppten Matrosen 1347 diese unheimliche Krankheit nach Italien ein. Am ganzen Kör- per von schwarzen Beulen befallen, mit angeschwollener Zunge und vom Fieber geschüttelt, landeten die schon vom Tod gezeichneten Seeleute in den Hafenstädten Messina und Genua was Angst und Schrecken auslöste. Der italienische Dichter Giovanni Boccaccio (1313–1375) verglich diese epidemische Krankheit mit einer Feu- ersbrunst – so stark und schnell breitete sie sich zuerst über Italien, dann über ganz Europa aus. In seinem be- rühmten Werk „Decamerone“ schildert er 1348: Q Sie hatte – entweder durch Einwirkung der Him- melskörper verursacht oder im gerechten Zorn Gottes über unsere bösen Taten zu unserer Züchti- gung über die Sterblichen verhängt – eine unendli- che Menge von Menschen getötet, sich ohne Aufent- halt von einem Ort zum anderen fortgepflanzt. (Giovanni Boccaccio, Decamerone; in: Borst, Lebensformen imMittelal­ ter, 1979, S. 113) Die Angst vor einer Infektion wuchs ständig. Selbst für angesehene Bürger gab es keine feierlichen Begräbnis- se mehr, sondern „Pestknechte“ besorgten gegen Be- zahlung eine möglichst schnelle Beerdigung. Besonders arg wütete die Krankheit unter den Menschen aus der städtischen Unterschicht. 20. Gesellschaft und Wirtschaft im Spätmittelalter 20.1 Europas Bevölkerung verdoppelt sich 80.000 und mehr Einwohner 50.000 und mehr Einwohner 25 - 50.000 Einwohner 20 - 25.000 Einwohner Barcelona Toledo Bordeaux Toulouse Genua Pisa Rom Neapel Palermo Venedig Florenz Konstantinopel Smolensk Bologna Mailand Zürich Lyon Basel Straßburg Paris Brügge Mainz Worms Köln Hamburg Frankfurt Prag Nürnberg Augsburg Salzburg Wien Danzig London Lübeck Gent Sevilla Córdoba T a j o L o i r e R h e i n E l b e D o n a u Atlantischer Ozean Nordsee O s t s e e M i t t e l m e e r D n j e p r  Die größten Städte Europas im 14. Jh. Arbeite mögliche Zusammenhänge zwischen der Größe der Städte (im 14. Jh.) und deren geographischer Lage (Küste, Handelswege …) heraus. Diskutiert die Ergebnisse in der Klasse. Werte die Daten aus der Tabelle aus und erstelle Diagramme für die einzel- nen Länder bzw. geographischen Räu- me. Interpretiere diese und fasse für dich wichtige Daten in Bezug zum Text zusammen. 122 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=