Zeitbilder 7/8, Arbeitsheft

7 Kindheit und Jugend im Wandel 7.5 Kinderprostitution | Mitte 20. Jh. – Gegenwart Kinder- und Jugendprostitution ist kein Phänomen, das erst in der zweiten Hälfte des 20. Jh. entstanden ist. Auch in den Jahrhunderten zuvor haben gewissenlose Erwachsene die materielle Not oder Abhängigkeit von wehrlosen Kindern und Jugendlichen ausgenützt. Vielfach standen und stehen solche Delikte im Zusammenhang mit Armut, Drogensucht, Migrationsbewegungen und Versprechen oder Hoffnung auf ein besseres Leben. Tourismus als Aus- löser kam allerdings erst in der zweiten Hälfte des 20. Jh. dazu. Tausende Kilometer von der Heimat entfernt glaub(t) en manche, sich Wünsche erfüllen zu können, die in der Heimat streng bestraft würden. Aus diesem Grund werden heute im Ausland begangene Straftaten nach dem Recht des Herkunftslandes der Täterin oder des Täters geahndet. Der Tatbestand der Zwangsprostitution steht oft in engem Zusammenhang mit Menschenhandel: In der Hoffnung auf Arbeit und ein besseres Leben für ihre Kinder in West- und Mitteleuropa vertrauen mittellose Eltern ihre Töchter Schleppern an, die versprochene Arbeit als Haushaltshilfe kommt aber nie zustande. Doch es ist nicht immer mate- rielle Not, die dazu führt, dass Täterinnen und Täter Zugang zu Kindern und Jugendlichen erhalten. Unwissenheit und mangelnder Schutz durch Erwachsene sind eine ebenso große Gefahr. Kinder und Jugendliche, die alleine im Internet unterwegs sind– ohne die Möglichkeit mit einem vertrauten Erwachsenen reden zu können– geraten leicht und oft in die Sexting-Falle oder in einschlägigen Chats an Pädophile, die ihre Unerfahrenheit ausnützen. M1 Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention betref- fend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie, 2000: Artikel 3 (1) Jeder Vertragsstaat stellt sicher, dass mindestens die folgenden Handlungen und Tätigkeiten in vollem Umfang von seinem Strafrecht erfasst wer- den, gleichviel ob diese Straftaten im Inland oder grenzüberschreitend von einem Einzelnen oder auf organisierte Weise begangen werden: a. in Bezug auf den Verkauf von Kindern (…): 1. das Anbieten, Übergeben oder Annehmen ei- nes Kindes, gleichviel durch welches Mittel, zum Zwecke a. der sexuellen Ausbeutung des Kindes; (…) b. das Anbieten, Beschaffen, Vermitteln oder Be- reitstellen eines Kindes zur Kinderprostitution (…); c. das Herstellen, Vertreiben, Verbreiten, Einfüh- ren, Ausführen, Anbieten, Verkaufen oder Besitzen von Kinderpornographie (…) zu den genannten Zwecken. (2) Vorbehaltlich der innerstaatlichen Rechtsvor- schriften eines Vertragsstaats gilt dies auch für den Versuch, eine dieser Handlungen zu begehen, sowie für die Mittäterschaft oder Teilnahme an einer die- ser Handlungen. (3) Jeder Vertragsstaat bedroht diese Straftaten mit angemessenen Strafen, die der Schwere der Taten Rechnung tragen. (…) (2. Fakultativprotokoll zur Kinderrechtskonvention, 2000; online auf: http://www.kinderrechtskonvention.info/1-fakultativprotokoll-zur-kin- derrechtskonvention-3180/; 10.3.2017) M2 Für die erste Kampagne der „Aktion Schutzengel“ des Internationalen Katholischen Missionswerkes ließen sich Menschen als „Schutzengel“ fotografieren und Sponsoren spendeten für jedes Bild einen Euro für Hilfsprogramme gegen Sextourismus und Kinderprosti- tution. Über 230 000 Euro wurden so gesammelt. https://www.missio-hilft.de/de/aktion/schutzengel/ sextourismus/ Zeitbilder 7/8 S. 46, 47 ** Friedrich Stark/ dpa Picture Alliance M3 roterkeil.net ist ein Netzwerk gegen Kinderprostitution, das 1999 vom damaligen Kaplan und heutigen stellv. Generalvikar Dr. Jochen Reidegeld gegründet wurde. Es finanziert ausgewählt Hilfsprojekte für Kinder. „Statistiken können nicht erfassen, was unsere Mäd- chen und Jungen erlitten haben“, sagt Kaplan Jochen Reidegeld, Initiator des Netzwerks roterkeil.net . „Erst als ich einem Jungen direkt gegenüber saß und er mir von seinem Leidensweg erzählte, habe ich in der Tiefe begriffen, was für ein schreckliches Verbrechen Kin- derprostitution darstellt. Nie werde ich jene Angst, Wut und Verletztheit vergessen, die aus den Worten, den Augen und dem ganzen Körper dieses Kindes sprach.“ Das unsagbare Leid der Kinder, die von abar- tigen Kindersextouristen gequält werden, lähmt erst einmal jeden, der mit diesem Verbrechen konfrontiert wird. Aber roterkeil.net belässt es dabei nicht. Auf allen Ebenen versucht der Verein, Kinder zu schützen und Täter abzuschrecken. „Wir kriegen Dich“ heißt etwa ein Plakatslogan – und das ist keine leere Drohung. So hat roterkeil.net versteckte Kameras finanziert, mit denen Kinderschützer in Sri Lanka Tätern auf die Spur kommen wollen. Seit die Männer und Frauen von der National Child Protection Authority diese Geräte einsetzen, haben sich die Verhaftungszahlen 56 Nur zu Prüfzwecken – Eige ntum des Verlags öbv

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