Zeitbilder 7/8, Arbeitsheft

7 Kindheit und Jugend im Wandel 7.3 Kindersoldatinnen und Kindersoldaten | Gegenwart Gegenwärtig werden in vielen Gebieten der Erde Kinder als Soldatinnen und Soldaten in Kriegen und bewaffne- ten Konflikten missbraucht. Die Organisation „terre des hommes“, welche Kindernot und -elend bekämpft, schätzt unter Berufung auf Berichte der Vereinten Nationen, dass weltweit etwa bis zu 250 000 Kinder und Jugendliche rekrutiert werden, die meisten davon in Afrika und Asien. Sowohl reguläre Armeen als auch Rebellengruppen benützen Kinder als Soldatinnen und Soldaten. Die Rekrutierung erfolgt meist unter Zwang oder falschen Verspre- chungen und gegen geringen Sold. Das Mindestalter für den freiwilligen Eintritt in die reguläre Armee ist von Staat zu Staat verschieden geregelt. Kindersoldaten gibt es nicht erst in der Gegenwart. Kinder und Jugendliche kämpften nachweisbar in den Napo- leonischen Kriegen 1 oder im Amerikanischen Sezessionskrieg 2 . Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurden z. B. im Dritten Reich Jugendliche als Luftwaffenhelfer eingesetzt und die „Hitlerjugend“ kämpfte im „Volkssturm“. M1 UN-Kinderrechtskonvention 1989, Art. 38/2: Die Vertragsstaaten treffen alle durchführbaren Maß- nahmen, um sicherzustellen, dass Personen, die das fünfzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. (Übereinkommen über die Rechte des Kindes; online auf: http:// www.kinderrechtskonvention.info/uebereinkommen-ueber-die-rechte- des-kindes-370/; 10.3.2017) M2 Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention betref- fend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Kon- flikten, 2000: Artikel 1: Die Vertragsstaaten treffen alle durchführ- baren Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Ange- hörige ihrer Streitkräfte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht unmittelbar an Feindse- ligkeiten teilnehmen. (…) Artikel 4 (1): Bewaffnete Gruppen, die sich von den Streitkräften eines Staates unterscheiden, sollen un- ter keinen Umständen Personen unter 18 Jahren ein- ziehen oder in Feindseligkeiten einsetzen. (1. Fakultativprotokoll zur Kinderrechtskonvention, 2000; online auf: http://www.kinderrechtskonvention.info/2-fakultativprotokoll-zur-kin- derrechtskonvention-3216/; 10.3.2017) M3 Definition von Kindersoldatinnen und Kindersoldaten nach den Pariser Prinzipien der UNICEF, 2007: 2.1: Kindersoldaten sind alle Personen unter 18 Jah- ren, die von Streitkräften oder bewaffneten Gruppen rekrutiert oder benutzt werden oder worden sind, einschließlich – aber nicht nur – Kinder, Buben und Mädchen, die als Kämpfer, Köche, Träger, Nachrich- tenübermittler, Spione oder zu sexuellen Zwecken benutzt wurden. Sie müssen nicht selbst Feindselig- keiten verübt oder direkt an Feindseligkeiten teilge- nommen haben. (The Paris Principles, February 2007; online auf: http://www.unicef. org/emerg/files/ParisPrinciples310107English.pdf, S. 7; Übers. d. A.) M4 Opfer und „Täter“ und wieder Opfer: Ehemaliger Kindersoldat aus der Demokratischen Republik Kongo (Name nicht genannt): „Als sie ins Dorf kamen, fragten sie meinen älteren Bruder, ob er bereit sei, der Rebellengruppe beizutreten. Er war erst siebzehn Jahre alt und sagte nein. Daraufhin schossen sie ihm in den Kopf, und fragten mich, ob ich bereit sei. Was hätte ich machen sollen – ich woll- te nicht sterben.“ (…) Samuel (Name geändert) stammt ebenfalls aus der Demokratischen Republik Kongo. Mit elf Jahren schloss er sich einer bewaffneten Gruppierung an. Er kämpfte im Nordosten des Landes an der Front. Vor den Kämpfen rauchten die Soldaten oftmals Drogen. Samuel erzählte den AI 3 -VertreterInnen, dass er ohne Zögern tötet. „Wenn dir der Feind gegenüber- steht, dann, glaub ich, musst du töten.” Wenn er ei- nen Gegner getötet hat, stößt er einen Siegesschrei aus, durchsucht die Leiche und nimmt Geld und Waf- fen an sich. Nach seiner Verwundung wurde er aus der Rebellengruppe entlassen und in ein Umerzie- hungslager geschickt. (Egli, Sanela: Kindersoldaten– geboren um zu töten. Breitenscheid 2013, S. 65 u. 62.) M5 Maßnahmen zur Wiedereingliederung von Kindersolda- tinnen und Kindersoldaten in so genannten DDR-Pro- grammen 4 benachteiligen die Gruppe der Kindersolda- tinnen: Schätzungen zufolge haben in Liberia (Bürgerkrieg von 1989–2003) circa 20 000 Kinder in den Rebellen- bewegungen gekämpft. Nach dem Krieg kamen vie- le der ehemaligen Kindersoldat(inn)en in die Haupt- stadt Monrovia. Die Rückkehr in die Heimatdörfer kam oftmals nicht in Frage, da es diese entweder nicht mehr gab, die Familienangehörigen getötet wurden oder geflohen sind. In Monrovia gab es DDR- Programme für ehemalige Kindersoldat(inn)en. Aus Furcht vor Stigmatisierung lassen sich Betroffene häufig nicht für die Programme registrieren. Dies gilt insbesondere für die Gruppe der Mädchen und jun- gen Frauen, die als Soldatinnen kämpften. (Voß, Christin: Kindersoldat(inn)en. Ein Phänomen der Gegenwart und Zukunft? Mönchengladbach 2011, S. 13 f.; Kürz. d. A.) 1234 1 Napoleonische Kriege: 1799–1815. 2 Auch Amerikanischer Bürgerkrieg: 1861–1865 (Sezession: Abspal- tung, Abtrennung; Verselbstständigung) 3 AI = Amnesty International 4 Disarmament-, Demobilisation- und Reintegration-Programmes 52 Nur zu Prüfzwecken – Eigen um des Verlags öbv

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