Zeitbilder 7/8, Arbeitsheft

6 Friedenssicherung und Menschenrechte 6.3 Militärbündnisse | Gegenwart Das Militärbündnis der NATO wurde nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Herrschaften in Europa mit dem Zerfall der Sowjetunion (1991) mehrfach erweitert. Ihr traten Länder bei, die während des „Kalten Krieges“ im Einflussbereich der Sowjetunion gelegen waren und die auch deren Militärbündnis, dem „Warschauer Pakt“, angehört hatten (Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien). Im Jahr 2004 wurden aber auch Länder in die NATO aufgenommen, die ehemalige Republiken der Sowjetunion gewesen waren (die Staaten des Baltikums Estland, Lettland, Litauen). Estland und Lettland verfügen über eine gemeinsame Grenze mit Russland (vgl. Zeitbilder 8, S. 84 bzw. Zeitbilder 7/8, S. 210). Die NATO hat in diesen Ländern Truppen stationiert und betei- ligt sich auch an Manövern, wie z. B. Anfang Mai 2015 in Estland. Der russische Staatspräsident Wladimir Putin sieht in einer solchen bis an die Grenzen Russlands vordringenden militärischen Bündnispolitik eine Bedrohung seines Landes. Die Regierungen der baltischen Staaten und Polens hingegen verweisen darauf, dass ihre NATO- Mitgliedschaft mehr Sicherheit gegenüber Russland bedeutet. Russland hat seine Militärausgaben deutlich erhöht, rüstet auf, entwickelt neue Waffentechnologien und baut u. a. seinen Stützpunkt Kaliningrad an der Ostsee aus. Im Jahr 2014 wurde die in der Ukraine gelegene Halbinsel Krim Russland annektiert. Österreich hat im Jahr 1955 seine „immerwährende Neutralität“ beschlossen und ist keinem der militärischen Bündnisse beigetreten. M1 In der englischen Wochenzeitschrift „The Economist“ steht am Beginn eines Artikels mit dem Titel „An unea- sy Friendship“ über Russland und China zu lesen: The celebrations in Moscow on May 9th (2015) to commemorate the capitulation of Nazi Germany 70 years ago will speak volumes about today´s geopoli- tics. While western leaders are staying away in pro- test against Russia´s aggression in Ukraine, (…) Chi- na´s president Xi Jinping, will be the guest of honour of his friend, Vladimir Putin. Western sanctions over Ukraine, and what looks set to be a long-term chilling of relations with America and Europe, has given Rus- sia no option other than to embrace China as tightly as it can. Next week, in a further symbol of the growing strate- gic partnership between the two countries, three or four Chinese and six Russian naval vessels will meet up to conduct live-fire drills in the eastern Meditera- nean. The exercise (…) aims to send a clear message to America and its allies. For Russia, the manoeuvres signal that it has a powerful friend and a military rela- tionsship with a growing geographic reach. For China even a small-scale exercise of this kind (…) speaks of meaning global ambition in line with Mr. Xi´s slogan about a „Chinese dream“, which he says includes a „dream of a strong armed-forces“. (….) Relations bet- ween China and Russia have been growing closer sin- ce the end of the cold war. Both, for different reasons, resent America´s „hegemony“ and share a desire for a more multipolar world order. (…) The two countries settled all of their long-standing border disputes in 2008. (…) Russia saw the deal as a way for it to con- centrate more of its military forces in the west as a deterrent against the further expansion of NATO. (O.V.: Russia and China. An uneasy Friendship. In: The Economist vom 9. Mai 2015, S. 50) M2 In einem Kommentar zum gemeinsamen Seemanöver von Russland mit China Anfang Mai 2015 heißt es un- ter dem Titel „Putins Allianz“ in der „Frankfurter Allge- meinen Zeitung“: Russland und China veranstalten nun also ein ge- meinsames Seemanöver und bauen die Rüstungszu- sammenarbeit weiter aus. In anderen Zeiten hätte man das vielleicht noch als normale Sicher- heitskooperation werten können. Nach der Ukrai- ne-Krise sieht das aber doch etwas anders aus. Hier wird an einer neuen Allianz gebaut. Gegen wen sie sich richtet, lässt sich unschwer am Ort des Gesche- hens ablesen. Das Manöver findet im Mittelmeer statt, Europas Mare nostrum. Es liegt weit, im Fall von China sogar sehr weit von den Küsten der beiden Protagonisten entfernt. Putin gelingt es immer bes- ser, China zum Bündnispartner für seine anti-euro- päische und anti-westliche Politik zu machen. Das dürfte eine Folge davon sein, dass Peking sich in Asi- en unter amerikanischem Druck sieht und deshalb froh ist um einen Alliierten, der den offenen Kampf mit dem Westen nicht scheut. Für die Europäer bleibt nur eines: sie sollten ihre Beziehungen zu Peking dringend verbessern. Schon lange geht es dabei um mehr als um Handel. (O.V.: Putins Allianz. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. Mai 2015, S. 10) M3 Die Wochenzeitschrift „Newsweek“ führte ein Interview mit dem früheren NATO-Generalsekretär, Anders Fogh Rasmussen, in dem dieser meinte: An increasingly unpredictable Russia is engaging in a „hybrid war“ with Europe, seeking to destabilise states from within, and is more dangerous now than during the days of the USSR [= UdSSR; Anm.d.A.], Nato´s former secretary general Anders Fogh Ras- mussen has warned. (…) „Russia has adopted this approach and it is a mix of very well-known conven- tional warfare and new, more sophisticated propag- anda and disinformation campaigns including Rus- sian efforts to influence public opinion through finan- cial links with political parties within NATO and en- gagement in NGO´s.” (…) According to Rasmussen Russia has also bared its teeth in more conventional ways, as frequent reminders of the country´s nuclear arsenal have alarmed the West in ways which even the USSR was reluctant to do so. (Sharkov, Damien: Russia Engaging in ‚Hybrid War‘ With Europe, Says Former Nato Chief. In: Newsweek vom 24. April 2015, S. 22) 46 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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