Spielpläne Oberstufe, Maturatraining mit Audio-CD

Gehirn In vielen Teilen des Gehirns findet der Verarbeitungsprozess von Musik statt. Hirnstamm: erhält die Klanginformation über den Hörnerv. Limbisches System: Musik stimuliert diesen Bereich, der auch für das Emp- finden anderer Emotionen verantwortlich ist. Ebenso werden hier körperli- che Reaktionen ausgelöst, wie z.B. Weinen. Primäre Hörrinde: befindet sich im Großhirn und ist die Schaltzentrale des Verarbeitungsprozesses. Sekundäre Hörareale: befinden sich in der linken Hirnhälfte, in der rechten werden Klangfarben und Tonhöhen verarbeitet. Areale für Planung und Verstehen von Musik. Weitere Bereiche für die kulturelle Eigenart und den Musikgeschmack. 23.3 Aufgrund der Einförmigkeit und mangels Strukturierung ist das Zeitempfin- den beim Hören besonders schwer zu fassen. Präsenzzeit ist ein Zeitraum von ca. 4 Sekunden rund um den jeweils tatsächlichen Zeitpunkt herum. Er- innern vergleicht mit Vergangenem, Erwartungshaltung bereitet auf Zu- künftiges vor. 215 Erinnern Erwarten Präsenzzeit Vergangenheit Zukunft 07 musikalisches verhalten und lernen basis 23.4 Notenbeispiel 2: Das Motiv tritt klar abgegrenzt hervor und wird mit seinen Wiederholungen erfasst, die Abfolge ist ab Takt 3 mit doppeltem Tempo wahrzunehmen. Ab Takt 5 kommt eine Variante des Motivs (Verlängerung) mit dreifacher Wiederholung. Die Verzierungen (Vorschläge) erhöhen die Aufmerksamkeit. Die durchgängige Begleitung strukturiert nicht, sie wird als ein einziges rhythmisches Band wahrgenommen. Notenbeispiel 3: Die Oktavierung verstärkt die Wirkung ganz außerordent- lich, sie ist eine der stärksten Konsonanzen. Alles strebt auf den Spitzenton c hin (Takt 25 und 26, Takt 29 und 30). Die einfache Struktur des Themas er- leichtert die Erfassbarkeit. Der stampfende Charakter generiert physiologi- sche Reaktionen (mit Hand oder Fuß mittippen). 24 VOM THEMA ZUR „IDÉE FIXE“ – PROGRAMMMUSIK UND KLANGENTFALTUNG BEI BERLIOZ 24.1 Die Werke sind abendfüllend und monumental. Das Orchester wird von Ber- lioz in einer bis dahin nicht gekannten Größe und Besetzung gefordert. Mit dem Einbau von Chören in die Instrumentalwerke und die Positionie- rung von Instrumenten außerhalb des Konzertpodiums versucht er, ein inst- rumentales Musiktheater zu präsentieren. Seinen Werken unterlegt er ein außermusikalisches Programm, das den Ver- lauf bestimmt und das Publikum zu dem von Berlioz gewünschten Ver- ständnis bringen soll. Er bringt die „Idée fixe“ als Vorläufer der Leitmotiv-Technik in die Instrumen- talmusik ein. Mit seinen Vorgaben postuliert Berlioz die Instrumentation bzw. die Klang- farbe als einen gleichberechtigten kompositorischen Teil. Berlioz löst mit seinen Neuerungen heftige Kontroversen und musikästheti- sche Diskussionen aus. Die von Berlioz 1844 erschienene Instrumentationslehre ist bis heute Stan- dardliteratur für Dirigentinnen und Dirigenten bzw. Komponistinnen und Komponisten. 24.2 Die Holzbläser sowie die Hörner sind in der Klassik in einer maximalen Be- setzung mit je 2 Instrumenten vertreten. Berlioz verlangt bei Flöten, Oboen und Klarinetten jeweils ein weiteres wechselndes Instrument. Die Fagotte und Hörner sind statt mit 2 (in der Klassik) mit 4 Musikerinnen oder Musi- kern besetzt. Die Blechbläser erfahren eine ganz besondere Erweiterung. Neben den 2 Trompeten, die auch in der Klassik verwendet werden, werden weitere 7 Musikerinnen oder Musiker für Kornette, Posaunen und Ophikleiden bzw. Tuben aufgeboten. Auch die Schlagwerk-Gruppe, in der Klassik maximal mit 2 Pauken besetzt, erfährt eine entsprechende Erweiterung: 4 Pauken plus Becken, große und kleine Trommel sowie 2 Glockenspiele. Als besondere Klangbereicherung (neben den Ophikleiden bei den Blech- bläsern) werden auch 2 Harfen verlangt. Die Streicher sind auf 60 Musikerinnen und Musiker erweitert. Dies erlaubt mehrfach geteilte Streicherstimmen, wie z.B. in Notenbeispiel 3 ersichtlich. 24.3 Der 2. Satz ist mit „Un bal“ („Ein Ball“) überschrieben. Laut Programm er- scheint dem Künstler mitten im Tumult eines Festes das „geliebte Bild“, das ihn in Unruhe versetzt. Über den Tremoli der Geigen und Bratschen und ei- nem akzentuierten rhythmischen Motiv in Violoncelli und Bässen erklingt in den Flöten und Oboen die „Idée fixe“. Im weiteren Verlauf werden die Strei- cherfiguren noch unruhiger, ein Tanztempo lässt der 3/8-Takt nur ganz im Hintergrund erahnen. Der Ausschnitt des 3. Satzes, „Scène aux champs“ („Szene auf dem Lande“), zeigt jenen Moment der eintretenden Furcht und dunklen Vorahnungen, dem der Künstler ausgesetzt ist, wenn inmitten der ländlichen Idylle das Bild der Geliebten wieder vor seinem inneren Auge erscheint und den Kon- flikt wieder aufleben lässt. Im 5. Satz ist der Protagonist in einen Hexensabbat geraten, voll von ab- scheulichen Geistern, Hexen und Ungeheuern. Wie in einer irren Trance er- lebt er dieses Höllenspektakel. Entsprechend gestaltet Berlioz diesen Teil des Werkes. Unter Aufbietung des gesamten Orchesters im Fortissimo und schnellstem Tempo („Allegro assai“) sowie in den höchsten Lagen bei Holz- bläsern und Streichern wird mit überlagerten verschiedenen Rhythmen ein Drogenerlebnis, eine Halluzination auskomponiert. Die „Idée fixe“ findet sich im Ausschnitt des 2. Satzes in Flöten und Oboen ab Takt 120 mit den charakteristischen Intervallsprüngen in Takt 122, gefolgt von einer zuerst kurz auf-, dann absteigenden Bewegung. Im Ausschnitt des 3. Satzes ist die „Idée fixe“ in verkürzten Notenwerten dargestellt, ebenfalls in Flöten und Oboen, aber mit rhythmisch veränderten Wiederholungen in den Fagotti, Violoncelli und Kontrabässen und weiteren Variationen und Umformungen. 24.4 Heinrich Heine beschreibt seinen Eindruck einer Aufführung mit Worten wie „bizarr“ und „Blitz der Ironie“. Den „Hexensabbat“ (5. Satz) mit seinen Ab- gründen lobt er wegen der Parodie auf die katholische Kirchenmusik, er be- schreibt ihn als „Farce“. Heine, selbst ein Meister des Zynismus und der Ab- gründigkeiten, kann mit diesem Werk etwas anfangen, ohne es musikalisch genauer zu beurteilen. Felix Mendelssohn Bartholdy beschreibt das Programm der Sinfonie sehr detailliert, kommt aber zum Schluss, dass er das Werk als „eklig“ empfindet. Auch an der erweiterten Orchesterbesetzung lässt er kein gutes Haar und die Ausführung (des Werkes) wird als „noch viel elender“ bezeichnet. Somit ein vernichtendes Urteil eines der renommiertesten Komponisten in dieser Zeit. An den beiden Kritiken ist sehr gut zu erkennen, wer dem „Neuen“ aufge- schlossen ist (Heine) und wer eine festgefügte, strenge Meinung zum musi- kalischen Gestaltungshorizont hat (Mendelssohn Bartholdy). Beispiel für weiterführende Gedanken: Die revolutionären Ideen sind immer von Sympathisanten befürwortet und von konservativen Kreisen abgelehnt oder verdammt worden. In diesem Zusammenhang sind diese Kritiken auch ein Spiegelbild zur Dichotomie „Revolutionär – Reaktionär“. | 93 Lösungsansätze Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V lags öbv

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