Spielpläne Oberstufe, Maturatraining mit Audio-CD

a 1 Tab. 1 Thema 1. 2. 3. a 2 Textbeispiel 1 „Die Invasion“ [der Deutschen], so betitelt Schostakowitsch jenen Abschnitt, der von pene- trantem Trommelwirbel [= Trommelfeuer] untermalt, mit dem Eintritt des dritten Themas oder besser: der dritten Themenversion beginnt, die anschließend in elf Variationen „durchgeführt“ wird. Da nun in der Sinfonik – und hier beginnt das historische Missverständnis des Werkes – positive und negative Gestalten miteinander zu ringen haben und ein Thema immer „Etwas“ verkörpern muss, wurde diese dritte Themenversion [im Marschrhythmus] zu einer Darstel- lung der „Fratze des Faschismus“ erklärt, und eifrige Autoren haben sich immer wieder nach- zuweisen bemüht, wie satirisch und grotesk Schostakowitsch dessen Bild gezeichnet habe, wie typisch er die „Charakterzüge, die gefühlshaften Eigentümlichkeiten und die Weltanschauung des aufmarschierenden Faschistenheeres“ gestaltete. Schostakowitsch hat in seinem Leben viel karikierende und groteske Musik geschrieben, aber ausgerechnet hier kann man bezweifeln, dass er darauf aus war. Der Einwand liegt nahe: das Faszinierende dieses Satzes liege eben in der elfmaligen Wiederho- lung dieser Themenversion in immer neuen Facetten der Instrumentation, der Tonhöhe, der Kontrastierung mit Gegenstimmen. Diese ständige, variierte Wiederholung gibt dem Satz den Charakter einer Litanei, einer Beschwörung. Jede Erklärung wäre glaubhaft, die besagen würde, dass Schostakowitsch mit dieser Variationskette seinen kämpfenden Landsleuten ein Denkmal setzen wollte: ihrer Beharrlichkeit und kombinierenden Fantasie, dank derer Hitler in ihnen schließlich seinen Meister fand. Vermutlich ist der Sinn der Sinfonie so zu verstehen. Detlef Gojowy, Musikwissenschaftler, 1983 | 55 Musik im Dienst politischer Ideen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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