Vielfach Deutsch 4, Sommertraining, Arbeitsheft

Inhaltsangaben 11 Lies die Kurzgeschichte. 2 Thomas Bickel Das unheimliche Ereignis Natürlich wollte ich mich von meinen Freunden nicht abbringen lassen, auf den Berg zu steigen, jetzt, da ich wieder im Land war und sich endlich die wohlver- diente Möglichkeit bot. Zudem war das Wetter strahlend schön, kaum ein Wölkchen trübte den Blick auf den Gipfel, den ich unbedingt vor Einbruch der Dunkelheit noch erreichen wollte. Konditionell war ich in guter Form, auf die Idee, einen Bekannten mitzunehmen, kam ich erst gar nicht, da ich voller Selbstvertrauen war, das Abenteuer anzugehen oder – wie man so schön sagt – den Stier bei den Hörnern zu packen. Die ersten paar Höhenmeter vergingen wie im Flug. Jedoch kamen mir bald einige Bergsteiger entgegen, die vor einem möglichen Gewitter warnten: „Schaut nicht gut aus Richtung Walchkirch. Da braut sich etwas zusammen!“ Das konnte ja gar nicht sein! Ich blickte in den Himmel, und was soll ich sagen, kein Anzeichen von einem drohenden Unheil! Eine Stunde später sollten aber die Wanderer, die ich anfangs getroffen hatte, Recht behalten! Wie aus dem Nichts brauten sich die ersten schweren Wolken zusammen, der Wind zog auf, die Temperatur sank empfindlich. Ein Wegweiser deutete mir schließlich den Weg zu einer Hütte in der Nähe. Nichts wie hin! Wenige Minuten später war ich am Ziel. Im Freien schien sich niemand mehr aufzuhalten, nur der Wind sauste laut um die Hütte. Plötzlich schlug die Tür auf. Auch hier kein Leben. Wo war der Wirt geblieben? Kein Mensch weit und breit. Mich fröstelte inzwischen, der offene Kamin glomm gerade noch, die ersten Regen- tropfen klatschten an die Fenster. Auf der Suche nach etwas Warmem fand ich in der Küche heißes Wasser auf einer Kochstelle vor. Ich nahm den Becher, der danebenstand, und bereitete mir in der gespenstischen Atmosphäre einen Tee zu. Später, wenn der Wirt wieder auftauchte, würde ich ihm den Tee natürlich bezahlen. Wo war er nur? Irgend- etwas war seltsam hier. Das Wasser noch heiß, der Trinkbecher hergerichtet … Plötzlich, ich noch ganz in meine Gedanken ver- sunken, nahm ich etwas wahr. Ich blickte um mich und sah ein riesiges Tier auf mich zukommen: groß und kräftig wie ein Wolf, fromm aber – wie sich noch herausstellen sollte – wie ein Lamm! Die ausgewachsene Bulldogge stellte sich vor mich und bellte mich genau einmal gutmütig an, Knurren oder gar Zähne- fletschen blieben aus. Wollte mir der Hund etwas sagen? Sein Blick ließ nicht von mir ab. Woher kam er? Das Verhalten des Tieres riss mich aus meinen Gedanken. Ich fuhr herum, als ich mir einbildete, etwas Unbekanntes, etwas Bedroh- liches aus dem Gesicht des Tieres herauslesen zu können. Ich kniff die Augen zusammen, da vernahm ich einen undeutlichen, beinahe unwirklichen Schatten vor dem Haus. Ich rief ins Freie hinaus, dieser Jemand möge doch hereinkommen! Nichts passierte, keine Antwort war zu hören. Ich riss die Türe auf, um den Fremden hereinzuholen, statt- dessen lag ein Mann mit ausgebreiteten Armen und angstverzerrten Augen hinter der Tür. Mein Puls jagte wie verrückt, ich vermeinte die Kontrolle über mich zu verlieren! Der Hund hinter mir jaulte und beugte sich über das entsetzliche Gesicht. „Komm, komm mit, wir holen im Tal Hilfe!“ Widerwillig ließ sich das riesige Tier wegreißen. Sturm und Regen machten mich hellwach, die Dämmerung setzte ein. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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