Treffpunkt Deutsch 3, Leseheft

Umgang mit Texten Sie haben darüber gesprochen, immer und immer wieder. Die Eltern wissen nicht, was sie Suriaki raten sollen. Sie wollen sie nicht verlie- ren. Aber wenn ihre Augen nur im Ausland geheilt werden können? Suwano ist der Einzi- ge, der Suriaki rät, nicht länger zu zögern. „Geh mit und lass dich gesund machen. Mit den beiden hast du tatsächlich einen Glücks- vogel erwischt. Wer sonst würde so viel Geld bezahlen, nur damit du wieder sehen kannst?“ „Sie wollen das Geld nicht nur bezahlen, da- mit Suriaki wieder gesund wird“, widerspricht die Mutter. „Sie wollen sie kaufen. Weil sie sel- ber keine Kinder haben, soll eines unserer Kinder ihr Kind werden.“ „Na und?“, wendet der Vater ein. „Was ist daran schlecht? Wollen sie denn ein gesundes Kind, ein kleines Kind? So ein Zuckerpüppchen wie Yamina vielleicht? Nein, sie wollen ein krankes Kind.“ Die Mutter lacht böse. „Ein gesundes Kind würden sie auch nicht bekommen.“ „Natürlich würden sie auch ein gesundes Kind bekommen“, entgeg- net der Vater heftig. „Es gibt genügend Leute, die froh sind, wenn sie einen Schnabel weniger zu stopfen haben. Diese beiden Deutschen sind nicht schlecht, das spüre ich. Dass sie auch an sich denken, darf ihnen niemand ver- übeln. Wir denken alle zuerst an uns.“ […] „Schokolade! Kaugummi! Bonbons!“ Suriaki geht nicht mehr zum Hotel. Sie will die Frau und den Mann nicht wieder treffen. Lieber zieht sie durch die Straßen und ruft ihre Ware aus. Obwohl ihr hier natürlich niemand etwas schenkt und sie auch nichts verkauft. Doch was sollte sie sonst tun? Vor der Hütte herumsitzen, das neugierige Getue der Geschwister und die besorgte Rücksicht- nahme der Eltern ertragen? Nein, das wäre das Schlimmste. Heute ist ja schon Mittwoch, bis morgen früh muss sie sich entschieden haben. Ab Freitag kann sie dann wieder vor dem Hotel sitzen. […] Suwano kommt angelaufen. Er ist außer Atem, hat sie schon überall gesucht. Doch es gibt nichts, was er ihr mitteilen möchte; er will nur bei ihr sein. Suwano, der sich immer so hart gegeben hat, ist auf einmal ganz anders ge- worden. Der Gedanke, dass sie vielleicht fortge- hen wird, beschäftigt ihn sehr. Aber er hat seine Meinung nicht geändert. „Du musst mit“, sagt er auch jetzt wieder […]. „Deine Augen sind das Wichtigste. […] Du musst mitgehen“, redet Suwano weiter auf sie ein. „Vielleicht lernst du dort ja wirklich einen Beruf, dann kannst du uns später alle ernähren.“ Suriaki muss die Trä- nen niederkämpfen. Suwano soll endlich damit aufhören. Sie will nicht fort von ihm, von den Eltern und den Geschwistern, da kann er reden, solange er will. Der Bruder weiß, was sie denkt. Traurig steht er auf. […] 166 168 170 172 174 176 178 180 182 184 186 188 190 192 194 196 198 200 202 204 206 208 210 212 214 216 218 220 222 224 44 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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