Treffpunkt Deutsch 3, Leseheft

Umgang mit Texten Jugendbücher – zwischen Kindsein und Erwachsenwerden Max von der Grün Vorstadtkrokodile „Betreten verboten!“ steht an der verlassenen Ziegelei, dem Geheimquartier der „Krokodiler“. Wer zur Bande gehören will, muss eine gefährliche Mutprobe bestehen und gut Rad fahren können. Aber was soll Kurt tun, der im Rollstuhl sitzt? Da macht Kurt mit seinem Fernglas eine Beobachtung – und beweist, dass er mindestens genauso viel Mut hat wie die anderen. Nur eben auf eine be­ sondere Weise. Am Dienstagnachmittag um vier Uhr waren alle Krokodiler vor Kurts Haus versammelt, denn Olaf hatte noch am selben Abend die an- deren davon überzeugt, dass sie Kurt nicht ausschließen dürften. Sie warteten auf den Schulbus, der Kurt zu Hause ablieferte, und als dann der Ford Tran- sit in die Silberstraße einbog und vor dem Haus hielt, sahen alle interessiert zu, wie Kurt mit seinem Rollstuhl auf der Rampe aus dem Wagen auf die Straße heruntergelassen wurde. Rudolf und Otto umkreisten auf ihren franzö- sischen Fahrrädern den Kleinbus, lagen mit dem Bauch auf dem Sattel wie Akrobaten. Die Pedale traten sie mit den Händen. Maria und Hannes ließen ihre Fahrräder hinter Wolfermanns Haus stehen, weil sie den Rollstuhl schieben mussten, die Räder wären ihnen hinderlich gewesen. Nach den ersten Schwierigkeiten ging es ganz gut. Kurt zeigte ihnen immer wieder, wie sie es machen und wann sie was machen mussten. Mit der Zeit machte es ihnen sogar Spaß, den Rollstuhl zu schieben. Das war schon ein komischer Anblick, wie sie da durch die Siedlung zogen, Kurt in sei- nem Rollstuhl, Maria und Hannes schoben, und und alle drei wurden ständig von den an- deren Krokodilern auf ihren Fahrrädern um- kreist. Kurt bremste selbst seinen Rollstuhl ab, wenn es nötig war, und half mit, an seinen Rädern zu schieben, wenn es schwer ging. Nur mit den Bordsteinkanten hatten sie Mühe. Auf den Bürgersteig hinauf zuerst die kleinen Räder, indem man den Stuhl etwas nach hin- ten kippte, vom Bürgersteig herunter zuerst die großen Räder, Kurt saß dabei mit dem Rücken zur Straße, dann wurden die kleinen Räder einfach nachgezogen. Wenn man den Kniff herausgefunden hatte, war es gar nicht mehr so schwierig. Sie probten das zunächst an einer ruhigen Stelle, bevor sie sich zur stark befahrenen Bundesstraße wagten, und als ih- nen Kurt dann bestätigte, sie würden das schon so geschickt machen wie seine Mutter und sein Vater, überquerten sie die Bundes- straße. Im Wald aber, auf dem holprigen Weg, wurde es doch so schwer, dass noch zwei Krokodiler mithelfen mussten. Auch Olaf musste mitschieben. Er tat es ungern, ließ sich aber nichts an- merken. Als sie dann an der Buch angekommen waren, sagte Hannes: „Guck, da stand unsere Hütte.“ „Futsch“, sagte Theo, „total futsch.“ „Schade“, sagte Kurt. „Aber wir haben schon angefangen, uns eine neue Hütte zu bauen, auf dem alten Ziegeleigelände“, sagte Frank, „die kann man dann nicht mehr so einfach einreißen, die ist aus Steinen gebaut.“ „Ziegelei ist zu weit für mich“, antwortete Kurt. „Zu weit?“, fragte Frank. „Dich auf die Ziegelei zu schieben, ist doch viel leichter als hierher in den Wald.“ „Na, dann fahren wir doch mal zur Ziege- lei“, sagte Kurt. Er hatte es eigentlich nur ge- sagt, um zu sehen, wie die Krokodiler darauf reagierten. Aber sie schwiegen betreten, nicht einmal Hannes und Maria, die sich so für Kurt einge- setzt hatten, war es in den Sinn gekommen, Kurt zur Ziegelei mitzunehmen. „Zur Ziegelei?“, fragte Olaf gedehnt. „Mit dir?“ Im Rollstuhl? Nein, das geht nicht.“ 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 40 Nur zu Prüfzwecken – Eigentu des Verlags öbv

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