Treffpunkt Deutsch 2, Sprachbuch

Superhenne Hanna – Hauptsatz und Gliedsatz unterscheiden Umgang mit Texten Nachdenken über Sprache 54 Felix Mitterer Superhenne Hanna (gekürzt) Hanna ist ein Superhuhn. Sie ist neunund- neunzig Jahre alt und kann nicht nur sprechen, sondern auch schreiben. Ich lebe auf einem kleinen Bergbauernhof, zu- sammen mit sehr lieben Menschen. […] An Tieren sind auf dem Hof zurzeit acht Milchkühe, drei Kälber, sechs Schweine, vier- zehn Hühner und ein Hahn. Wir Hühner wohnen im Sommer in einem Stall neben den Schweinen. Das ist ein sehr ge- mütlicher Raum mit Strohnestern und hölzer- nen Stangen, auf denen wir sitzen können. In der Mauer befindet sich ein Schlupfloch, durch das wir aus- und eingehen dürfen, wie wir wol- len. Nur in der Nacht wird das Loch verschlos- sen. Das geschieht, damit der Fuchs Bartho- lomäus nicht herein kann. Es wäre aber gar nicht nötig. Der Bartholomäus – ich nenne ihn Bartl – hat nämlich riesigen Respekt vor mir. Ich habe ihn einmal ordentlich verhauen, als er ein Huhn verschleppen wollte. Aber es ist halt so üblich, dass das Loch am Abend geschlossen wird, und es stört uns nicht. Im Winter wohnen wir in einer geräumigen Steige in der Küche, weil auch wir Hühner es ganz gern warm haben. Zum Spazierengehen steht uns natürlich der ganze Hof zur Verfügung. Oberhalb des Hauses halten wir uns besonders oft auf, denn dort be- steht der Boden aus wunderbarem, feinem Sand. Und es gibt nichts Herrlicheres, als in die- sem Sand zu baden, wenn er von der Sonne an- genehm erwärmt ist. Mit meinen Schwestern habe ich mich im- mer gut verstanden. Nur die Hähne – ja, die Hähne! […] Ich habe in meinem Leben schon viele Häh- ne gekannt und alle waren meistens wütend auf mich. Wahrscheinlich störte es sie, dass ich die menschliche Sprache beherrsche und deshalb ein bisschen bevorzugt werde. Ich halte mich ja sehr viel in der Stube bei den Bauersleuten auf. Wir bereden alles Mögliche und ich werde von ihnen sozusagen als ihresgleichen behandelt. Das mögen die Hähne nicht. Alle haben ver- sucht, mir einzureden, mein Platz sei im Hüh- nerstall und nirgendwo sonst. Alle haben ge- meint, weil sie Hähne sind seien sie die Herren und die Hühner müssten machen, was der Herr befiehlt. Das ist bei uns aber nicht so. Die Hüh- ner betrachten mich als Anführerin und der Hahn hat überhaupt nichts zu sagen. […] Jeder Hahn der auf den Hof kam hat anfangs versucht, mich unterzukriegen. Jeder dachte: Na, die werde ich einmal ordentlich verprügeln, dann pariert sie schon! Das ist aber noch kei- nem gelungen. Blutend und zerrupft mussten sie wieder abziehen. […] Schließlich haben sich aber alle daran gewöhnt, dass sie nicht der Herr im Hause sind, sondern ich. Es hat auch nichts genützt, dass manche versucht haben, die ande- ren Hühner gegen mich aufzuhetzen. 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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