Treffpunkt Deutsch 2, Sprachbuch

Da kam Rudi aus der Verandatür geschossen und rannte in den Garten. Er war Zuppi, als sie im Bad nach ihm sehen wollte, entwischt. Rudi lief sogleich zu einer Pfütze, legte sich hinein, wühlte in dem Schlamm und quiekte begeistert. Er war über und über mit Schlamm be- schmiert, rannte fröhlich durch den Garten und – oh Schreck – in die Wohnung zurück! Wir liefen hinterher, um ihn wieder rauszutreiben, aber Rudi war schon in Vaters Arbeitszimmer gelaufen, über das Sofa gesprungen, hatte die Tischlampe umgerissen, hatte sich auf dem hellgrauen Teppich, den wir Kinder nur mit Socken betreten durften, gewälzt und war dann unter das Sofa gekrochen. Deutlich sah man die dreckigen Abdrücke seiner Pfoten auf dem Teppich. Vater lag am Boden vor dem Sofa und versuchte mit einem langen Lineal Rudi unter dem Sofa hervorzu- treiben. „Dieses kleine Dreckschwein“, schrie er. Da schoss Rudi, als er Zuppi sah, unter dem Sofa hervor. Vater bekam einen Schreck, stieß sich an der Sofakante den Kopf, wollte das Fer- kel greifen, griff daneben, denn Rudi machte einen kleinen Satz zur Seite, streifte dabei die weiße Wand und hinterließ darauf einen langen Schmutzstreifen, rannte über das auf dem Bo- den ausgebreitete Pergamentpapier, mit dem Vater einige Hieroglyphen von einem Stein ab- gepaust hatte, raste in Mutters Zimmer, warf einen Kasten mit Zetteln um, auf denen Mutter sich die Noten ihrer Schüler notiert hatte, ga- loppierte ins Kinderzimmer und von da wieder raus, in den Garten, wo er sich abermals im Schlamm suhlte. Wir machten schnell die Ve­ randatür zu, damit er nicht wieder in die Woh- nung laufen konnte. Sonderbarerweise war es in Vaters Zimmer ganz still. „Vielleicht ist er in Ohnmacht gefallen“, sagte Betti. Leise gingen wir in Vaters Zimmer. Er stand da und starrte auf das am Boden liegende Pergamentpapier, über das Rudi gelaufen war und auf dem seine dreckigen Klauen ihre Spu- ren hinterlassen hatten. Wie kleine Keile und Balken standen sie zwischen den anderen Schriftzeichen. „Papa“, sagte Zuppi ganz leise, „ist dir nicht gut?“ Und dann sagte sie noch: „Schweine sind doch sehr lustige Tiere, nicht?“ […] 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 Zuppi fällt so schnell kein Argument ein, warum Rudi als Haustier bei ihnen bleiben soll, trotz- dem will sie ihren Vater überreden. Diskutiert, was sie zu ihm sagen könnte. Wenn sie ihren Vater wirklich überzeugen wollte, welche Argumente könnte sie anführen, und welche berechtigten Gegenargumente könnte ihr Vater vorbringen? Tauscht euch aus. Spielt ein Streitgespräch zwischen Zuppi und ihrem Vater über die Frage: „Kann das Schwein Rudi in der Wohnung bleiben?“ B 5  B 6  B 7  53 Wie viel Mensch braucht ein Tier? Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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