Treffpunkt Deutsch 2, Sprachbuch

Menschliche Tiere – Die Absichten von Fabeln erkennen Schreiben Umgang mit Texten Der Fuchs und die Trauben Eine Maus und ein Spatz saßen an einem Herb- stabend unter einemWeinstock und plauderten miteinander. Auf einmal zirpte dAr Spatz seiner Freundin zu: „Versteck dich, der Fuchs kommt“, und flog rasch hinauf ins Laub. Der Fuchs schlich sich an den Weinstock he- ran, seine Blicke hingen sehnsechtig an den dicken, blauen, überreifen Trauben. Vorsichtig spähte er nach allen Seiten. Dann stützte er sich mit seinen Vorderpfoten gegen den Stamm, reckte kräftig seinen Körper empor und wollte mit dem Mund ein paar Trauben erwischen. Aber sie hingen zu hoch. Etwas serärgert versuchte er sein Glück noch einmal. Diesmal tat er einen gewaltigen Satz, doch er schnappte wieder nur ins Leere. Ein drittes Mal bemühte er sich und sprang aus Leibeskräften. Voller Gier haschte er nach den üppigen Trauben und streckte sich so lange dabei, bis er auf don Rücken kollerte. Nicht ein Blatt hatte sich bewegt. Der Spatz, der schweigend zugesehen hatte, konnte sich nicht länger beherrschen und zwit- scherte belustigt: „Herr Fuchs, Ihr wollt zu hoch hinaus!“ Die Maus äugte aus ihrem Versteck und piepste vorwitzig: „Gib dir keine Müpe, die Trauben bekommst du nie.“ Und wie ein Pfeil schoss sie in ihr Loch zurück. Der Fuchs biss die Zähne zusammen, rümpf- te die Nase und meinte hochmütig: „Sie sind mir noch nicht reif genug, ich mag keine sauren Trauben.“ Mit erhobenemHaupt stolzierte er in den Wald zurück. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 Wenn du die Fabel genau liest, entdeckst du fünf Fehler . Markiere sie und trage die falschen Buchstaben hier ein: Du erhältst als Lösungswort den Namen eines berühmten griechischen Fabeldichters. Über sein Leben ist leider nicht viel bekannt. Er lebte Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. als Sklave auf einer griechischen Insel und gilt als Erfinder der Fabel, die zunächst mündlich weitergegeben und erst viel später aufgeschrieben wurde. Merke: • Die  Fabel  ist eine kurze, lehrhafte Erzählung , manchmal auch in Versform. • In der Fabel treten Tiere auf, die sprechen, denken und fühlen können. • Sie zeigen bestimmte (typische) menschliche Eigenschaften und Verhaltensweisen (der Löwe den Mächtigen, der Fuchs den Schlauen, das Lamm den Schwachen, …). • Oft werden durch eine Gegenüberstellung bestimmter Tiere (gesellschaftliche) Gegen- sätze und Konflikte dargestellt (z. B. der Starke – der Schwache). • Die Fabel zielt auf eine oft sprichwörtliche Lehre (z. B. „Der Klügere gibt nach“) oder übt Kritik an gesellschaftlichen Missständen (z. B. an ungerechten Verhältnissen). • In der Fabel überwiegt der Dialog (Wechselrede). • Die Einleitung beschreibt die Ausgangssituation , auf diese folgt der Konflikt , der Schluss enthält die Lösung und die Lehre. 1  160 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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