Sexl Physik 8, Schulbuch

Isotropie der Hintergrundstrahlung Etwa 400000 Jahre nach dem Urknall begann das Universum „durchsichtig“ zu werden. Aus den geladenen Teilchen (Elektronen, Protonen, Heliumkerne) entstan- den elektrisch neutrale Atome. Damit gab es keine Wechselwirkung mehr zwi- schen den Teilchen (Atomen) und der Strahlung (Photonen). Man sagt auch: Die Strahlung „entkoppelte“ sich zu diesem Zeitpunkt von der Materie. Man misst diese Strahlung heute als Hintergrundstrahlung. Das Universum hatte zu diesem Zeitpunkt eine Größe von etwa 100 Millionen Lichtjahren. Weiter auseinander liegende Gebiete des Universums konnten nichts voneinander „wissen“ – es bestand keine Wechselwirkung zwischen diesen Berei- chen und daher auch kein kausaler Zusammenhang. Dennoch ist die aus dieser Zeit stammende Hintergrundstrahlung nahezu isotrop, d. h. wir empfangen aus al- len Richtungen Strahlung derselben Temperatur. Wie ist dieser frühe Temperatur­ ausgleich zu erklären? Eine mögliche Antwort gibt das Inflationsmodell. Die Frage nach der Entstehung der Galaxien Die Computergrafik (  97.4 ) zeigt die feinen Temperaturvariationen in der kosmi- schen Hintergrundstrahlung, welche die Messgeräte des Satelliten WMAP regist- riert haben. Regionen, in denen die Temperatur um 10 −5  K höher ist, sind rot darge- stellt, die um denselben Betrag kälteren blau. Quellen in unserer Galaxis sowie der Dopplereffekt unserer Eigenbewegung relativ zum lokalen kosmischen Ruhesys- tem wurden dabei herausgerechnet. Die Materie ist im Universum nicht gleichförmig verteilt. Man findet Sterne, Gala- xien und Galaxienhaufen. Beobachtungen ergaben, dass sich die Galaxien häufig entlang gigantischer Ketten konzentrieren. 1989 entdeckte man die „Große Mauer“, ein 500 Mio. Lichtjahre langes Band von Galaxien. Zwischen den Galaxienansamm- lungen gibt es große Leerräume. Aus einem völlig homogenen Anfangszustand können zumindest nach der klassischen Physik keine Strukturen entstehen. Die Vorläufer der Galaxienansammlungen müssen aber schon sehr früh existiert ha- ben. Die in der kosmischen Hintergrundstrahlung gefundenen Temperaturschwan- kungen rühren von Dichteschwankungen der Materie zum Zeitpunkt der Abkop- pelung her und sind genau von der richtigen Größenordnung ( Δ T / T ≈ 10 −5 ), um die Galaxienentstehung durch den späteren Kollaps der ursprünglich minimalen loka- len Verdichtungen zu erklären (  97.1 ,   97.2 ). 97.4 2002 startete die NASA die Raumsonde WMAP (Wilkinson Microwave Anisotropy Probe). Die Sonde war in der Lage, Temperaturunterschiede von nur 20 Millionstel Kelvin zu registrieren. Das Alter des Universums konnte mit 13,7 Milliarden Jahren festgelegt werden. Aus den Aufnahmen konnte man auf das Verhältnis von ρ zu ρ c schließen. Die Analyse der Daten ergab, dass die erste Sternengenerati- on bereits 200 Millionen Jahre nach dem Urknall entstand, viel früher, als man angenommen hatte.  Teste dein Wissen W 1 97.1 Eine Computersimulation der wachsen- den Strukturen im Universum. 97.2 Für diese Himmelskarte wurden etwa zwei Millionen Galaxien bis zu Entfernungen von zwei Milliarden Lichtjahren vermessen. Die Karte erfasst ein Zehntel des Himmels und zeigt, dass die Galaxien nicht gleichmäßig ver- teilt sind, sondern Strukturen bilden. 97.3 Mit Hilfe des Hubble-Teleskops gelang es 2007, eine dreidimensionale Landkarte der Dunklen Materie eines Galaxienhaufens zu erstellen. Dabei wird der Gravitationslinsen­ effekt genutzt: Dunkle Materie, die sich zwi- schen dem Teleskop und weiter entfernten Galaxien befindet, lenkt mit ihrer Schwerkraft das Licht ab. So können die Astronomen bestimmen, wo die Dunkle Materie ist, auch wenn sie nicht direkt sichtbar ist. 97.1 Welche Beobachtungen sprechen für eine Expansion des Universums? 97.2 Welche Fragen zur Zusammensetzung und Entwicklung des Universums sind offen? 97 | AKTUELLE FORSCHUNG Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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