Sexl Physik 8, Schulbuch

Hintergrundstrahlung mit einer Temperatur von einigen Kelvin erhalten haben. Diese wurde von Penzias und Wilson (  93.2 ) tatsächlich entdeckt. Um zu verstehen, wie die Hintergrundstrahlung entstand, wollen wir vom gegen- wärtig kühlen Zustand des Universums ausgehend eine Zeitreise in die Vergangen- heit unternehmen und den Zeitpfeil zurückverfolgend in immer heißere Phasen des Universums vordringen. Wir machen dazu folgendes Gedankenexperiment: Denken wir uns einen Ausschnitt des intergalaktischen Universums – etwa so groß wie die Sonne – und komprimieren wir dieses Gemisch aus Materie und Strahlung (s. Tab. 93.1 ). Zeit seit Urknall 1,4 · 10 10  a 4 · 10 5  a 230 s Durchmesser 1,4 · 10 6 km 1 400 km 4,7m Inhalt an Materie 280g 280g 280g Temperatur 3K 3 000K 9 · 10 8  K Massenäquivalent 1 g 1 kg 300 t 93.1 Kompression einer intergalaktischen Gaswolke von der Größe der Sonne. Die durch die Kompression zugeführte Energie wird zunächst die thermische Energie der Materie erhöhen. Gleichzeitig vergrößert sich (infolge der Energiezu- fuhr) der Anteil der Photonen. Wenn das Raumelement ein Tausendstel seiner ur- sprünglichen Größe erreicht hat, herrscht eine Temperatur von 3 000K . Damit ist jener Zustand erreicht, in dem sich das Universum 400000 Jahre nach dem Ur- knall befunden hat. Wir finden nun ein Gemisch von H- und He -Kernen, Elektronen und ein riesiges Meer von Photonen vor. In diesem Stadium wurden die langsame- ren Elektronen von den Atomkernen eingefangen und es bildeten sich Atome. Ge- hen wir den Zeitpfeil weiter zurück, so wird die Temperatur immer höher und die Anzahl der freien Elektronen größer. Die zunehmende Anzahl an freien Elektro- nen behindert die Photonen an ihrer Ausbreitung – das Weltall ist undurchsichtig. Aus dieser Zeit erhalten wir kein Licht mehr. Jede Information, die wir über das Weltall bekommen, stammt daher aus einer späteren Zeit. Die älteste Information stammt aus der Zeit, als das Weltall plötzlich durchsichtig zu werden begann. Es ist jenes Licht, mit dem das Weltall 380000 Jahre nach sei- ner Entstehung erfüllt war. Dieses Licht ist heute infolge der Expansion langwellig – der Nachthimmel bleibt daher für uns dunkel. Die erkaltete Strahlung kann nur noch von den Radioastronomen registriert werden. Die Theorie vom Urknall wird durch drei Beobachtungen gestützt: −− die Rotverschiebung der Spektrallinien, −− die Hintergrundstrahlung, −− die relative Häufigkeit der leichten Elemente in Sternen und Galaxien (  93.3 ). Wie können wir uns den Urknall vorstellen? Um diese Frage beantworten zu kön- nen bzw. entsprechende Modellvorstellungen dazu zu bilden, benötigen wir die Er- kenntnisse der Elementarteilchenphysik. Hier schließt sich der Kreis zwischen dem unendlich Kleinen und dem unendlich Großen. 93.5 Die eingekreisten Objekte sehen wir so, wie sie vor 13Mrd. Jahren waren. Das Weltraumteleskop Hubble ermöglichte 2012 diesen tiefen Blick in die Vergangenheit des Universums. 93.2 R obert W ilson (links) und A rno P enzias vor der Hornantenne, mit der sie die 3K-Hinter- grundstrahlung fanden. Zunächst glaubten sie bei dem „Rauschen“ handele es sich um eine Störung der Signale durch Vogelmist, erst wiederholte Messungen bewiesen, dass es sich nicht um einen Schmutzeffekt handelte, sondern um Strahlung aus der Anfangszeit des Universums. 0 1 2 3 4 5 6 Rotverschiebung z z = 2,0 z = 4,4 13,5 8 5 0 Alter des Universums 10 a 9 93.4 Der Rotverschiebungsfaktor in Abhängig- keit von der Entfernung der Galaxien Anteil der Teilchen 10 -4 10 -3 10 -2 10 -1 10 1 10 2 10 3 10 4 Zeit in s 3·10 9 3·10 8 10 9 Temperatur in K Neutronen 4 He Deuterium 93.3 Helium und Deuterium entstanden aus Wasserstoff in den ersten Minuten nach dem Urknall. Nach 1 000 s bestand das Weltall zu 90% aus Wasserstoff und zu 10% aus Helium. 93 | AKTUELLE FORSCHUNG Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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