Sexl Physik 8, Schulbuch

2.7 Schwache Wechselwirkung Der β -Zerfall von radioaktiven Kernen ist ein Beispiel für die schwache Wechsel- wirkung. An solchen Wechselwirkungen sind sowohl die Quarks als auch die Lep- tonen beteiligt. In der kosmischen Strahlung wurde 1937 das Myon, ein schwerer Zwilling des Elektrons, entdeckt. Es ist 210mal schwerer als das Elektron, es ist instabil und zerfällt in einem β -Zerfall μ –  ¥ e –  + ​  äää  ν ​ e + ​  äää  ν ​ µ . Im Jahr 1975 wurde ein weiteres schweres Lepton in der Reaktion e +  + e –  ¥ τ +  + τ – das Tauon ( τ ) entdeckt, das 3500mal schwerer als das Elektron ist. Zu allen gelade- nen Leptonen (Elektron, Myon, Tauon) hat man die Existenz von zugehörigen, elek- trisch ungeladenen Partnern, den Neutrinos ν e , ν μ , ν τ nachgewiesen. Es gibt starke Hinweise, dass die Neutrinos unterschiedliche, aber sehr kleine Massen – viel kleiner als die Masse des Elektrons – besitzen. Zwischen Leptonen und Quarks be- steht eine Parallelität, wenn man sie in „Generationen“ anordnet: 1. Generation 2. Generation 3. Generation Teilchenart ν e ν μ ν τ Lepton e μ τ Lepton u c t Quark d s b Quark Die gewöhnliche Materie besteht aus den Teilchen der 1. Generation. Die anderen Generationen spielten in der Entwicklung des Universums kurzfristig eine Rolle, als bei sehr hohen Temperaturen Quarks und Gluonen noch keine Hadronen bilden konnten. Die geladenen Teilchen der 2. und 3. Generation zerfallen in Teilchen der 1. Generation, da sie mehr Masse haben. Mit den heutigen Beschleunigern lassen sich alle Quarks und Leptonen erzeugen. Gluonen übertragen die starke Farbkraft zwischen den Quarks, Photonen die elekt- romagnetische Wechselwirkung zwischen elektrisch geladenen Teilchen. Wodurch werden der β -Zerfall und alle anderen schwachen Wechselwirkungen bewirkt? Der β -Zerfall transformiert ein d- Quark in ein u- Quark, er ändert die Flavor-Eigen- schaft von Quarks und Leptonen. Welche Austausch-Teilchen vermitteln die schwa- che Wechselwirkung? W-Teilchen („weak bosons“) transformieren die Quarksorten ( u, d, s , …) bzw. die Leptonsorten unter einander, z. B. d ¥ u+W – , bzw. μ –  ¥ ν μ +W – . Damit stellt sich der β -Zerfall des Neutrons n ¥ p+ e –  + ​  äää  ν ​ e als Prozess in zwei Schrit- ten dar (  72.1 ): udd ¥ uud+W – , W –  ¥ e –  + ​  äää  ν ​ e . Neben den W + und W – gibt es ein neutrales Z 0 , wodurch auch Reaktionen der Art e +  + e –  ¥ Z 0  ¥ ν μ + ​  äää  ν ​ μ oder durch Z 0 -Austausch auch elastische Streuung wie z. B. ν μ + e –  ¥ ν μ + e – möglich werden (  72.2 ). Die W- und Z- Teilchen treten im β -Zerfall als virtuelle Teilchen auf, in p​  äää  p​ - und e + e – -Kollisionen bei hohen Energien können sie als reelle Teilchen erzeugt werden. Ihre Massen sind etwa hundertmal größer als die Protonmasse. Ihre Lebensdauer beträgt rund 10 −24  s . Die von W + , W – und Z 0 vermittelten Wechselwirkungen werden als schwache Wechselwirkung bezeichnet. u d u u d d W – v e – 72.1 Der β -Zerfall des Neutrons wird als Emission eines W – -Bosons durch ein d-Quark erklärt, das sich in ein u-Quark umwandelt. Das W – zerfällt in Elektron und Antineutrino. Z 0 u, d, ..., e, µ , ... u, d, ..., e, µ , ... ν ν 72.2 Neutrinos können an Quarks und Leptonen (e, ν , μ, …) streuen, indem sie ein virtuelles Z 0 austauschen. Die Entdeckung dieser Möglichkeit revolutionierte die Theorie der schwachen Wechselwirkungen. Selbst die Theorie der Sternentwicklung war betroffen.  72 Teilchenphysik Nur zu P üfzwecken – Eigentum es Verlags öbv

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