Sexl Physik 8, Schulbuch

2.6 Starke Kräfte zwischen Quarks Neben der elektrischen Ladung tragen Quarks eine weitere Ladung, die Farbla- dung . Sie ist die Ursache der starken Wechselwirkung , welche die Quarks zu den beobachteten Baryonen und Mesonen bindet. Jede Quarksorte ( u , d , s, c, t, b ) tritt in drei unterschiedlichen Farben (rot, grün, blau) auf, Antiquarks tragen Anti-Farben (anti-rot, …). Die Farbe (engl. color) ist unter den Quarks so verteilt, dass Nukleo- nen und Mesonen „weiß“ sind. Quarks sind nicht wirklich bunt – mit dem Begriff „Farbe“ soll eine abstrakte Eigenschaft anschaulich dargestellt werden (  71.1 ). Austausch-Teilchen übertragen die Kräfte zwischen den Quarks, sie „leimen“ die Quarks zusammen und heißen Gluonen (engl. glue, Leim). Sie tragen selbst Farbe, wodurch sie die Quarks umfärben. Die Gluonen sind masselos und elektrisch neu- tral . Wie die Photonen sind die Gluonen Bosonen . Die Gluonen unterscheiden nicht zwi- schen den u- , d- , s- , c- , t- und b- Quarks, sie sind blind gegenüber den verschiedenen Flavors. Drei Farben für die Quarks – warum? Das Pauli-Prinzip, ein wesentlicher Bestandteil der Quantenphysik, erzwingt diese Modifikation des Quarkmodells. Nach dem Pauli-Prinzip darf in einem Quanten- system kein Paar von Elektronen oder anderen Fermionen in allen Quantenzahlen übereinstimmen. Die Rolle des Pauli-Prinzips zeigt sich beim Ω – -Baryon, das be- reits als Erfolg des Modells genannt wurde: Es besteht aus drei s- Quarks mit paral- lelen Spins, von denen man annimmt, dass sie den niedrigsten Energiezustand be- setzen. Dies steht nur dann nicht im Widerspruch zum Pauli-Prinzip, wenn sich die Quarks durch eine weitere Eigenschaft unterscheiden. Diese neue Eigenschaft wird Farbe genannt. Das Ω – besteht aus je einem roten, einem grünen und einem blauen s-Quark und ist daher „weiß“. Die Farbe spielt für die Kraft zwischen Quarks jene Rolle, wie sie die elektrische Ladung für die Coulombkraft zwischen geladenen Teilchen spielt. Kann man Quarks sehen? Welche Spuren hinterlassen sie? Wenn Quarks tatsächlich existieren, sollte man sie in Reaktionen zwischen ener- giereichen Teilchen, z. B. Protonen, erzeugen können! Wie wären sie nachzuwei- sen? Wir nehmen als Beispiel die Erzeugung von Baryonen und Mesonen, die zu- sammengefasst als Hadronen (stark wechselwirkende Teilchen) bezeichnet werden, in e + e – -Kollisionen. Wir vergleichen die Erzeugung eines Myon-Anti- myon-Paares (Myonen sind schwere Verwandte der Elektronen) und eines beliebi- gen Quark-Antiquark- q​  äää  q​ Paares (  71.2 ): e +  + e –  ¥ μ +  +μ – , e +  + e –  ¥ q+ ​  äää  q​. In einem Detektor entstehen bei der Myon-Paarerzeugung nur zwei Spuren der in entgegengesetzter Richtung aus einander fliegenden Myonen. Werden bei der Quark-Paarerzeugung ähnliche Spuren gemessen? Beim Auseinanderfliegen bilden sich um die Quarks Wolken von Quarks, Anti­ quarks und Gluonen, so dass nicht freie Quarks, sondern Hadronen im Detektor beobachtet werden. Allerdings fliegen die Hadronen als Zerfallsprodukte der Quarks nicht gleichmäßig in alle Richtungen, sondern in zwei eng gebündelten Strahlen, den Jets , und verraten dadurch ihre Erzeugung aus einem Quark bzw. Antiquark. Obwohl man von der Gültigkeit des Modells überzeugt ist und an der Existenz der Quarks nicht zweifelt, ist es noch nie gelungen, einzelne Quarks aus Protonen oder anderen Teilchen „herauszuschlagen“ und als freie Teilchen mit drittelzahliger Ladung zu beobachten (  71.3 ). Daher nimmt man an, dass die Freisetzung einzelner Quarks prinzipiell nicht möglich ist ( Prinzip des Quark­ einschlusses, Confinement ). Im Gegensatz zur Gravitation und zur Coulombkraft bleibt die Kraft zwischen Quarks mit zunehmendem Abstand gleich. Statt mit Energieaufwand die Bindung zwischen den Quarks zu überwinden, werden mit dieser Energie Quark-Antiquarkpaare (Mesonen) erzeugt. Quarktriplett Baryon Quarkduplett Meson 71.1 Die Quarkstruktur von Baryonen (links) und Mesonen (rechts). Baryonen (z. B. Proto- nen und Neutronen) bestehen aus drei Quarks, von denen jedes eine andere Farbe trägt. Mesonen bestehen aus einem Quark einer Farbe und einem Antiquark mit der entspre- chenden Antifarbe. Durch den Austausch von Gluonen ändern sich die Farben. Elektron Positron Photon Quark Antiquark 71.2 Bei der Vernichtung eines Elektron-Positron-Paares entsteht ein „virtuelles“ Photon, das in ein Quark-Antiquark-Paar zer- fällt. Quark und Antiquark zerfallen sofort in zahlreiche Hadronen. Im Detektor werden zwei schmale Teilchenbündel (Jets) in ent­ gegen gesetzten Richtungen registriert, die vom Ort der Kollision ausgehen. 71.3 In e – e + -Kollisionen werden auch „Drei- Jet-Ereignisse“ beobachtet. Sie werden als Erzeugung eines Quark-Antiquark-Paares mit einem zusätzlichen Gluon gedeutet. Da diese Teilchen nicht frei existieren können, wandeln sie sich in eine Vielzahl von Hadronen um. Die geladenen Endprodukte sind durch ihre Spu- ren im Detektor sichtbar. 71 | Teilchenphysik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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