Sexl Physik 8, Schulbuch

Untersuche, überlege, forsche: Kernreaktoren 57.1 W 1  Thermische Kraftwerke erkennt man an Kühltürmen. Wie funktionieren sie? 57.2 W 1  Informiere dich über die Kernkraftwerke in der Umgebung Österreichs. Um welche Kraftwerkstypen handelt es sich? 57.3 S 1  Die bestehenden Kernkraftwerke benötigen mehr als 70 000 t Uran pro Jahr. Finde heraus, woher dieser Rohstoff kommt. Wie lange werden die bestehenden Vorkommen noch reichen? Wiederaufbereitung Nach rund vier Betriebsjahren sind die Brennstäbe eines Reaktors zur Energieum- wandlung nicht mehr geeignet, da die Konzentration radioaktiver Spaltprodukte zu hoch ist. Die Brennelemente müssen ausgetauscht werden. Die abgebrannten Brennelemente werden zunächst in wassergefüllten Abklingbecken gelagert, bis ihre Aktivität weitgehend abgeklungen ist. Die abgebrannten Brennstäbe (ca.  3m 3 pro Jahr pro Kraftwerksblock) können wiederaufbereitet oder endgelagert werden. In der Wiederaufbereitungsanlage werden die radioaktiven Spaltprodukte, die bei der Kernspaltung durch die Absorption von Neutronen entstehen, vom Pu-239 und dem noch in den Brennstäben enthaltenen Rest an U-235 getrennt. Ziel ist die Rückgewinnung von Plutonium, von Uran und die Verminderung des endgültig zu entsorgenden Mülls. Plutonium kann neuen Brennstäben beigemischt werden. In den ausgebrannten Brennstäben befindet sich etwa 1% Plutonium, das durch Neutroneneinfang aus U-238 entstanden ist. Etwa 10% des Urans können wiederan- gereichert werden. Der Rest, also etwa 90% ist hochradioaktiver Müll. Wegen der extrem hohen Radioaktivität der abgebrannten Brennelemente sind in Wiederaufbereitungsanlagen die Rückhalte- und Strahlenschutzmaßnahmen so- wie die Maßnahmen zur Verhinderung von Freisetzungen bei Störfällen unver- gleichbar umfangreicher als bei der Erstanreicherung. In Westeuropa gibt es zwei Wiederaufbereitungsanlagen: Sellafield (Großbritan- nien) und La Hague (Frankreich). Endlagerung Große Mengen radioaktiven Mülls entstehen einerseits beim Betrieb von Kern- kraftwerken, andererseits auch bei der Entsorgung von Kernwaffen. Auch der beim Rückbau von Kernkraftwerken entstehende radioaktive Müll ist zu beachten (2017 wurden sechs Blöcke stillgelegt). Eine geringere Menge weniger aktiven Mülls entsteht bei der medizinischen Nutzung radioaktiver Isotope. Die langfristige Lagerung des hochradioaktiven Abfalls ist wegen der großen Zeit- spannen, die es hier zu bedenken gibt, ein ungelöstes Problem. Ein besonderes Problem stellt wegen seiner Eignung für Kernwaffen und seiner langen Halbwerts- zeit ( T 1/2 = 24000 a ) Plutonium Pu-239 dar. (In einem Reaktor entstehen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer der Brennelemente ca. 300 kg Plutonium. Zum Vergleich: Die auf die Stadt Nagasaki abgeworfene Bombe enthielt 50 kg Plutonium.) Überlegt wird, den Abfall in Glas einzuschmelzen und in großen Tiefen zu lagern. Projekte zur Lagerung von hoch radioaktiven Müll sind in Deutschland bisher an oft wider- sprüchlichen wissenschaftlichen Expertisen und am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Weltweit gibt es derzeit (2018) kein dauerhaftes Endlager für hoch ra- dioaktive Abfälle. In Österreich fallen jährlich etwa 60 t ( 280m 3 ) teils schwach radioaktiven Mülls aus Spitälern und Industrie an. Er wird in Seibersdorf (Niederösterreich) bis zur Er- richtung einer endgültigen Lagerstätte zwischengelagert.  Untersuche, überlege, forsche: Endlagerung 57.4 S 2  Informiere dich, was mit den ausgebrannten Brennstäben der europäischen Kernkraftwerke bisher geschehen ist. Wie wird das Problem in Ländern anderer Erdteile gehandhabt? Welche Endlager sind in Europa derzeit in Planung? Welche Probleme müssen diesbezüglich gelöst werden? Plutonium Pu 239 Nep- tunium Np 239 Uran U 239 Uran U 238 β -Zerfall β -Zerfall Neutron Halbwertszeit: 23,5 min 2,3 Tage 24 000 Jahre 57.1 In den Brennstäben entsteht durch Kern- reaktionen auch Plutonium. Die Grafik zeigt die Umwandlung von Uran-238 zu spaltbarem Plutonium-239 durch Einfang von Neutronen. In Wiederaufbereitungsanlagen wird das Plutonium aus den abgebrannten Brennstäben herausgetrennt und neuen Brennelementen beigemischt (MOX- Brennelemente). Plutonium hat eine Halbwertszeit von 24 000 Jahren und ist bereits in geringsten Mengen äußerst gif- tig. Plutonium wird auch in Brutreaktoren er- zeugt und ist ein wichtiges Ausgangsmaterial für Kernwaffen. 10 -1 1 10 10 2 10 3 10 4 10 5 10 6 10 7 10 8 10 9 10 10 1 5 2 10 1 2 5 10 1 2 5 10 1 2 5 10 1 100 1000 Stunden Tage Monate Jahre Zeit nach der Außerbetriebnahme Aktivität in Ci Gesamtaktivität der Spaltprodukte Krypton Jod Xenon 57.2 Nach dem Abschalten eines 1 000-MW-Kraftwerks klingt die Radioaktivität der in den Brennelementen entstandenen Spaltprodukte nur allmählich ab. Ein kleiner Bruchteil dieser Aktivität –man beachte den logarithmischen Maßstab– stammt von ra- dioaktiven Gasen (Die Aktivität wird hier in der alten Einheit Curie angegeben: 1 Ci = 3,7 · 10 10 Bq). Waffen- produktion möglich Abfall Uranerz- aufbereitung Uran U U 235 238 Abfall-Einlagerung Bergwerk Uranerzgewinnung Urananreicherung (Erhöhung des U- Gehalts) 235 2,5-3,5% U 235 Brenn- element- herstellung Kernkraft- werk Wiederauf- bereitungs- anlage Uran U U 235 238 Plutonium Abfall/ produkte Zwischenlager 57.3 Der Brennstoffkreislauf. Das in der Wie- deraufbereitungsanlage rückgewonnene Uran und Plutonium soll als Ausgangsmaterial für neue Brennelemente dienen. Problematisch sind die weiten Transportwege der Brenn­ stäbe, der Anfall von weiteren Radionukliden bei der Verarbeitung und der Umstand, dass das gewonnene Plutonium zur Waffenher­ stellung benutzt werden kann. 57 | Kernphysik Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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