Sexl Physik 8, Schulbuch

1.3 Strahlenschutz Wie wir bereits wissen, wirkt die von einem radioaktiven Stoff ausgehende Strah- lung ionisierend. Trifft ionisierende Strahlung auf lebende Materie, so werden Mo- leküle gespalten. Die entstandenen Radikale zeigen ein aggressives chemisches Verhalten. Um die Wirkung der Strahlung auf den Menschen quantifizieren zu können, benötigt man entsprechende Maßeinheiten. Größen und Einheiten im Strahlenschutz Die Wirkung ionisierender Strahlung auf den lebenden Organismus wird mit soge- nannten Dosisgrößen angegeben: −− Die Ionendosis gibt an, wie viele Ionen gleichen Vorzeichens in 1 kg bestrahlter Materie entstehen. Sie wird in Coulomb pro Kilogramm ( C/kg ) angegeben. −− Die Energiedosis gibt die pro kg Masse absorbierte Strahlungsenergie an. Die entsprechende Maßeinheit ist J/kg ; sie wird als Gray ( Gy ) bezeichnet. −− Für die schädigende Wirkung auf den Organismus ist neben der Energiedosis auch die Strahlenart von entscheidender Bedeutung. Um die biologische Wir- kung der verschiedenen Strahlenarten vergleichen zu können, wurde der Quali- tätsfaktor Q eingeführt: Das Produkt aus Qualitätsfaktor Q und Energiedosis D wird als Äquivalentdosis H bezeichnet. Die Maßeinheit für die Äquivalentdosis ist das Sievert ( Sv ). −− Die Effektivdosis berücksichtigt neben der Art der Strahlung auch die Empfind- lichkeit der menschlichen Gewebe und Organe bei Strahlenexposition. Die ent- sprechenden Faktoren werden aus epidemiologischen Untersuchungen abgeleitet und gewichtet. Dosiseinheiten Die Energiedosis gibt die von Gewebe pro kg absorbierte Energie an. Ihre Einheit ist 1 Gray (Gy): 1Gy = 1 J/kg. Die Äquivalentdosis berücksichtigt die unterschiedliche Wirkung der einzelnen Strahlenarten. Ihre Einheit ist das Sievert (Sv). Die Effektivdosis ist ein Maß für die biologische Wirkung der Strahlung auf den Menschen. Zur Langzeitdosismessung werden z. B. Thermoluminiszenz-Dosimeter verwen- det. Sie nützen die Eigenschaft mancher Kristalle, die bei Bestrahlung aufgenom- mene Energie zu speichern. Erwärmt man die Kristalle, dann geben sie diese Energie in Form von sichtbarem Licht ab. Die ausgestrahlte Lichtmenge ist zur auf- genommenen Dosis proportional. Natürliche und künstliche Strahlenbelastung Der menschliche Organismus ist ständig ionisierender Strahlung ausgesetzt. Die Bestrahlung des Organismus erfolgt zum Teil von außen ( externe Strahlenbela- stung , z. B. bei Röntgenuntersuchungen), zum Teil durch Aufnahme radioaktiver Stoffe in den Körper entweder durch Atmung ( Inhalation ) oder durch Nahrung ( Ingestion ) (  49.2) . In Österreich wird die effektive Strahlenbelastung pro Person mit etwa 4,3mSv/a angegeben. Im Mittel stammen etwa 2,8mSv aus natürlichen Quellen, 1,4mSv sind zivilisatorisch verursacht. Natürliche Strahlenbelastung Die von außen auf unseren Körper wirkende Strahlung stammt in der Hauptsache aus radioaktiven Stoffen in unserer Umgebung, sei es vom Boden oder von Baustof- fen, aus denen unsere Häuser gebaut sind. Die Gesteinsstrahlung hängt davon ab, wie viel an Elementen der natürlichen Zerfallsreihen im Gestein vorhanden ist. Auch über Nahrung und Atmung gelangen radioaktive Stoffe in unseren Körper, insbesondere Kalium-40 und das gasförmige Radon. Radon stammt aus der Uran-Zerfallsreihe und diffundiert aus Baumaterialien und dem Erdreich in die Umgebung. Vor allem in bodennahen schlecht belüfteten Räu- Größe Einheit Radioaktivität 1 Becquerel (Bq) = 1/s Ionendosis 1 C/kg Energiedosis 1 Gray (Gy) Äquivalentdosis 1 Sievert (Sv) 48.1 Einheiten im Strahlenschutz In vielen Tabellen werden neben den aktuellen Ein­ heiten noch die alten Einheiten Curie (Ci) und rem verwendet: 1 Ci = 3,7 · 10 10 Bq 1 rem = 0,01 Sv Äquivalentdosis H = Q · D β -, γ -Strahlung Q = 1 Neutronen Q = 10 α -Strahlung Q = 20 48.2 Die Wirkung ionisierender Strahlung auf biologisches Gewebe hängt von der Strah- lungsart ab und wird durch den Qualitäts­ faktor Q angegeben. Z. B. bewirkt α -Strahlung von 1 mGy eine Äquivalentdosis von 20 mSv. Äquivalentdosis in mSv/Jahr 0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 0,025 0,035 1,1 extern 0,3 Ingestion 0,3 Ingestion 1,0 Inhalation 1,2 Inhalation 2,4 3,2 1,7 extern Reaktor- unfall Tschernobyl ein Trans- atlantik- flug Raum Wien nördl. Ober- österreich natürliche Strahlung 48.3 Gesamtdosis durch Tschernobyl in Österreich im Vergleich mit anderen Strahlen- belastungen 1992 (Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz 1995).  48 Kernphysik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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