Sexl Physik 8, Schulbuch

1.2 Radioaktivität Der experimentelle Nachweis ionisierender Strahlung 1896 untersuchte der französische Physiker H enri B ecquerel das starke Fluores- zenzlicht, das von Uransalzkristallen ausgeht. Er stellte dabei fest, dass die Kris- talle neben der sichtbaren Strahlung noch eine intensive nicht sichtbare Strahlung aussenden. Diese Strahlung ionisiert die umgebende Luft, schwärzt fotografische Platten und ist durch keine physikalischen oder chemischen Vorgänge zu beein- flussen. Sie ist charakteristisch für den jeweiligen Stoff. Diese Strahlung heißt „ionisierende Strahlung“. Die Stoffe, die sie aussenden, werden als radioaktiv be- zeichnet. Wir verfügen über keine Sinnesorgane für radioaktive Strahlung. Radioaktive Stoffe senden ohne äußeren Einfluss ionisierende Strahlung aus. Strahlung, die von radioaktiven Substanzen ausgeht, können wir mit unseren Sin- nesorganen nicht wahrnehmen, sie kann wie Röntgenstrahlung nur indirekt über ihre ionisierende Wirkung nachgewiesen werden. Dazu dienen verschiedene Arten von Dosimetern , wie sie im personenbezogenen Strahlenschutz (etwa in Kern- kraftwerken oder in Röntgeninstituten) benutzt werden. Beim Filmdosimeter schwärzen ionisierende Strahlen (genauso wie Röntgenstrahlen) fotografische Fil- me. Der Schwärzungsgrad entspricht der Strahlung, die absorbiert wurde. Beim Thermolumineszenz-Dosimeter erzeugt die Strahlung mikroskopisch kleine Ver- änderungen in einem Kristall, die dazu führen, dass der Kristall beim Erhitzen Licht abgibt. Die Lichtausbeute gibt Auskunft über die Dosis (s. S. 48). Zur Messung der Intensität der radioaktiven Strahlung benutzt man das Geiger- Müller-Zählrohr (GMZ, auch Geigerzähler,   42.2 ). Das Gerät beruht auf der ioni- sierenden Wirkung der Strahlung. Das Zählrohr besteht aus einem mit Gas gefüll- ten Rohr, in dessen Mitte axial ein Draht gespannt ist. Zwischen Draht und Rohrwand liegt eine Spannung von etwa 1 kV . Eine Seite (das Fenster) ist durch ein luftundurchlässiges, aber für Strahlung durchlässiges Material verschlossen. Die durch das Fenster in das Zählrohr eintretende Strahlung ionisiert das Gas. Die Elektronen werden zum Draht hin beschleunigt. Durch Zusammenstöße mit Ato- men entstehen lawinenartig weitere Ionen und Elektronen (Stoßionisation). Die Elektronen fließen über einen Widerstand ab und erzeugen so einen messbaren Spannungsimpuls. Dieser wird elektronisch verstärkt und mit einer Zählerschal- tung registriert.  Experiment: Der Geiger-Müller-Zähler (GMZ) 42.1 E 1 Du brauchst : Geiger-Müller-Zähler (Geigerzähler), Lautsprecher, radioaktive Substanz. a)  Verbinde den Signalausgang des Geigerzählers mit einem Lautsprecher (falls das Zählrohr nicht über einen Lautsprecher verfügt). b)  Bring eine radioaktive Substanz, etwa eine kleine Menge an Kalidünger („Blau- korn“) oder eine alte Uhr mit Leuchtziffern oder einen Pflasterstein in die Nähe des Zählrohrs. c)  Ändere die Entfernung des Zählrohrs vom radioaktiven Gegenstand: Was beob- achtest du? Das Experiment zeigt, dass die Zählimpulse in unregelmäßigen Abständen erfol- gen und dass die Intensität der Strahlung mit dem Quadrat der Entfernung von der Strahlenquelle abnimmt. Der GMZ liefert auch Signale, wenn kein radioaktives Präparat in der Nähe ist. Die Ursache dieses sogenannten Nulleffekts ist die stets vorhandene Hintergrundstrahlung. Diese entsteht durch natürliche oder künstli- che radioaktive Isotope in unserer Umgebung und durch kosmische Strahlung. Was sind das nun für Strahlen, die von radioaktiven Stoffen ausgesendet werden? R utherford konnte im Jahre 1902 mit einem Magnetfeld drei Arten von Strahlung unterscheiden. Er nannte sie α -, β - und γ -Strahlen. Die Strahlung wird vom Atom- 42.1 H enri B ecquerel entdeckte 1896, dass Uran- salze neben dem Fluoreszenzlicht unbekannte Strahlen aussenden, die lichtdicht verpackte fotografische Platten schwärzen. Metallmantel Ionen α -Teilchen Draht Gasfüllung Isolation zum Verstärker Glimmer- fenster R = 1 M Ω Hochspannung U  1 kV 42.2 Das Geiger-Müller-Zählrohr. Die ein­ fallende Strahlung ionisiert die Atome des Füll- gases. Die entstehenden Elektronen werden durch den geladenen Draht beschleunigt und erzeugen durch Stoßionisation weitere Elek­ tronen, wodurch eine elektrische Entladung stattfindet. Diese wird über einen Verstärker gemessen. 42.3 Beim Füllhalterdosimeter ionisiert die einfallende Strahlung die Luft zwischen zwei Kondensatorplatten und reduziert damit die Ladung. Strahlung radioaktiver Substanzen wird häufig als „radioaktive Strahlung“ be- zeichnet. Dieser Begriff ist genauge- nommen sowohl grammatikalisch als auch physikalisch falsch: Die Strahlung selbst ist nicht radioaktiv. Ionisierende Strahlung ist Strahlung, deren Energie hoch genug ist, um Mole- küle oder Atome zu ionisieren (d. h. Elek- tronen aus der Hülle des Atoms oder Moleküls herauszuschlagen). Ionisierend wirken hochenergetische Teilchen (z. B. Neutronen, Heliumkerne, Protonen, Elektronen) und kurzwellige elektroma- gnetische Wellen (UV-, Röntgen- und Gammastrahlung). Fluoreszenz entsteht, wenn ein Stoff (z. B. ein Mineral) durch Absorption von elektromagnetischen Wellen (sichtbares Licht, UV-Licht, Röntgenstrahlen) zum Leuchten angeregt wird.  42 Kernphysik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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