Sexl Physik 8, Schulbuch

Eine andere, gleichwertige Formulierung dieser Definition ist die folgende: Gleichzeitigkeit (2) Zwei Ereignisse an verschiedenen Orten in einem Inertialsystem sind gleichzeitig, wenn sie von Lichtsignalen ausgelöst werden, die gleichzeitig von einer Quelle in der Mitte ausgegangen sind. Stellen wir uns als Beispiel zwei Uhren vor, die durch Lichtsignale in Gang gesetzt werden. Wird nun in der Mitte zwischen den beiden Uhren etwa eine Blitzlampe gezündet, dann brauchen die Lichtblitze wegen der gleichen Wegstrecken gleich lange, um die Uhren zu erreichen, und setzen sie gleichzeitig in Gang. (  12.3 ) Dass diese zweite Definition der Gleichzeitigkeit zur ersten Definition gleichwer- tig ist, sieht man, wenn man sich vorstellt, die Lichtblitze würden an den Uhren reflektiert und liefen wieder zurück zur Mitte. Wegen der gleichen Wegstrecken, die sie zu durchlaufen hätten, würden sie wieder gleichzeitig in der Mitte eintref- fen, die Uhren wären also tatsächlich gleichzeitig gestartet worden.  1.5 Synchronisation von Uhren Damit sichergestellt ist, dass in allen Ländern der Welt die gleiche Zeitskala ver- wendet wird, müssen Uhren, die sich in den einzelnen Ländern befinden, vergli- chen und miteinander synchronisiert werden. Zu diesem Zweck verwendet man Atomuhren, an die Radiosender und -empfänger angeschlossen sind und die auf diesem Wege Synchronisationssignale austauschen können. Um zwei Uhren gemäß der obigen Definition von Gleichzeitigkeit zu synchronisie- ren, müsste man einen Radiosender in der Mitte zwischen den beiden Uhren auf- stellen und die Uhren durch ein Signal dieses Senders in Gang setzen lassen. In der Praxis berechnet man aus dem bekannten Abstand der Uhren die Laufzeit des Signals von einer Uhr zur anderen und berücksichtigt diesen Wert bei der Synchronisation. Ein anderes Verfahren zur Uhrensynchronisation, das in der Praxis angewendet wird, ist der Uhrentransport . Dabei stellt man zwei Atomuhren nebeneinander, stellt sie auf gleiche Zeitanzeige ein und bringt dann die eine Uhr an ihren Be- stimmungsort. Der Transport dieser Uhr darf allerdings nicht zu schnell vor sich gehen, da, wie wir noch sehen werden, die Bewegung der Uhr ihren Gang beein- flusst. Im Idealfall müsste der Transport sogar unendlich langsam erfolgen. 1.6 Relativistisches Beobachten Wir stellen uns, einer Idee Einsteins folgend, jedes Inertialsystem mit einem Netz von Beobachtern mit Maßstäben und synchronisierten Uhren versehen vor. Die Be- obachtung eines Ereignisses oder eines Vorganges – etwa des Vorbeifluges eines Körpers – soll so vor sich gehen, dass die am jeweiligen Ort befindlichen Beobach- ter die Zeit der einzelnen Ereignisse notieren, anschließend ihre Notizen an uns übersenden und wir aus den von allen Beobachtern übermittelten Daten den Ver- lauf des Vorganges rekonstruieren (  13.2 ). Durch diese Vorgangsweise erübrigt sich die schwierige und mühsame Berück- sichtigung von Lichtlaufzeiten bei der Ermittlung der Zeitpunkte von Ereignissen, da die einzelnen Beobachter ausschließlich Beobachtungen an ihrem eigenen Ort anstellen. Man beachte, dass ab jetzt immer dann, wenn von Beobachtungen die Rede sein wird, der soeben beschriebene Vorgang der Registrierung durch viele einzelne Be- obachter direkt am Ort des Geschehens mit nachträglicher Auswertung der Ergeb- nisse gemeint ist und nicht die Betrachtung durch einen einzelnen Beobachter, der dem Vorgang zusieht. Diese genaue Unterscheidung zwischen den beiden Begriffen „Zusehen“ und „Be- obachten“ , die durch die suggestive Wirkung des umgangssprachlichen Begriffes „Beobachten“ leider sehr erschwert wird, ist sehr wichtig, wie im Abschnitt 1.10 (S. 19) über das Erscheinungsbild von sehr rasch bewegten Körpern noch zu be- sprechen sein wird. 13.1 Bei Präzisionsexperimenten muss die Laufzeit von Lichtsignalen und von elektri- schen Signalen in Kabeln bei der Feststellung der Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse berück- sichtigt werden. Auf den Kabeln ist die Signal- laufzeit angegeben. 13.2 Um bei der Beobachtung von Ereignis- sen die Laufzeit der Lichtstrahlen nicht berück- sichtigen zu müssen, stellen wir uns vor, jedes Bezugssystem sei mit einem Netz von Beob- achtern ausgestattet, deren Position durch Maßstäbe genau festgelegt sei und die ihre Zeit an synchronisierten Uhren ablesen kön- nen. 13 | Relativitätstheorie Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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