Sexl Physik 8, Schulbuch

VERTIEFUNG UND WIEDERHOLUNG 121 | Assoc. Prof. Dr. Ille C. Gebeshuber Warum habe ich Physik studiert? Als kleines Mädchen blickte ich oft im Garten unseres Hauses in Kind- berg in der Steiermark in den Nacht- himmel. Einmal erzählte mir je- mand, dass ich in verschiedene Vergangenheiten schaue. Weil die Sterne von mir verschieden weit weg sind, kann man eventuell einen schon lange erloschenen Stern neben einem jungen Stern sehen. Ich war völlig fasziniert davon, dass es in dieser Welt mehr gibt, als sich ein kleines Mäd- chen träumen kann, und beschloss, diese magische Welt der Physik kennenzulernen. Was sind meine heutigen Aufgaben und Interessen? Wo sehe ich künftige Entwicklungen? Ich habe dann Technische Physik studiert, und auch meinen Doktor in den technischen Wissenschaften gemacht. Nach einigen wissenschaftlichen Wanderjahren, unter anderem als Post Doc in Santa Barbara in Kalifornien, und sieben wunderbaren Jahren als Professorin an der Nationalen Uni- versität von Malaysia, einem aufstrebenden Land in Südost­ asien, bin ich nun wieder glücklich an meiner wissen- schaftlichen Heimat tätig, der Technischen Universität Wien. Hier am Institut für Angewandte Physik habe ich große wissenschaftliche Freiheit und beschäftige mich mit Bionik. Ganz besonders interessiert mich das Lernen von der belebten Natur für positive Technologien, die dem Men- schen und der Biosphäre nicht schaden. Dies ist gerade in der heutigen Zeit wichtig: Wir befinden uns mitten im sechsten Massenaussterben der Arten. Und unsere jungen Physikerinnen und Physiker, die ja in Österreich eine wun- derbar breite Ausbildung erhalten, können maßgeblich dazu beitragen, die Welt ein Stückchen besser zu machen. Mit der Fähigkeit, analytisch zu denken, aktiv Probleme zu lösen, Trends und Entwicklungen zu erkennen, und – worauf ich bei „meinen“ Studentinnen und Studenten ganz genau achte – mit der belebten Natur als inspirierender Lehrmeisterin. Prof. Dr. Lisa Kaltenecker Warum habe ich Physik studiert? Als 1995 der erste Planet außerhalb unseres Sonnensystems entdeckt wurde, war ich gerade 18 Jahre alt. Die Entdeckung faszinierte mich. Um bei meinen vielfältigen Interessen herauszufinden, was mir am meisten Spaß machen könnte, habe ich bewusst fünf Studien begonnen: BWL mit Japanisch, Medienkunde, Spanisch als Dolmetscher, Astronomie und Technische Phy- sik. Bei Astronomie und Technischer Physik blieb ich dann hängen – in beiden Fächern schrieb ich Diplomarbeiten. Mit meiner Dissertation „Search for extra-terrestrial planets: the Darwin mission: target stars and array architectures“ promovierte ich 2004 sub auspiciis praesidentis an der Uni- versität Graz. Darauf bewarb ich mich erfolgreich bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA, um am Design meines (Wunsch-)Satelliten zu arbeiten. Was sind meine heutigen Aufgaben und Interessen? Wo sehe ich künftige Entwicklungen? Die Frage, ob es weitere Planeten wie die Erde und Lebens- formen ähnlich oder ganz anders als unsere Spezies im Universum gibt, beschäftigt die Menschheit seit langem. Spezialteleskope der NASA haben in den letzten Jahren hunderte Planeten in unserer Galaxie entdeckt, darunter die ersten, die unserer Erde mehr oder weniger ähnlich sein könnten. Mein Forschungsgebiet konnte ich an der Harvard University in USA und am Max-Planck-Institut für Astrono- mie in Heidelberg weiterführen, bis ich 2014 an die Cornell University, USA, berufen wurde. Dort leite ich als Grün- dungsdirektorin das Carl Sagan-Institut, benannt nach dem Pionier der Suche nach Leben auf fernen Planeten. Welche Merkmale zeigen Planeten, auf denen irgendeine Form von Leben existiert? Entscheidende Bedeutung kommt dabei dem Lichtfingerabdruck eines Planeten zu, also wel- che Spurengase in der Planetenatmosphäre auf Leben hin- weisen, und diese auch noch über Distanzen von mehreren Lichtjahren nachzuweisen! Vielleicht wird es in den nächs- ten fünf bis zehn Jahren so weit sein. Den ersten Datensatz einer zweiten Erde auf meinem Computer zu haben, die ers- ten Spuren von fremden Leben auf meinem Computer zu se- hen, davon träume ich schon. Dipl.-Ing. Dr. techn. Ille C. Gebeshuber (geb. 1969) ist mit Dipl.-Ing. Dr. techn. Mark Macqueen verheiratet. Die beiden leben in Villach und in Wien. 2017 wurde sie von ORF und der Tageszeitung „Die Presse“ zum Österreicher des Jahres (m/w) in der Kategorie Forschung gekürt. Ihre Forschung beschreibt sie im Buch „Wo die Maschinen wachsen – Wie Lösungen aus dem Dschungel unser Leben verändern werden“ (Verlag Ecowin, 2016) Prof. Dr. I. Gebeshuber forscht und lehrt am Institut für angewandte Physik der TU Wien. Bild: Frau Gebeshuber bewundert im malaysischen Dschungel die ober­ irdische Blüte der parasitären Pflanze Rafflesia, die größte Blüte der Welt. Dr. Lisa Kaltenegger (geb. 1977 in Kuchl bei Salzburg) ist mit dem portugiesischen Weltraumingenieur Felipe Pereira verheiratet und hat eine Tochter. Sie ist eine führende Forscherin für extrasolare erdähnliche Planeten. Seit Herbst 2019 ist sie „Full Professor“ an der Cornell University. 2012 erhielt sie den Heinz Maier-Leibnitz-Preis für Physik der Deutschen Forschungsgemeinschaft und – sehr passend – 2013 den Christian-Doppler-Preis des Landes Salzburg. Ihre Forschung beschreibt sie allgemein verständlich im Buch „Sind wir allein im Universum? – Meine Spurensuche im Universum“ (Verlag Ecowin, 2015) Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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