Sexl Physik 8, Schulbuch

Zum anderen nimmt die Oberfläche der Teilchen im Vergleich zu ihrer Masse stark zu, was wiederum ihre Interaktion mit der Umwelt vergrößert. Je kleiner also die Teilchen, desto reaktiver die Substanz. Eine weitere Besonderheit der Nanotechnologie ist, dass viele naturwissenschaftli- che Fachgebiete zusammenspielen. Einerseits liefert z. B. die Physik wichtige Me- thoden und Erkenntnisse (vor allem im Bereich der Quantenmechanik), anderer- seits trägt die Chemie wesentlich zum Verständnis der Struktur von Materie bei. Je nach Einsatzbereich der Materialien erreicht diese Technologie immer mehr Fach- bereiche, von der Elektronik, über Pharmazie, Informationstechnik, Automobilbau bis hin zur Medizin, Lebensmitteltechnologie und Biologie. Neue Eigenschaften durch gezielte Manipulation Neben der weiteren Miniaturisierung von Bauteilen ist es ein prinzipielles Ziel der Nanoforschung, Materialien und Strukturen mit neuen Eigenschaften wie z. B. ge- ringer Reibungswiderstand von Oberflächen, große Härte und Kratzfestigkeit von Materialien, höhere chemische Reaktivität oder größere biologische Aktivität, zu entwickeln. Dabei kommen einerseits so genannte Nanopartikel (so wird der Ver- bund von mehreren Atomen bzw. Molekülen bezeichnet) zum Einsatz. Sie werden bereits bei einer Vielzahl von Produkten (Kosmetika, Lebensmittel, Farben Lacke usw.) verwendet. Andererseits spielen bei der Erzeugung neuartiger Stoffe vor allem Kohlenstoff- Nanoröhrchen (Carbon-Nanotubes) eine wichtige Rolle. Diese Gebilde sind kleine Röhren, die man sich aus einer Grafitschicht aufgerollt vorstellen kann (  113.1 ). Die Grundbausteine der Kohlenstoffröhrchen sind ebene Sechsecke, in denen jedes Kohlenstoffatom zu drei seiner Nachbarn kovalente Bindungen eingeht und das vierte Elektron über die gesamte Struktur frei beweglich ist. Der Einsatzbereich von Kohlenstoff-Nanoröhrchen ist vielfältig: So kann man z. B. leichte und flexible Plastiksolarzellen entwickeln, die auf Handys oder Kleidung Platz finden.  Untersuche, überlege, forsche: Nanopartikel und Medizin 113.1 W 1  Eines der größten Probleme des Gesundheitswesens sind chronische Erkran- kungen wie z. B. Diabetes oder Osteoporose. Um den Umgang mit diesen Krank- heiten für die Patientinnen und Patienten leichter zu gestalten, versucht man di- verse Wirkstoffe in Nanopartikel zu verpacken und zielgerichtet durch den Körper zu schicken. Erkundige dich über die verschiedenen Möglichkeiten des Einsatzes von Nanopartikeln in der Medizin. Finde heraus, wie man z. B. versucht, Tumore gezielt mit Nanopartikeln zu behandeln.  Experiment: Rettungsdecke 113.1 E 1  Eine Rettungsdecke ist eine extrem dünne, reißfeste, wasserdichte und Wär- me isolierende Folie. Das Grundmaterial ist mit einer gold- und einer silberfarbe- nen Metallschicht überzogen. Ursprünglich speziell für die Weltraumfahrt ent- wickelt, dient sie jetzt bei Unfällen als Schutz vor Kälte und Hitze. Du brauchst: Spezialfolie, Schere, Glasgefäß, Klebeband, Aluminiumfolie, Kabel, Ohmmeter, Schiebelehre, stabförmige Kontakte, Waage Was ist zu tun? Betätige dich als Materialforscher/in und untersuche den Aufbau und die Dicke dieser Folie mit den angegebenen Hilfsmitteln. Aus welchen Mate- rialien besteht diese Rettungsdecke? Was sind ihre Eigenschaften und welche physikalischen Prinzipien werden dabei ausgenützt? Wieso kann diese Decke Schutz vor Hitze und Kälte bieten? Entwickle eigene Untersuchungen. Überprüfe diese auf ihre Durchführbarkeit. Welche Genauigkeit kannst du mit deinen Ergebnissen erreichen? Wo könnten Fehler liegen? Gefahren einer neuen Technologie? Die Nanotechnologie ist wohl eine der zukunftsträchtigsten Branchen des 21. Jahr- hunderts. Auch wenn ihre immensen technologischen Anwendungsmöglichkeiten noch nicht alle erforscht sind, so gibt es jetzt schon viele Produkte und Einsatzbe- reiche, wo Nanopartikel oder Nanoröhrchen eine entscheidende Rolle spielen. Es 113.1 Kohlenstoff-Nanoröhrchen haben sehr kleine Durchmesser (< 100nm), die Längen sind im Vergleich dazu aber sehr groß (mm). Die Röhrchen lassen sich auf verschiedene Weise aufrollen, wodurch unterschiedliche elektroni- sche Eigenschaften entstehen. 113.2 Nano-Glas: Glas, das auch bei hoher Luft- feuchtigkeit nie anläuft, ist ein Produkt der Nanoforschung. Winzige Polymerpartikel und Glas-Nanopartikel wirken wie ein Schwamm. Sie saugen die Wassertröpfchen auf und bil- den einen dünnen Wasserfilm, durch den man problemlos durchsehen kann. Ein Anwen- dungsbereich sind Autowindschutzscheiben und Brillen. 113.3 Die erste voll durchsichtige, festsitzende Zahnspange –Nanotechnologie macht sie möglich. 113.4 Nanopartikel stecken auch in manchen Zahncremes – sie verhalten sich in ihrer Größe wie eine Haselnuss zur Erdkugel 113 | VERTIEFUNG UND WIEDERHOLUNG Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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