Sexl Physik 8, Schulbuch

schung der Eigenschaften dieses Materials (maximale Dehnbarkeit bei guter Dämpfung, damit aufprallende Insekten nicht weggeschleudert werden) erwies sich als äußerst kompliziert. Um die Eigenschaften des Spinnenfadens zu reprodu- zieren, hat man nun Bakterien gentechnisch so verändert, dass sie Seidenproteine, die Ausgangsstoffe für vielfältige industrielle Produkte, erzeugen.  Untersuche, überlege, forsche: Oberflächenspannung 107.1 E 1  Die Leimtröpfchen auf einem Spinnenfaden sind regelmäßig angeordnet (  106.3 ). Ursache ist die Oberflächenspannung (Physik 5, S. 80). Eine genaue Er- klärung und eine Versuchsanordnung findest du unter physikplus.oebv.at . Lotuseffekt (  107.2–4 ): Eine für die Materialforschung sehr interessante Ent- deckung wurde in den 1970er Jahren an der Lotusblume gemacht. Ihre Blätter ha- ben die besondere Fähigkeit, sich selbst zu reinigen. Dieser Lotuseffekt findet heu- te in vielen Bereichen Anwendung. So gibt es z. B. Fassadenfarben, die Wasser und Schmutz von Hauswänden einfach abperlen lassen, oder Keramikgefäße, die nicht verschmutzen können, sowie Outdoorbekleidung, die wasser- und schmutzabwei- send ist. Die Struktur der Oberfläche spielt dabei eine wesentliche Rolle. Sie ist nicht glatt, sondern genoppt. Die Schmutzpartikel liegen daher nur auf den äußers- ten Spitzen der Oberfläche auf, wodurch aufgrund der geringen Kontaktfläche die Adhäsionskräfte zwischen den Schmutzpartikeln und der Oberfläche sinken. Die Adhäsionskräfte zwischen dem Wassertropfen und dem Partikel sind größer als zwischen dem Partikel und der Oberfläche. Daher haften die Partikel am Wasser- tropfen und werden abtransportiert. (Eine genauere Erklärung des Lotuseffekts sowie Versuche dazu findest du unter physikplus.oebv.at ). Biomimetik: Biologische Materialien wie Holz, Knochen oder Zähne sind im Laufe der Evolution von der Natur für ihre jeweiligen Anwendungen optimiert worden. Die Bauprinzipien dieser Gewebe, ihre Eigenschaften und ihre Funktion liefern für die Materialwissenschaft wichtige Erkenntnisse, die sich für „biomimetisches“ De- sign von neuartigen Werkstoffen einsetzen lassen. So wird z. B. Zellulose aus Holz gewonnen und ist daher ein nachwachsender Roh- stoff und biologisch abbaubar. Zellulosefasern zeichnen sich durch ihre Festigkeit und Elastizität aus, deren Ursachen in der Molekülform der Makromoleküle liegen, die in langen Fäden parallel zueinander angeordnet sind. Immer neue „intelligen- te“ Produkte auf Zellulosebasis werden entwickelt, z. B. piezoelektrische Fasern, die sich unter elektrischer Spannung verformen. In den Steg eines Tennisschlägers eingebaut, könnten Faserstoffe die Aufprallenergie zwischenspeichern und wieder abgeben. Seit langem verwendet man saugfähige Zelluloseprodukte zum Putzen oder zur Wundabdeckung.  Untersuche, überlege, forsche: Bionik 107.2 W 1  Das Wort Biomimetik leitet sich von den griechischen Begriffen bios (Leben) und mimesis (Nachahmung) ab. Im Deutschen verwendet man dafür auch den Begriff „Bionik“ ( Bio logie + Tech nik ). Hole Informationen über diesen Wissen- schaftsbereich ein und nenne derzeit aktuelle Forschungsgebiete! Strukturierung: Anstatt viele Stoffe zu verwenden, kommt die Natur für den Großteil ihrer Materialien mit relativ wenigen Grundelementen aus, die gezielt strukturiert werden. Viele dieser Bauprinzipien sind noch unbekannt oder physi- kalisch ungeklärt und bieten ein weites Betätigungsfeld für Materialphysiker/in- nen. Es geht darum, je nach Verwendungszweck Materialien mit optimalen Eigen- schaften zu erzeugen. Über die Struktur der Moleküle werden bestimmte Eigenschaften wie Durchlässigkeit, Festigkeit, Elastizität usw. erreicht. So haben sich z. B. im Tierreich sechseckige Formen als besonders stabil und wi- derstandsfähig erwiesen. Man findet sie z. B. in Bienenwaben oder Panzern von Schildkröten und Insekten. Nach diesem Vorbild werden stabile, leichte Ver- packungen (Wölbstrukturen) entwickelt. Sechseckige Strukturen schaffen dabei eine hohe Formsteifigkeit. Anwendungsgebiete sind Flugzeugtragflächen und leichte Karosserieteile für Autos. 107.1 Seidenfaden einer Spinne unter dem Mi- kroskop 107.3 Lotuseffekt bei Fassadenfarbe 107.2 Ein Tropfen nimmt beim Abrollen die lose auf dem Blatt liegenden Schmutzpartikel auf und reinigt so die Oberfläche. Der Lotus-Ef- fekt schützt Pflanzen gegen krankmachende Keime, wie z. B. Bakterien und Pilzsporen. Die- se werden regelmäßig durch Regen von den Blättern entfernt. Partikel 107.4 Kontaktfläche zwischen Blattoberflä- che und Wassertropfen auf einem Lotusblatt. Die Kontaktfläche ist viel kleiner als das Parti- kel selber. 107.5 Nadelholz (links) ist einfacher gebaut als Laubholz (rechts). Beide erreichen ihre Ma- terialeigenschaften durch ihre spezielle Struk- tur (schichtweise Abfolge von dichten und we- niger dichten Bereichen, wodurch Festigkeit und Flexibilität des Materials entstehen). 107 | VERTIEFUNG UND WIEDERHOLUNG Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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