Sexl Physik 7, Schulbuch

Golfstrom: Im Osten Nordamerikas und im nordwestlichen Europa herrscht heute ein gemäßigtes Klima, weil warmes Atlantikwasser vom Golf von Mexiko nach Nordosten strömt ( 78.1 ). Dort gibt das Wasser seine Wärme ab, wird damit dich- ter, sinkt bei Island in die Tiefe und fließt als Tiefenströmung zum Äquator zurück. Zum Ausgleich strömt warmes Wasser aus den tropischen Gebieten nach. Dieser Kreislauf kann unterbrochen werden, wenn sich die Dichte des Wassers bei Grön- land nicht ausreichend erhöht. Dies wäre etwa der Fall, wenn durch das Aufbre- chen von schmelzenden Gletschern Süßwasser ins Meer fließt und sich auf diese Weise die Salzkonzentration verringert. Historisch ist dieses Szenario bereits mehrfach eingetreten, zuletzt vor etwa 8000 Jahren. Mit der Änderung des Wär- mehaushalts des Atlantiks wären auch Klimaänderungen in anderen Gebieten der Erde verbunden, so etwa Dürreperioden in Afrika und Asien. Man vermutet, dass bei einer bestimmten Schwelle eines klimawirksamen Faktors (im Beispiel ist es die Temperatur), die eben beschriebenen Veränderungen abrupt vor sich gehen können und das System unter bestimmten Bedingungen plötzlich kippen kann. Die Arktis: Die Lufttemperatur der Arktis hat sich in den letzten 30 Jahren um 0,5 °C pro Jahrzehnt erhöht. Die Arktis hat sich damit in den letzten 20 Jahren achtmal so stark erwärmt wie im Durchschnitt des letzten Jahrhunderts. Die Rückzugsgeschwindigkeit des Grönland- und Polareises hat sich in den letzten 10 Jahren vervielfacht, die Eisdecke in den letzten 30 Jahren um 9% pro Jahrzehnt verkleinert. Das Schwinden der Eisdecke bewirkt eine Verstärkung des Treibhau- seffekts, weil das Meerwasser das Sonnenlicht stärker absorbiert als die Eisdecke. Die Ozeane: Ein Großteil der Wärmeenergie ist in den Ozeanen gespeichert. Die Meere speichern auch CO 2 und zwar umso weniger, je höher die Temperatur des Wassers ist. Allerdings gilt auch: Je wärmer das Meer ist, umso mehr Phytoplank- ton produziert das Meer. Und dieses verbraucht wieder CO 2 . Die Permafrostböden: Die Temperaturzunahme könnte auch bedeuten, dass die ge- waltigen CO 2 -Mengen, die im Torf gebunden sind, und das unter den Permafrostbö- den Sibiriens und Nordamerikas liegende Methan freigesetzt werden. Wasserdampf: Wasserdampf ist das wichtigste Treibhausgas. Wärmere Luft bedeu- tet auch einen erhöhten Wasserdampfgehalt der Luft, was zu einer weiteren Ver- stärkung des Treibhauseffekts führt. Wolken: Wolken absorbieren IR-Strahlung und verstärken dadurch den Treibhaus- effekt. Sie reflektieren aber auch einen Teil der Strahlung. Aerosole (wie etwa Rußpartikel) tragen als Kondensationskeime zur Wolkenbildung bei. In welchem Ausmaß Wolken den Treibhauseffekt stärken oder schwächen ist ungeklärt. Zahlreiche andere Faktoren und deren Wechselwirkung erschweren die Progno- sen. Es wird befürchtet, dass wegen der Komplexität des Systems die Überschrei- tung eines einzigen kritischen Werts ausreicht, damit Eisdecken großflächig schmelzen oder der Golfstrom zusammenbricht. Von den Vereinten Nationen wurde ein zwischenstaatlicher Ausschuss für Kli- mafragen ( Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC ) eingesetzt mit dem Auftrag, Klimamodelle zu erstellen, die der Politik als Entscheidungsgrundlage dienen können. Trotz aller Unsicherheiten gilt laut den von der IPCC erstellten Mo- dellen als gesichert, dass bis 2100 die mittlere globale Temperatur um 1,4 bis 6,8 °C steigen wird und die Niederschlagsmengen im selben Zeitraum um 5 bis 20% zu- nehmen werden. Von den Niederschlägen werden in der Hauptsache nördliche Re- gionen und tropische Gebiete betroffen sein. Neben einem massiven Rückgang der Gletscher wird ein Anstieg des Meeresspiegels bis zur Jahrhundertwende 2100 um 30–100 cm vorausgesagt. Für Österreich vermutet man, dass die Temperaturerhöhung im Alpenraum auch weiterhin größer als im globalen Mittel sein wird. Wärmeabgabe an die Atmosphäre Wärmeabgabe an die Atmosphäre Atlantik warmer Oberflächen- strom indischer Ozean Pazifik kalter, salziger Tiefen- wasser- strom 78.1 Globale Meeresströmungen. Oberfläc- hennahe Strömungen sind orange dargestellt, Strömungen am Meeresboden blau. Ein Zu- sammenbruch des Golfstroms würde in Nord- europa zu einem Absinken der Temperatur um 3–5 °C führen. Mehr dazu findest du unter: http://physikplus.oebv.at 78.2 Die „Pasterze“ (Großglockner, Österreichs größter Gletscher) 1938 (Bild oben) und 2011 (unten). Seit 1886 ist in den Alpen (Messungen am Sonnblick) die Jahresdurchschnittstempe- ratur um 1,6 Grad gestiegen. Dies führte zu einem Rückzug der Gletscher. Die Gesteins- schichten vieler Alpengipfel werden nicht mehr durch den Permafrost zusammengehal- ten. Es droht das plötzliche Abrutschen von Muren und ganzer Bergflanken. Allein die Sa- nierung des Sonnblickgipfels mit dem Obser- vatorium kostete mehr als 500 000 Euro. Lexikon: Permafrostböden sind unter der Erdober- fläche das ganze Jahr über gefroren, an der Oberfläche können sie im Sommer auftauen. Sie liegen in den Polargebieten (Tundra) und im Hochgebirge. 78 STRAHLUNGSHAUSHALT DER ERDE Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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