Sexl Physik 7, Schulbuch

Im RTM wird eine Metallspitze – so spitz, dass sich an ih- rem Ende nur ein Atom befindet – knapp, jedoch ohne di- rekten Kontakt – zeilenweise über die Oberfläche einer elektrisch leitenden Probe geführt, die Oberfläche wird ge- rastert. Es wird eine Spannung angelegt, dadurch fließt ein winziger Tunnelstrom , dessen Stärke vom Abstand der Spit- ze zu den Atomen der Probe abhängt. Die Höhe der Spitze über der Probe wird so geregelt, dass die Stromstärke wäh- rend des Abtastens konstant bleibt. Dadurch kann man die dreidimensionale Oberfläche visualisieren ( 5.1) . Auf das Raster-Tunnel-Mikroskop folgten bald ähnliche Werkzeuge zur Untersuchung von Oberflächen. Beim Raster-Kraft-Mikroskop , dem „Atomic Force Microscope“ (AFM), wird die Kraft zwischen der Spitze und den Atomen der Probenoberfläche während des Abtastens konstant ge- halten. Kräfte bis 10 −10 N und darunter werden damit mes- sbar. Die Kraft zwischen den Atomen der Probe und den Atomen in der Spitze ist eine elektrische Kraft. Die Durch- biegung des „Balkens“, der die Spitze trägt, wird mit einem Laserstrahl kontrolliert und daraus die Oberflächenstruk- tur berechnet. Die Methode eignet sich auch für nichtleiten- de Oberflächen. Die Auflösung von Strukturen bis zu atoma- rer Größe wird mit dem RTM und dem AFM möglich. Steuerspannung für das Piezoröhrchen Spitze Messung des Tunnelstroms Abstandskontrolle und Abtasteinheit Datenverarbeitung und Darstellung piezoelektrisches Röhrchen mit Elektroden Probe Tunnel- spannung 5.1 Funktion eines RTM (schematisch). Die Spitze wird horizontal und vertikal auf Bruchteile von Atomdurchmessern genau durch elektrische Spannungen an den Elektroden des piezoelektrischen Röhrchens ge - steuert. Zusätzlich liegt eine elektrische Spannung zwischen Spitze und Probe. Elektronen fließen („tunneln“) durch die Lücke zwischen Probe und Spitze. Die Spitze wird durch Heben und Senken so geführt, dass ein konstanter Strom fließt. Dabei hat sie immer den gleichen Abstand zur Probenoberfläche. Dadurch lässt sich ein dreidimensionales Bild der Oberfläche erzeugen. 5.2 Mit dem RTM können Atome verschoben werden, das nachträgliche Abtasten zeigt den Erfolg: Kupfer-Atome wurden wie Buchstaben ange- ordnet. Sie ragen aus der Unterlage. Die Größe des Bildes ist 25nm × 8nm. Ein erster Schritt zur Materialbearbeitung im Nanobereich ist damit er- folgt. Mit elektrischen Kräften lässt sich die Struktur der aus Teilchen aufgebauten Materie erforschen. Untersuche, überlege, forsche: „Sehen“? 5.1 S 2 In welchem Sinn kann man die Frage von Ernst Mach „Haben Sie schon ein Atom gesehen?“ mit dem Ras- ter-Tunnel-Mikroskop beantworten? Tunnelstrom – was ist das? Wenn bei einem Verkehrsweg ein Gebirge zu überqueren ist, erfordert dies einen großen Energieaufwand. Daher baut man Straßen- bzw. Bahntunnel. Welcher Tunnel er- möglicht es Elektronen, die Anziehung der positiven Metall- ionen der Spitze zu überwinden? Im atomaren Bereich bietet die Quantenmechanik (QM, S. 97) den Tunneleffekt als Lösung. Die QM macht Aussagen zur Wahrscheinlichkeit, Elektronen in bestimmten Raum- gebieten zu finden. Dabei tritt der im Rahmen der klassi- schen Physik unverständliche Effekt ein, dass Elektronen auf Nanometerdistanzen Bereiche durchqueren können, für die sie eigentlich zu wenig Energie besitzen. Eine kleine elektrische Spannung führt dadurch zu einem winzigen „Tunnelstrom“. Detektor und Steuerelektronik XY-Tisch Laser Photo- diode Cantilever mit Spitze Probenoberfläche 5.3 Schema eines Raster-Kraft-Mikroskops: eine nanoskopisch kleine Nadel an einem biegsamen Balken – dem Cantilever – wird zeilenweise über die Oberfläche einer Probe geführt. 5.4 Ein Stück DNA mit einem Raster-Kraft-Mikroskop betrachtet. 5 | Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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