Sexl Physik 7, Schulbuch

Strukturforschung Am 8. November 1895 fand W ILHELM C ONRAD R ÖNTGEN (1845-1923) durch Zufall die später nach ihm benannten Strahlen mit besonders großem Durchdrin- gungsvermögen. Ihre Natur konnte er jedoch nicht klären. Gehen Wellen oder Teilchen von der Röntgenröhre aus? Die Wellennatur der Röntgenstrahlen wurde 1912 durch M AX V ON L AUE (1879- 1960) in einem der wichtigsten Experimente in der Geschichte der Physik er- wiesen. Die entscheidende Frage war: Sind Röntgenstrahlen Wellen und zeigen sie daher Beugungserscheinungen oder sind sie Teilchen und gibt es bei ihnen keine Beugung? Wären sie Wellen, müssten sie extrem kleine Wellenlängen be- sitzen, für die mit mechanischen Mitteln keine geeigneten Beugungsgitter her- zustellen waren. Laue erkannte, dass sich dünne Kristallplättchen als natürli- che Beugungsgitter eignen müssten, da die Abstände zwischen den Atomen von der gleichen Größenordnung wie die von ihm vermutete Wellenlänge der Rönt- genstrahlen sind. (Allerdings war bis dahin auch der Gitteraufbau von Kristal- len nur eine Hypothese und nicht experimentell nachgewiesen.) Bereits das erste Experiment führte zu den gesuchten Beugungserscheinungen. Die Durchstrahlung eines Kupfersulfatkristalls lieferte regelmäßig angeordnete Schwärzungspunkte auf einer fotografischen Platte. Man nennt dies heute Laue- Diagramm. Damit war sowohl die Wellennatur der Röntgenstrahlen als auch der atomare Aufbau der Kristalle nachgewiesen ( 43.1 ). Das Laue-Verfahren ist heute eines der wichtigsten Mittel zur Bestimmung, wie Atome in Festkörpern angeordnet sind. Aus dem Beugungsmuster, das sich bei der Durchstrahlung ergibt, kann man mit einigem Rechenaufwand die Lage der Atome auch in sehr komplizierten Kristallen bestimmen ( Röntgen-Struktur- analyse ), wodurch seither für Physik, Chemie und vor allem für die Biologie sehr wichtige Aufschlüsse gewonnen werden. Untersuche, überlege, forsche: Entschlüsselung der DNA 43.1 S 1 Die Geschichte der Entschlüsselung des Aufbaus der DNA gehört zu den spannendsten Kapiteln der Wissenschaftsgeschichte. Informiere dich über die handelnden Personen, ihre Entdeckungen und die Methoden, die sie verwendet haben. 4.4 Informationsübertragung durch elektromagnetische Wellen Die technische Entwicklung auf dem Gebiet der Übertragung, Speicherung und Verarbeitung von Informationen hat im Laufe des 20. Jahrhunderts das mensch- liche Leben grundlegend verändert. Ein wesentliches Ziel dabei war und ist, die Übertragungskapazität zu erhöhen, d. h. immer größere Informationsmengen in immer kürzerer Zeit zu übertragen. Bis zur Mitte des 20. Jh. wurden schriftliche Nachrichten (z. B. für Nachrichten- agenturen), Börsenkurse und militärische Informationen mit dem elektrischen Telegrafen übertragen. Die Kodierung erfolgte mittels des von S AMUEL M ORSE er- fundenen Alphabets. Das um 1880 von G RAHAM B ELL erfundene Telefon löste den Telegrafen zunächst nur im Nahbereich ab. Erst als es gelang, die Stromsignale zu verstärken, wurden Fernverbindungen möglich. Die erste drahtlose Nachrichten- übermittlung gelang dem Italiener G UGLIELMO M ARCONI ( 43.3 ), der 1901 erstmals Radiosignale von England in die USA sendete. 1920 begann in den USA die erste Rundfunkstation, ein regelmäßiges Programm auszustrahlen. Von den Anfängen der Informationsübertragung bis heute hat sich die dazugehöri- ge Technik ständig und sehr schnell verändert. Statt analoger gibt es nun digitale Übertragungstechnik, d. h. die Daten für die Übertragung (bzw. auch Speicherung) werden binär kodiert. Die Übertragung erfolgt entweder über Glasfaser- und Kup- ferkabel oder über Richtfunk (Gigahertz-Bereich). Letztere werden über Satelliten und/oder über stationäre Sendestationen gesendet. Die Datenmengen, die so über- tragen werden können, sind sehr groß. Damit haben sich die Möglichkeiten der Übertragung von Rundfunk, Fernsehen und Internet wesentlich verbessert. 43.3 G UGLIELMO M ARCONI (1874–1937) konnte bereits 1896 elektromagnetische Wellen auf eine Entfernung von einigen hundert Kilo- metern übertragen und schuf damit die Grund- lagen des modernen Nachrichtenwesens. Sein Empfänger bestand aus einer mit Metallpulver gefüllten Röhre. Ihr Widerstand änderte sich beim Auftreffen elektromagnetischer Wellen. Sender Empfänger 43.4 Eine Lampe dient als Messinstrument. Die Ladungen im Empfangsdipol werden durch das Wechselfeld des Sendedipols beschleunigt und zum Schwingen angeregt. Der Empfangs- dipol verhält sich wie eine Antenne. Röntgenstrahl Kristall Fotoplatte mit Beugungsbild 43.1 Da die Wellenlänge der Röntgenstrah- len im atomaren Bereich liegt, werden sie an den regelmäßig angeordneten Gitterebenen eines Kristalls gebeugt. Man erhält dadurch ein „Bild“ des Kristallaufbaus. 43.2 Die Röntgenbeugungsaufnahme eines DNA-Kristalls durch R OSALIND F RANKLIN (1920– 1958, britische Chemikerin) ermöglichte die Entschlüsselung der DNA-Struktur. Auf diese Weise haben W ATSON und C RICK den Aufbau der DNA entdeckt. 43 | ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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