Sexl Physik 7, Schulbuch

4.3 Elektromagnetische Wellen übertragen Energie Wir sind umgeben von elektromagnetischen Wellen verschiedener Frequenzen, die teilweise natürlichen Ursprungs sind, teilweise vom Menschen erzeugt werden. Nur einen kleinen Ausschnitt des Spektrums, das sichtbare Licht und die Temperaturstrahlung, kann der Mensch über Sinnesorgane wahrnehmen. Für UV-Strahlung, Röntgen- oder γ -Strahlung braucht er „künstliche Sinnesorgane“, so genannte Detektoren. Im folgenden Abschnitt sollen beispielhaft Bereiche des elektromagnetischen Spektrums behandelt werden, bei denen (teilweise) die Nut- zung der Energie dieser Wellen eine Rolle spielt. Mikrowellen im Haushalt Im Mikrowellenherd erzeugt ein Generator für hochfrequente Schwingungen, ein so genanntes Magnetron ( 41.1 ), elektromagnetische Wellen mit einer Wellen- länge von 12 cm . Diese werden über ein Metallrohr (Hohlleiter) zum Garraum gelei- tet. An den Metallwänden des Garraumes werden die Wellen reflektiert, so dass der ganze Raum von stehenden elektromagnetischen Wellen erfüllt ist. Wasser in den Speisen absorbiert die Mikrowellen, die H 2 O-Moleküle werden zum Rotieren und Schwingen angeregt. Die Wassermoleküle führen untereinander und mit anderen Molekülen Stöße aus, dies führt zu einer gleichmäßigen Erwärmung der Speise. Dabei ist es wichtig, dass im zu erwärmenden Material bewegliche H 2 O-Moleküle vorhanden sind, denn nur sie können sich bewegen. Dies zeigt sich z. B., wenn man einen Eismarillenknödel in einem Mikrowellenherd erwärmt; während die äußere Schicht (Teig) heiß wird, bleibt die gefrorene Marille kalt, da im Eis die H 2 O-Mole- küle stärker gebunden sind. Ein Austreten der Mikrowellenstrahlung wird durch die Konstruktion des Gerätes (z. B. Metallgitter im Sichtfenster) verhindert. In unmittelbarer Nähe des Geräts ( 5 cm Entfernung) darf eine Strahlungsleistung von 5mW/cm 2 nicht überschritten werden. Führt der Mikrowellenherd zu einer chemischen Veränderung der Spei- sen? Berechne zur Klärung dieser Frage unter der Annahme, dass die Frequenz der Mikrowellen ca. 2450 MHz beträgt, die Energie mit E = h · f (in eV) und vergleiche diesen Wert mit den für chemische Reaktionen typischerweise notwendigen Ener- giebeträgen von rund 1 eV . Eine chemische Veränderung von Speisen bei der verwendeten Energie ist also praktisch ausgeschlossen. (Im Freiland ist das Gemüse dem Sonnenlicht mit einer typischen Energie von 4 eV ausgesetzt.) Es ist aber wichtig, das richtige Kochge- schirr zu verwenden, da sich bei nicht mikrowellengeeigneten Kunststoffen Weich- macher herauslösen und eine toxische Wirkung hervorrufen können. Experiment: Mikrowellenherd 40.1 E 1 Du brauchst: Mikrowellenherd, Gurkenglas, Eier, Marshmallows, schwarzes Papier Lege ein rohes Ei auf einen Teller und stülpe ein etwas größeres Gurkenglas darü- ber. Diese Anordnung kommt in den Mikrowellenherd (ohne Drehteller). Was kannst du beobachten? Kannst du deine Beobachtungen erklären? Wiederhole den Versuch mit dem Drehteller im Mikrowellenherd. 40.2 E 1 Ordne Marshmallows in regelmäßigen Abständen auf schwarzem Papier an und lege dieses in den Mikrowellenherd (ohne Drehteller). Herdeinstellung: höchs- te Stufe, 30–45 Sekunden. Die Marshmallows blähen sich an manchen Stellen auf ( 40.2) , da die Interferen- zen der Mikrowellen im Garraum des Mikrowellenherdes ein Muster bilden, des- sen Maxima als Hot Spots bezeichnet werden. Die Hot Spots haben eine gegensei- tige Entfernung gleich der halben Wellenlänge der Mikrowellenstrahlung. Diesen Versuch kannst du auch mit einer Tafel Schokolade durchführen. Du lässt sie so lange im Garraum, bis die ersten Stellen geschmolzen sind. Danach misst du den Abstand der geschmolzenen Stellen (VORSICHT: HEISS!). Schätze aus den Er- gebnissen der Messung die Wellenlänge von Mikrowellen ab. Es wird erzählt, dass im Jahre 1946 der Amerikaner P ERCY L. S PENCER während einer technischen Testreihe in einem Labor etwas Seltsames bemerkte. Ein Erdnuss- schokoriegel in seiner Jackentasche war geschmolzen. Ähnliche Dinge waren schon anderen Mitarbeitern aufgefallen, nur Spencer wollte mehr darüber wissen. Er stellte eine Packung Popkornmais in die Nähe eines Magnetrons, woraufhin sich die explodierenden Maiskörner über das ganze Labor verteilten. Am nächsten Tag schnitt er ein Loch in die Seite eines Kochtopfes und brachte darin die Antenne an. Er legte ein rohes Ei in den Topf und schaltete das Magnetron ein. Ein neugieriger Mitarbeiter Spencers hob den Deckel des Topfes etwas zu früh, um nach dem Ergebnis zu sehen. Das Ei explodierte und das Gesicht des Neugierigen war voll mit den heißen Resten des Eis. So entdeckte Spencer, dass man mit hochfrequenten Mikrowellen- strahlungen kochen kann. Aus diesem ein- fachen Experiment heraus entwickelte Spencer den ersten Mikrowellenherd. In der Wechselwirkung mit Materie überträgt elektromagnetische Strahlung (Frequenz f ) Energie in „Paketen“ E = h · f . h ist eine Natur- konstante. (s. S. 89) Energieeinheit Elektronvolt : 1 eV = 1,6 · 10 –19 Js. 2 5 1 3 4 6 7 8 9 10 11 40.1 Aufbau eines Mikrowellenherdes 1 Bodenplatte 7 Hohlleiter 2 Gehäuse 8 Koppelstift 3 Garraum 9 Magnetron 4 Deckplatte 10 Kühlgebläse 5 Reflektorflügel 11 Elektronik 6 Einkopplung 40.2 Marshmallows nach einer Mikrowellen- behandlung. Es haben sich so genannte Hot Spots gebildet. 40 ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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