Physik Sexl 6 RG, Schulbuch

1.1 Elektrizität von 1600 bis heute Schon im antiken Griechenland war folgendes Phänomen bekannt: Reibt man ein Stück Bernstein oder trockenes Harz mit einem Wolltuch, dann zieht es kleine Fe- dern, Fusseln oder Spreu (Getreideschalen) an. Während die Entwicklung von Ma- schinen bereits in der Antike praktische Bedeutung für den Alltag erlangte und zur Wissenschaft der Mechanik führte, wurden die elektrischen Phänomene lange nicht weiter untersucht. Im Jahre 1600 veröffentlichte W ILLIAM G ILBERT (1544–1603), Leibarzt der Königin Elisabeth I. von England und Zeitgenosse von J OHANNES K EPLER (1571–1630) und G A - LILEO G ALILEI (1564–1642), seine Untersuchungen über Magnete . Er entdeckte, dass Magnete Pole haben, geriebener Bernstein jedoch nicht. Magnete ziehen Eisen an, Bernstein zieht hingegen leichte Dinge an. Gilbert entdeckte im Zuge dieser Expe- rimente noch weitere Materialien, die diese „vis electrica“ – die elektrische Kraft – aufweisen. Diesen neuen Namen leitete er vom griechischen Wort für Bernstein, Elektron, ab. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die „Bernsteinkraft“ bei vornehmen festlichen Gesellschaften und auf Jahrmärkten publikumswirksam vorgeführt Sie erweckte Aufmerksamkeit, weil man mit Menschen experimentierte. Man erfand Maschinen zur Erzeugung von „Reibungselektrizität“ und entdeckte, dass Metalle die Elektri- zität weiterleiten. Ebenfalls in dieser Zeit fand man heraus, dass es zwei verschie- dene Arten von Elektrizität gibt, nämlich positive und negative. 1752 entdeckte der amerikanische Forscher und Politiker B ENJAMIN F RANKLIN (1706– 1790), dass Blitze elektrische Entladungen innerhalb von Wolken, bzw. zwischen Wolken und der Erde sind. Der von Franklin erfundene Blitzableiter wurde sehr bald auf Kirchtürmen, Schlössern und Pulvertürmen als wirksamer Schutz mon- tiert. Im Jahr 1800 erfand der italienische Physiker A LESSANDRO V OLTA (1745–1827) die elektrochemische Batterie . Sie liefert starke elektrische Ströme mit gleich bleiben- der Stärke. Dadurch wurde die Erforschung der Elektrizität erleichtert, so dass im 19. Jh. wichtige Erkenntnisse zur Elektrizität gewonnen wurden, z. B. die magneti- sche Wirkung von Strömen, die Erzeugung von Strömen durch wechselnde magne- tische Kräfte, die Gesetze der Stromleitung und schließlich die Entdeckung der elektromagnetischen Wellen. Sie bilden die Grundlage der Elektrotechnik . Im 20. Jh. hat die Quantenphysik das Verständnis der Elektrizität vertieft (s. Phy- sik 7). Die Erfindung des Transistors und die Entwicklung integrierten Schaltkreise (ICs) hat die Kommunikations-, Steuerungs- und Computertechnik revolutioniert. 1 Ladung und Spannung In diesem Kapitel erfährst du, − die geschichtliche Entwicklung der Elektrizität, − elektrische Ladungen und die Kräfte zwischen ihnen, − den Aufbau der Materie aus elektrisch geladenen Teilchen, − Möglichkeiten, Ladungen voneinander zu trennen, − einfache Versuche zur Erzeugung von elektrischer Spannung und − wie Elektrizität Leben retten kann. 70.1 Warum auch der Mensch elektrische Spannungen erzeugt und was sie über die Funktion des Herzens sagen, erfährst du in diesem Kapitel. 70.2 Der Naturforscher G ILBERT führt Königin Elisabeth von England die „vis electrica“ vor. 70.3 Eines der Experimente, die der Belusti- gung dienten. Der englische Physiker S TEPHEN G RAY (1666–1736) lud dieses Kind elektrosta- tisch auf. Das Kind zog dadurch Papierschnitzel an. Damit der Knabe seine elektrische Ladung behielt, schwebte er an isolierenden Seiden- schnüren. 70 E-LEHRE Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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