Physik Sexl 6 RG, Schulbuch

Aktuelle Forschung am Europäischen Forschungszentrum CERN in Genf (Schweiz) Am Forschungszentrum CERN wird geforscht, aus welchen fundamentalen Be- standteilen die Materie besteht und welche Kräfte zwischen den Elementarteil- chen wirken. Der derzeit leistungsfähigste Beschleuniger der Welt, der Large Hadron Collider (LHC), befindet sich in einem unterirdischen ringförmigen Tun- nel von ca. 27km Länge. Darin kreisen in zwei Vakuumröhren Protonen fast mit Lichtgeschwindigkeit in entgegengesetzten Richtungen. In Nachweisgeräten (engl. detector) kreuzen sich die Bahnen, wodurch einige Protonen frontal zu- sammenstoßen. Dabei ist der Gesamtimpuls Null. Ihre gesamte Energie wird zur inneren Energie eines sog. Feuerballs, der unmittelbar darauf in zahlreiche, meist extrem kurzlebige Teilchen zerfällt. Die Bahnen elektrisch geladener Teil- chen werden im Detektor elektronisch registriert und ihre Energien und Impul- se berechnet. Mittels gemeinsamer Energie- und Impulsbilanzen für mehrere Teilchen wird überprüft, ob sie das Zerfallsprodukt eines anderen kurzlebigen Teilchens sein können. (Mit „kurzlebig“ sind Lebensdauern unter 10 –16 s zu ver- stehen.). Neben dem genaueren Studium bekannter Bausteine der Materie sucht man nach weiteren subatomaren Teilchen, um damit Hypothesen über den Auf- bau der Materie zu testen. (Mehr dazu in Physik 8.) Hubschrauberflug – Rückstoßprinzip Eine Nutzanwendung des Impulserhaltungssatzes ist der Antrieb durch Rück- stoß . Das Prinzip nutzen Tintenfische seit 500Mio. Jahren: Indem sie einen Strahl Wasser ausstoßen, beschleunigen sie sich in die Gegenrichtung. Damit ein Hubschrauber schwebt, wird von den Rotorblättern Luft nach unten beschleunigt. Nach dem Wechselwirkungssatz (3. Newton’sches Gesetz) ergibt sich eine Reaktionskraft auf die Rotorblätter. Sie muss im Schwebeflug die Ge- wichtskraft F G kompensieren, im Reiseflug auch den Vortrieb liefern. Um uns ein grobes Bild des notwendigen Luftstroms zu machen, betrachten wir den Polizei- und Rettungshubschrauber Eurocopter EC135 . (Masse maximal ca. 3 000 kg , Leistung P der zwei Motoren insgesamt ca. 1,2MW . Der Rotor mit einem Durchmesser von ca. 10m überstreicht eine Kreisfläche A ≈ 80m 2 .) Wir suchen die Geschwindigkeit v , mit der die zuvor ruhende Luft nach unten strömen muss, und den entsprechenden Luftstrom in m 3 /s . In der Zeit ∆ t wird eine Luftsäule mit der Länge v ·∆ t und dem Querschnitt A durch den Rotor befördert. Ihre Masse beträgt m L = ρ L · A · v ·∆ t ( ρ L Dichte der Luft). Die Impulsänderung der Luft ∆ p = m L · v ergibt den zum Schweben benötig- ten Kraftstoß F G· ∆ t : F G ·∆ t = ρ L · A · v 2 ·∆ t . Auflösen nach v ergibt v = 9 ____ F G _ ρ L · A Einsetzen der Daten des Eurocopter ergibt v ≈ 17,7m/s oder ca. 64 km/h . Der Luftstrom A · v ist 80m 2 · 17,7m/s ≈ 1 400m 3 /s , bzw. 1700 kg/s . Wegen der ge- ringen Luftdichte ρ L ≈ 1,2 kg/m 3 ( 20 ° C , Meeresniveau) muss sehr viel Luft bewegt werden. Welche Motorleistung P wird gebraucht? P = F G · v = 30 kN · 17,7m/s = 530 kW , also weniger als die halbe maximale Leistung von 1,2MW – schließlich soll der Hub- schrauber auch beschleunigt werden – und der Ausfall eines Motors sollte nicht zum Absturz führen. 13.1 Der Eurocopter EC 135 ist ein vielfach ein- gesetzter Rettungshubschrauber. Gewicht Luftwiderstand Auftrieb F II F  13.2 Die Reaktionskraft der nach unten beschleunigten Luft liefert den Auftrieb. Beim Flug mit konstanter Geschwindigkeit und konstanter Flughöhe kompensiert die Vertikal- komponente das Gewicht, die Horizontal- komponente den Luftwiderstand. 13.3 Im Luftbild ist die Lage des LHC einge- zeichnet. Das Bild im Vordergrund zeigt die Beschleunigerröhre, in der sich die Vakuum- röhren für die Protonen und die mit flüssi- gem Helium gekühlten Magnetspulen befin- den, mit denen die Protonen auf Kreisbahnen geführt werden. 13 | MECHANIK 2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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