Physik Sexl 6 RG, Schulbuch

Antwort auf die Eingangsfrage: Die Entstehung von Gewittern B ENJAMIN F RANKLIN (1706–1790, Naturforscher und einer der Gründer der USA) stellte 1752 fest, dass die Unterseite ei- ner Gewitterwolke meist negativ geladen ist. Franklins Forschungen führten zur Erfindung des Blitzableiters. Die Gewitterwolke funktioniert wie ein riesiger Bandgene- rator. Mechanische Energie der Aufwinde wird in elektri- sche Energie umgewandelt. Gewitterwolken entstehen, wenn feuchte, warme Luft vom Boden aufsteigt. Dabei kühlt sie durch Ausdehnung ab. Der enthaltene Wasser- dampf kondensiert zu kleinen Tröpfchen, Kondensations- wärme wird frei. Deshalb ist die aufsteigende Luft wärmer als die Luft in der Umgebung und steigt in eine Höhe von 10 bis 15 km . Die detaillierten Vorgänge, die zur Aufladung von Wolken führen, sind auch heute noch nicht vollständig geklärt. Die elektrische Ladung einer voll entwickelten Gewitterwolke verteilt sich auf drei Bereiche: Der Oberteil der Wolke, der sich etwa 12 km hoch ans Ende der Troposphäre, des Bereichs des Wettergeschehens, er- streckt, ist positiv geladen. Dort beträgt die Temperatur etwa –60 °C . Die negative Ladung ist in einer wenige hundert Meter dicken Schicht in etwa 6 km Höhe bei –15 °C konzentriert. Darunter befindet sich eine weitere, nur schwach ausge- prägte Zone positiver Ladung in rund 2 km Höhe. 103.1 Ladungs- und Temperaturverteilung in einer voll entwickelten Gewitterwolke. Die folgende Erklärung der Ladungstrennung in der Wolke wird von Laborexperimenten gestützt: Mikroskopisch klei- ne Eiskristalle und unterkühlte Wassertröpfchen werden durch den Aufwind in den Oberteil der Wolke getragen. Dabei wachsen Eiskristalle zu millimetergroßen Eiskörn- chen, den Graupelkörnern, die vom Aufwind nicht mehr höher getragen werden und zu fallen beginnen. Sie kolli- dieren mit aufsteigenden Eiskristallen, dabei wird Ladung übertragen. Unterhalb von etwa –15 °C geben Eiskristalle negative La- dung an die Graupelkörner ab und werden dadurch positiv. Sie werden vom Aufwind in den oberen Teil der Wolke ge- tragen bilden einen diffusen Bereich positiver Ladungen. In der –15 °C -Zone der Atmosphäre geben die negativ gela- denen Graupelkörner ihre Ladung an die Eiskristalle ab, die sich dadurch negativ aufladen und eine schmale, stark negative Schicht in der Wolke bilden. Im weiteren Fallen laden sich die Graupelkörner positiv auf und bilden den schwach positiven unteren Rand der Wolke, bevor sie als Regenschauer zur Erde fallen. Das elektrische Feld an der Erdoberfläche wird hauptsäch- lich durch die negative Ladungszone der Wolke bestimmt. Durch Influenz wird unter der Wolke die negative Ladung der Erdoberfläche verdrängt, so dass sich dort positive La- dung aufbaut. Das System Gewitterwolke-Erdoberfläche verhält sich wie ein riesiger Doppelkondensator, dessen äußere Platten (Wolkenobergrenze, Erdoberfläche) positiv geladen sind, während die mittlere Platte (Wolkenunter- grenze) eine negative Ladung trägt. Die Spannung zwi- schen Erdboden und Wolke beträgt einige 10 Mio. Volt. Übersteigt die elektrische Feldstärke lokal 10 6 V/m , beginnt die Blitzentladung. Sie wird von einem Vorblitz eingeleitet, der sich vom unteren Rand der negativen Zone zur Erd- oberfläche vorschiebt. Elektronen ionisieren die Luft und bilden schrittweise kurze (ca. 50m lange) Stücke des Blitz- kanals. Wenn der Blitzkanal Bodennähe erreicht, setzt der Haupt- blitz ein. Durch die hohe Feldstärke unter dem Blitzkanal beginnt an der Erdoberfläche eine Spitzenentladung, durch die positive Ionen über den Blitzkanal zur Wolke fließen. Ströme von etwa 20 kA fließen zwischen Wolke und Erde. Der Hauptblitz verursacht das Leuchten und Donnern. Die im elektrischen Feld beschleunigten positiven Ladungen ionisieren durch Stöße andere Luftmoleküle und führen zu einer lawinenartigen Vermehrung der positiven Ionen. Die Luft verwandelt sich dadurch in ein Plasma, welches durch den Stromfluss auf 30 000 °C erhitzt wird, hell zu leuchten beginnt und schließlich zum elektrischen Lichtbogen wird. Der Knall erfolgt durch die schlagartige Ausdehnung der erhitzten Luft. 90% der Blitzüberschläge erfolgen inner- halb der Wolke. 103.2 Globale Verteilung der Häufigkeit von Blitzeinschlägen pro Jahr und km 2 . In Österreich betreibt ALDIS (Austrian Lightning Detection and Information System) weltweit anerkannte Blitzfor- schung. (http://www.aldis.at ) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Kilometer T = +10 °C T = -15 °C Tropo- sphäre Strato- sphäre 103 | FELDER Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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