Das Zahlenbuch 1, Begleitband für Lehrerinnen und Lehrer mit CD-ROM

38 Themenblock Orientierung im Zwanzigerraum Mathematische und didaktische Grundlagen Es ist keine Frage, dass [es Kindern] leichter fällt, [Einzelheiten zu lernen], wenn sie über die Gesamtheit der anstehenden Lernaufgaben richtig vorinformiert sind. Margaret Donaldson Der Hunderterraum ist der natürliche Rahmen für das Einmaleins, denn die größte Aufgabe, die man in der Didaktik zum Einmaleins rechnet, ist 10×10=100. Ganz analog ist der Zwanzigerraum der natürliche Rahmen für das Einspluseins, denn 10+10=20. Ganzheitliche Einführung in den Zwanzigerraum Nach den Vorstellungen der alten Rechendidaktik, die den Un- terricht über Jahrhunderte bestimmten und heute noch in vielen Köpfen stecken, wurde in den Zahlraum gestuft eingeführt. Der Unterricht verharrte lange im Fünfer- oder Sechserraum, dann nochmals mindestens bis zum Ende des ersten Halbjahrs im Zeh- nerraum, bevor die Zahlen bis 20 eingeführt wurden und nach dem Rechnen innerhalb des zweiten Zehners schließlich der Zeh- nerübergang an die Reihe kam. Das Zahlenbuch führt in den Zwanzigerraum im Gegensatz dazu ganzheitlich ein und zwar so, dass das formale Rechnen zurück gestellt wird. Für die Entwicklung von Zahlvorstellungen, ist der größere Zahlraum eine große Hilfe, weil das Verständnis ge- fördert wird. „Ganzheitlich“ heißt natürlich nicht, dass von den Kindern sofort verlangt wird, sich im gesamten Zwanzigerraum sofort sicher zu bewegen, was vielen Kindern nicht möglich ist. Es heißt nur, dass dieser Raum als „Spielraum“ zur Verfügung steht und die Kinder Anregungen erhalten, sich in diesen Raum einzuleben. Das Zahlenbuch bietet hierzu verschiedene Durch- gänge an, bei denen der Zwanzigerraum jeweils unter anderen Aspekten, mit anderen Anschauungsmitteln und anderen Auf- gabenstellungen neu erschlossen wird. Die Kinder erhalten also mehrere Gelegenheiten, sich mit dem Zwanzigerraum vertraut zu machen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die Einsicht in das dekadische System. Wenn die Zahlen 11, 12, …, 19 klar als Zusammensetzungen von einem Zehner und Einern verstanden werden, sind Analogien wie 5+3 und 15+3 oder 5+5 =10 und 15+5=20 kein Problem. Frühe Einsicht in das Zehnersystem Für die Einsicht in das dekadische System hat es sich als hilfreich erwiesen, die Kinder schon vor der Behandlung des Zwanziger- raums einen Blick auf den Hunderterraum werfen zu lassen, weil erst in diesem Raum die Unterscheidung zwischen Zehnern und Einern als eigenen Zahleinheiten deutlich wird. Das ist bei uns besonders nötig, denn die deutsche Zahlsprechweise verwischt diese Trennung. Im Chinesischen z. B. werden die Zahlen 11 bis 20 explizit als „1 Zehner und 1“, „1 Zehner und 2“, …, „1 Zehner und 9“, „2 Zehner“ gesprochen, was chinesischen Kindern einen strategischen Vorteil verschafft. Im Deutschen tanzen „elf“ und „zwölf“ völlig aus der Reihe und „zwanzig“ ist sprachlich nicht so- fort als „2 Zehner“ erkenntlich. Dass in den meisten Sprachen die Zehnerstelle vor der Einerstelle gesprochen wird, ist mit Blick auf die vielen Kinder mit Migrationshintergrund ein weiterer Grund die Trennung zwischen Zehnern und Einern früh bewusst zu ma- chen. Argumente für diese Weg ergeben sich auch aus der rus- sischen Didaktik. Dort wird nachdrücklich empfohlen Zahlen früh sogar auf beliebige Zahleinheiten zu beziehen. Bei den früheren Ausgaben des Zahlenbuchs wurde im Begleit- band empfohlen, am Beginn der Orientierung im Zwanzigerraum einen Blick auf die am Schluss angefügten Seiten „Ausblick auf den Hunderterraum“ zu werfen. Jetzt wird dieser Ausblick im Buch aus den o. g. Gründen vorgezogen (Seiten 26–27). Auch bei der Doppelseite 28–29 wurden Änderungen vorgenommen: ers- tens wird jetzt die Stellentafel in die Tabelle einbezogen, zweitens wird die Tabelle über 20 hinaus um eine Zahl verlängert. Auf der Seite 27 kommt in Aufgabe 4 auch die Zahl 27 vor. Dies ist ein Anlass auf das kleine Hunderterfeld zu verweisen, das im Zah- lenbuch unten neben den Seitenzahlen mitgeführt wird und eine ständige Gelegenheit bietet, den Blick auf den Hunderterraum und am Schluss sogar darüber hinaus zu werfen. Damit soll aber keineswegs die Überschreitung des Zwanziger- raums forciert werden. Wir favorisieren „den nach oben offenen Zwanzigerraum“ an. Die Kinder erhalten im Zahlenbuch viele Gelegenheiten, diesen Zahlenraum individuell zu überschreiten. Aber das Zahlenbuch ist nicht auf das Rechnen mit immer grö- ßeren Zahlen fixiert. Viel wichtiger ist die mathematische Durch- dringung des Rechnens. Für letztere bietet der Zwanzigerraum von der Mathematik aus wunderbare Möglichkeiten. Sogar für ein Juwel wie das „Zauberquadrat“ auf der Doppelseite 121 reicht dieser Zahlenraum aus. Strukturierung des Zehnerraums Mit dem Blick auf den Zwanziger- und den Hunderterraum wird der Zehnerraum keineswegs außer Kraft gesetzt. Die Zerlegung von Zahlen in kleinere Zahlen und die Zusammensetzung von kleineren Zahlen zu größeren Zahlen bleibt Thema. Die Blitzre- chenübungen „Zerlegen“ und „Immer 10 (Ergänzen bis 10)“ spie- len sich ganz im Zehnerraum ab. Auch in diesem Themenblock werden noch keine Rechnungen aufgeschrieben. Der Nachdruck liegt ganz auf der Entwicklung von Zahlvorstellungen und in Verbindung damit auf dem „rech- nenden Zählen“. Eine zu frühe Einführung der formalen Notation von Rechnungen ist schädlich, gerade für schwächere Kinder. Aufbau des Themenblocks Auf den Seiten 26–27 wird der Zehner als neue Zahleneinheit be- wusst gemacht. Wichtiges Darstellungsmittel ist die Stellentafel. Die Doppelseite 28–29 setzt die Seite 24 fort. Die Zahlen 11 bis 21 werden unter Betonung der Fünfer-/Zehnerstruktur einge- führt. Da die Zahl 0 von Anfang an mitgeführt wurde, können die Zahlsymbole 10 und 20 im Kontrast zu den anderen Zahlsymbo- len in ihrer vollen Bedeutung erfasst werden. 10 bedeutet „1 Zeh- ner, 0 Einer“, 20 bedeutet „2 Zehner, 0 Einer“. Das Zwanzigerfeld bleibt hier aber noch im Hintergrund (s. später Seite 39). Auf der Doppelseite 30–31 dominiert der Zählzahlaspekt. Auch die Zahlenreihe widerspiegelt die Fünferstruktur. Das Arbeitsmittel „Wendekarten“ (Seiten 34–35) stellt eine Syn- these zwischen dem Anzahl- und dem Zählzahlaspekt dar und ist daher für das Verständnis des Zahlbegriffs sehr wichtig: Die Wen- Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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