Das Zahlenbuch 1, Begleitband für Lehrerinnen und Lehrer mit CD-ROM

170 Grundkonzeption des Zahlenbuchs 5. Lern- und Leistungskontrollen Kinder werden nicht dadurch größer, dass man sie ständig misst. Anonymus Eltern, Lehrer und Schulbehörden möchten aus unterschied­ lichen Gründen wissen, welche Voraussetzungen Kinder zur Schule mitbringen, welche Fortschritte sie machen und inwieweit die vorgesehenen Ziele am Ende von Schuljahren oder Schulstu- fen erreicht worden sind. Die Kinder möchten auch selbst wissen, wie sie vorangekommen sind und wo sie stehen. Aus der Sicht der Schulaufsicht sind bei der Lern- und Leistungs- kontrolle immer zwei Aspekte involviert: Diagnose und Beurteilung (Benotung). Diese Aspekte werden oft nicht getrennt, was nicht nur deshalb geschieht, weil „Diagnose“ in der Außendarstellung freundlicher klingt als „Benotung“, sondern weil sich diese Aspek- te auch schwer trennen lassen: Auch aus Lernzielkontrollen am Ende der Behandlung eines Stoffabschnitts, die zur Leistungsfest- stellung dienen, lassen sich Informationen darüber entnehmen, welche Fertigkeiten im weiteren Unterricht nochmals geübt wer- den müssen. Neben Formen der Lern- und Leistungskontrolle, die Teil des Un- terrichts sind, spielen externe Formen der Kontrolle, die in den letzten Jahren von den angelsächsischen Ländern unkritisch übernommen wurden, leider eine immer größere Rolle. Bildungs- politiker und Bildungsforscher versprechen sich von national und international organisierten Vergleichstests (VERA, PISA & Co.) eine „Qualitätssicherung“ von „Bildungsstandards“, obwohl eine sorgfältige Analyse des wahren Bildungsniveaus in diesen Län- dern dafür keinerlei Grundlage bietet. Die Autoren des Zahlen- buchs beurteilen diese Entwicklung äußerst kritisch. 5 Sie sehen sich aber auch verpflichtet, Lehrerinnen und Lehrern zu helfen, sich mit diesen aufgezwungenen Formen der Lernkontrolle so zu arrangieren, dass inhaltliche Lernfortschritte, die im eigentlichen Interesse der Kinder liegen, möglichst wenig gefährdet werden. Dies soll im Folgenden zuerst kurz aufgezeigt werden, bevor aus- führlicher auf sinnvolle Formen der Lernkontrolle eingegangen wird, die organisch in den Lernprozess eingebaut sind und zu einer echten Leistungssteigerung führen ( systemische Qualitäts- sicherung ). Externe Tests Das Zahlenbuch bereitet die Kinder inhaltlich auf externe Tests folgendermaßen vor: –– Die inhaltlichen und allgemeinen Lernziele (Kompetenzen) der Bildungsstandards werden im Zahlenbuch gründlich und um- fassend behandelt. Ziel dabei ist die Entwicklung von mathe- matischem Verständnis. Der durchgehende „Blitzrechenkurs“ sorgt für sicheres Grundwissen. Aber auch die allgemeinen Lernziele werden umfassend behandelt: Die Kinder lernen, Muster zu entdecken, fortzusetzen und zu begründen, und sie lernen, ihre Überlegungen mündlich und schriftlich zu for- mulieren. Ein schlüssiger Sachrechenkurs, bei dem die Kinder lernen, Situationen der Lebenswelt mathematisch zu durch- dringen, zieht sich systematisch durch alle Bände. Damit wird das volle Spektrum der Bildungsstandards abgedeckt. Alle Ar- 5 s. dazu die Dokumentation der VERA-Kontroverse auf der „mathe 2000“-Homepage www.tu-dortmund.de/mathe2000 beitshefte enden mit einer zusammenfassenden Wiederho- lung der zentralen Lernziele. –– Das Zahlenbuch leitet dazu an, Aufgabentexte selbstständig zu erschließen und mathematisch sinnvoll zu bearbeiten. Zur Vorbereitung auf externe Tests ist es darüber hinaus erforder- lich, die Kinder anhand von Beispielaufgaben und Beispieltests auch in Besonderheiten der Bearbeitung von Testaufgaben ein- zuführen, die mit Mathematik nichts zu tun haben, z. B. in das Ankreuzen von Ergebnissen bei multiple choice-Aufgaben, das Notieren von Ergebnissen am dafür vorgesehenen Platz, evtl. auch das Arbeiten unter scharfer Zeitbegrenzung, das Vorziehen von Aufgaben, die man schnell versteht und lösen kann. Diese Vorbereitung muss nebenher geleistet werden, sie darf nicht zu Lasten der eigentlich wichtigen systemischen Formen der Lern- kontrolle gehen, die im Folgenden ausführlich erläutert werden. Eingangstests Vor Beginn einer neuen Schulstufe werden Eingangstests benutzt, um sich ein erstes Bild von den Kindern zu machen, den eventuell nötigen Förderbedarf einzuschätzen oder über die Zuordnung zu bestimmten Lerngruppen zu entscheiden. Zahlenbuch-konforme Eingangstests, die auf die arithmetischen und geometrischen Grundideen zugeschnitten sind, finden sich im Materialband 1. Der Aufwand von Eingangstests lohnt sich besonders, wenn ge- nügend Ressourcen vorhanden sind, um anschließend eventuell erforderliche Fördermaßnahmen durchzuführen. Unabhängig davon wird im Zahlenbuch die Eintrittsschwelle schon für die ersten Lernangebote so niedrig angesetzt, dass auch Kinder mit geringen Vorkenntnissen mitmachen und mitler- nen können. Die Beobachtung der Kinder im laufenden Unterricht zeigt, wer sich bei bestimmten Aufgaben schwer tut und beson- ders gefördert werdenmuss, und diese Förderung kann zwanglos in den weiteren Unterricht eingebaut werden. Generell ist den Kindern am besten gedient, wenn schon vor der Schule im Kindergarten das Zahlenbuch-Frühförderprogramm umgesetzt wird. Dann kann begründet festgestellt werden, ob ein Kind die Voraussetzungen für die Einschulung hat, und zwar allein aufgrund seines Verhaltens bei den Spielen und Bauanleitungen des Programms. Hier sind keine besonderen Tests erforderlich. Für Kinder, die sich langsamer entwickeln, ist es sicherlich besser, wenn sie später eingeschult werden. Die Festsetzung von Stich- tagen für die Einschulung, wie das immer mehr Bundesländer praktizieren, halten wir für sehr problematisch. 6 Standortbestimmungen Zu Beginn der Behandlung zentraler Themen sollte jeweils eine Standortbestimmung durchgeführt werden. Dabei wird den Kin- dern zuerst an Beispielen klar gemacht, um welche Aufgaben es geht. Die Kinder werden dann aufgefordert, Aufgaben, „die sie schon können“, schriftlich zu bearbeiten. Die Analyse der Bear- beitungen liefert wertvolle Anhaltspunkte für den weiteren Un- terricht. 6 s. dazu Puhani, P.A. & Weber, A. (2008) Does the early bird catch the worm? The economics of education and training. Heidelberg: Physica- Verlag, S. 105-132. In dieser sorgfältig durchgeführten empirischen Studien wird nachgewiesen, dass sich eine spätere Einschulung langfristig sehr po- sitiv auf den Schulerfolg auswirkt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv

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