Das Zahlenbuch 1, Begleitband für Lehrerinnen und Lehrer mit CD-ROM

163 Grundkonzeption des Zahlenbuchs übersicht über die Aufgaben ermöglichen. Beim Einspluseins z. B. sind dies das Zwanzigerfeld und die Einspluseins-Tafel, beim Ein- maleins das Hunderterfeld mit Malwinkel, der Einmaleins-Plan und die Einmaleins-Tafel. Bei ganzheitlichen Zugängen sind Pläne, bei denen der Stoff auf Wochen oder sogar Stunden verteilt wird, nicht nötig. Eine grobe Verteilung über Monate ist zweckdienlicher. Der Grund liegt dar- in, dass sich die Basiskompetenzen, die entscheidend für nach- haltige Lernerfolge sind, gar nicht bestimmten Wochen zuteilen lassen. Sie sind in Form besonderer Kurse ausgewiesen, die den Unterricht ständig begleiten müssen, siehe dazu besonders die Ausführungen zum Blitzrechenkurs auf den Seiten 166–167. Zone der nächsten Entwicklung Ganzheitliche Themen weisen über sich hinaus und verlocken zu Grenzüberschreitungen. Z. B. werden die Kinder vom Eins­ pluseins ausgehend auch über 20 hinaus rechnen wollen. Dies ist zugelassen und sogar erwünscht. Wie der russische Psycho- loge Vygotskij in seiner kritischen Auseinandersetzung mit Piaget überzeugend dargelegt hat, muss der Unterricht stets die „Zone der nächsten Entwicklung“ anpeilen. Dies bedeutet aber nicht, dass Grenzüberschreitungen eigens thematisiert werden müss- ten. Es genügt, sie als Denkanstöße wirken zu lassen. Wichtig ist, dass keine Abschottung im Sinne von „Das dürft ihr noch nicht rechnen!“ vorgenommen wird. Ein typisches Beispiel für die „Zone der nächsten Entwicklung“ ist der Blick auf den Hunderterraum imBand 1, Seiten 26–27, der im Weiteren anhand der kleinen Hunderterfelder an den Seitenzah- len wach gehalten wird. Anleitung zum selbstständigen und eigenverantwort- lichen Umgang mit dem Zahlenbuch Grundvoraussetzung für lebenslanges Lernen ist die Fähigkeit, Texte eigenständig erschließen zu können. Auch im Mathematik- unterricht muss diese Fähigkeit gefördert werden. Nicht nur bei der Besprechung von Themenblöcken sollten die Kinder versu- chen, sich so weit wie möglich selbst ein Bild von den Lernauf- gaben zu machen. Auch bei einzelnen Seiten oder Doppelseiten des Zahlenbuchs sollte die Lehrperson bei der Vorbesprechung typischer Beispiele und der anschließenden Bearbeitung der Seite die Kinder selbst überlegen lassen, worum es im einzelnen geht, und sich auf Verständnishilfen beschränken, z. B. die Vorgabe konventioneller Sprechweisen, Schreibweisen und zeichnerischer Darstellungen. Je weiter die Lesefähigkeit entwickelt ist, desto mehr sollten die Kinder versuchen, sich neue Aufgaben alleine zu erschließen. Im Klassengespräch können die verbleibenden Unklarheiten anschließend beseitigt werden. Das Zahlenbuch unterstützt diese aktive Sinnkonstruktion. Im Interesse des selbst- ständigen Arbeitens sollte auch das Auffinden und Aufschreiben von Lösungen im Rahmen der fachlichen Vorgaben den Kindern überlassen werden. Aus diesen Überlegungen geht hervor, dass mit der Förderung der Eigenaktivität auch die Eigenverantwortung der Kinder für ihr Lernen gestärkt werden muss. Einrichtung von Kleingruppen Zur Unterstützung des selbstständigen Arbeitens wird eine Orga- nisationsform empfohlen, die in Japan vielfach praktiziert wird und sich dort bewährt hat: die Einrichtung von Kleingruppen. Die Organisation solcher Gruppen erfordert einen bestimmten Auf- wand, lohnt sich aber. In der japanischen Gesellschaft spielt die solidarisch arbeitende Gruppe eine Schlüsselrolle. Der Grundge- danke ist aber auch dem westlichen Denken keineswegs fremd. Er findet sich z. B. im Subsidiaritätsprinzip einiger Soziallehren, das folgendermaßen lautet: Jede soziale Gruppe soll die Aufga- ben, die sie selbst bewältigen kann, in eigener Regie bearbeiten, und nur dann Hilfe von einer höheren Ebene anfordern, wenn die eigenen Kräfte nicht ausreichen. Auf eine Schulklasse übertragen bedeutet dieses Prinzip, dass zwischen dem einzelnen Kind und der Lehrperson als Zwischenebene Kleingruppen mit 3 bis 5 Kin- dern eingeschoben werden. Die Kinder jeder Gruppe sollen sich gegenseitig beim Aufbau von Verständnis unterstützen, natür- lich ohne einander die Arbeit abzunehmen. Auf diese Weise wird auch die Verantwortung für das soziale Lernen gefördert. Es ist weder notwendig noch sinnvoll, leistungshomogene Gruppen zu bilden. Die Befürchtung, dass stärkere Kinder durch schwächere Kinder „gebremst“ würden, besteht nicht. Gerade im Austausch mit schwächeren Kindern werden sie angeregt, den Stoff noch tiefer zu durchdringen und ihre kommunikativen Fä- higkeiten weiterzuentwickeln. In Japan werden die Gruppen im Laufe eines Schuljahrs z.T. mehrfach neu gemischt, was auch für uns sinnvoll erscheint. Für einige Aufgabenstellungen des Zahlenbuchs sind Kleingrup- pen eine ausgesprochene Hilfe. Beispiel 1: Blitzrechnen Die Kinder stellen sich Aufgaben und kontrollieren sich gegen- seitig. Beispiel 2: Mathekonferenzen Die Kinder erklären einander ihre Rechen- und Lösungswege. Blitzrechnen in Kleingruppen Der Umgang mit Fehlern Im belehrenden Unterricht wird angestrebt, die Lernenden zur fehlerlosen Reproduktion von vorgegebenen Verfahren zu führen. Von diesem Standpunkt aus ist eine möglichst genaue Beobach- tung der Lernfortschritte des einzelnen Kindes gemessen an den Vorgaben wünschenswert, damit Fehler möglichst schnell „di- agnostiziert“ und „ausgemerzt“ werden können. Entsprechend sind möglichst wirksame Rezepte zur „Fehlertherapie“ gefragt. Die jahrhundertelangen Erfahrungen mit dem belehrenden Un- terricht zeigen, dass dieser Weg, so verlockend er scheint, nicht Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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