Das Zahlenbuch 1, Begleitband für Lehrerinnen und Lehrer mit CD-ROM

159 1. Konzentration des Stoffes auf tragende Grundideen Ich vertrete zwei pädagogische Prinzipien: 1. Unterrichte nicht zu viele Gegenstände. 2. Behandle das, was du behandelst, gründlich. A. N. Whitehead Da die Unterrichtszeit begrenzt ist, muss der Stoff auf diejeni- gen inhaltlichen Grundideen konzentriert werden, die für die Umwelterschließung und für ein Verständnis der Fachstruktur unerlässlich sind. Die auf S. 160 aufgelisteten Grundideen der Arithmetik und Geometrie reichen weit über die Volksschule hin- aus in die höheren Schulstufen hinein. In ihnen sind „strukturelle“ und „praktische“ Aspekte aufeinander bezogen. Dies entspricht dem Wesen der Mathematik als gleichzeitig „reiner“ und „ange- wandter“ Wissenschaft: Mathematische Muster und Strukturen sind schön und nützlich. Muster und Strukturen durchziehen alle inhaltlichen Kompetenz- bereiche. Spiralige Entwicklung der Grundideen über die Stufen hinweg Die mathematischen Grundideen der inhaltlichen Kompetenzbe- reiche werden nach dem Spiralprinzip entwickelt, d. h. der Unter- richt greift sie immer wieder auf, vertieft sie und führt sie in den folgenden Stufen weiter. Die Kinder können so Schritt für Schritt in die Mathematik hineinwachsen. Auf diese Weise wird nachhal- tiges Lernen gesichert. Beispiel 1: Die Idee „Zehnersystem“ wird im Zahlenbuch-Frühförderpro- gramm im „Zehnerfeld“, im ersten Band durch das „Zwan- zigerfeld“, im zweiten durch die „Hundertertafel“ und das „Hunderterfeld“, im dritten durch das „Tausenderbuch“ und das „Tausenderfeld“ und im vierten durch das „Millionbuch“ repräsentiert. Beispiel 2: Die geometrische Grundidee „Formen zusammensetzen“ wird in der Frühförderung in Form eines Legespiels mit halben Qua- draten und Rauten angebahnt und in den ersten beiden Bän- den im Legespiel „Tangram“ weiterverfolgt. Im dritten Band setzen die Kinder Quadrate zu Fünflingen und Würfelnetzen und im vierten Band regelmäßige Vielecke zu den Platoni- schen Körpern zusammen. Inhaltliche und allgemeine Lernziele (Kompetenzen) Bei der Zielsetzung des Mathematikunterrichts sind zwei Ebenen zu unterscheiden: –– inhaltliche Lernziele (inhaltliche Kompetenzen) –– allgemeine Lernziele (allgemeine Kompetenzen) Inhaltliche Lernziele beschreiben Kenntnisse und Fertigkeiten, z. B. das Einspluseins, das Einmaleins, die schriftlichen Rechen- verfahren, Konstruktionen mit Zirkel und Lineal oder die Umrech- nung von Größeneinheiten. Allgemeine Lernziele beschreiben den mathematischen Erkenntnisprozess und sind daher für das Mathematiklernen von der Volksschule bis zur Universität maß- geblich. Heinrich Winter gebührt das Verdienst, sie bereits 1975 mustergültig formuliert zu haben. Seine Liste lautet in etwas an- derer Formulierung wie folgt: 1. Mathematisieren , d. h. reale Situationen in die Sprache der Ma- thematik übersetzen, mit Mitteln der Mathematik Lösungen bestimmen und das Ergebnis für die reale Situation interpre- tieren 2. Explorieren , d. h. Situationen probierend erforschen, Beziehun- gen und Strukturen entdecken, Strukturen erfinden, kreative Ideen entwickeln 3. Argumentieren , d. h. mathematische Sachverhalte und Lö- sungswege erklären und begründen 4. Formulieren , d. h. mathematische Sachverhalte und Lösungs- wege mündlich und schriftlich beschreiben Um die seit Jahrhunderten bewährte inhaltliche Orientierung zu bewahren, die für einen fachlich fundierten Unterricht absolut notwendig ist, werden im Zahlenbuch die „inhaltlichen mathe- matischen Kompetenzen“ der Bildungsstandards als „inhaltliche Lernziele“ und die „allgemeinen mathematischen Kompeten- zen“ als „allgemeine Lernziele“ verstanden. Da bereits in der deutschen Originalausgabe 1994/97 inhaltliche und allgemeine Lernziele ausgewiesen und in produktiven Übungen miteinander verzahnt wurden, war das Zahlenbuch auch in diesem Punkt sei- ner Zeit weit voraus. Inhaltliche Lernziele (Kompetenzen) schaffen eine gute Basis für die Förderung allgemeiner Lernziele (Kompetenzen) und umge- kehrt. Insofern bedingt jede Lernzielkategorie die andere. Für die praktische Arbeit muss aber ein wichtiger Unterschied im Auge behalten werden: Während sich bei inhaltlichen Lernzielen vor- zeigbare Erfolge in einem begrenzten Zeitraum erzielen lassen, stellen sich Fortschritte bei den allgemeinen Lernzielen nur lang- fristig und nur dann ein, wenn mit Geduld und Beharrlichkeit an ihnen gearbeitet wird. Dies ist besonders wichtig, wenn die Ein- gangsvoraussetzungen der Kinder im Entdecken, Beschreiben und Begründen von Mustern und Strukturen sehr niedrig sind, was in einem ungünstigen Umfeld häufig vorkommt. Grundkonzeption des Zahlenbuchs Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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