Das Zahlenbuch 1, Begleitband für Lehrerinnen und Lehrer mit CD-ROM

12 Themenblock Entwicklung des Zahlbegriffs Mathematische und didaktische Grundlagen Dies: denkend tätig sein Dies: denkend tätig machen ist der Quellpunkt aller produktiven Erziehung Friedrich Fröbel Schulanfänger sind keine Lernanfänger, auch nicht in der Ma- thematik. In diesem Satz kann man die Erkenntnisse bündeln, die in den letzten Jahrzehnten über die Vorkenntnisse von Schul- anfängern gewonnen wurden. Im Gegensatz zu vielen Ländern, in denen in den Kindergärten eine mathematische Frühförderung fest etabliert ist, besteht in Österreich auf diesem Gebiet ein gro- ßer Nachholbedarf. Solange in Österreich klare bildungspolitische Vorgaben fehlen, sind Eltern und Kinder darauf angewiesen, dass zwischen Schulen und Kindergärten eine Zusammenarbeit in der mathematischen Frühförderung auf freiwilliger Basis praktiziert wird. Zahlenbuch-Schulen sollten hier im ureigenen Interesse entschlossen die Initiative ergreifen. Das Zahlenbuch-Frühförder- programm, das 2010 mit dem Worlddidac Award ausgezeichnet wurde, bietet hierfür eine optimale Grundlage. Die Volksschulen können ihr Knowhow in der Arbeit mit dem Zahlenbuch an die Kindergärten weitergeben und die Erzieherinnen in das Praxis- handbuch zum Frühförderprogramm einführen. Bei einer solchen Kooperation würden alle gewinnen. Inhalte der Frühförderung Das Zahlenbuch-Frühförderprogramm konzentriert sich im Be- reich „Zahlen und Operationen“ auf die Entwicklung der numeri- schen Bewusstheit, die zwei Komponenten aufweist: Die Kinder sollen erstens die Zahlenreihe bis mindestens 12 und verschiedene Zahlaspekte (Zählzahl, Anzahl, Ordnungszahl, Maß- zahl, Code) kennenlernen. Zweitens sollen sie angeleitet werden, Anzahlen strukturiert zu ermitteln, d. h. die kleinen Anzahlen 2, 3 und 4 sozusagen auf einen Blick zu erfassen und größere Anzah- len aus kleinen zusammenzusetzen, z. B. 6 aus 3+3. Diese Fähig- keit ist die unabdingbare Grundlage für das denkende Rechnen. Im Bereich „Raum und Form“ zielt die Frühförderung auf die Entwicklung der geometrischen Bewusstheit mit den beiden Komponenten „Kenntnis von Grundformen“ und „Schulung der Feinmotorik“. Das Zahlenbuch-Frühförderprogramm besteht zur Hälfte aus geometrischen Aktivitäten, da die Geometrie für die geistige Entwicklung über die Mathematik hinaus eine Schlüs- selrolle spielt. Zur Schulung der Feinmotorik dienen die beiden Malhefte, mit denen das richtige Schreiben von Buchstaben und Ziffern vorbereitet wird. Ob in das Schreiben von Buchstaben und Ziffern schon im Kindergarten eingeführt werden sollte, ist ge- genwärtig eine offene Frage. Übergang Kindergarten – Volksschule Der erste und zweite Themenblock des Bandes 1 schließt inhalt- lich genau an das Zahlenbuch-Frühförderprogramm an. Es wer- den dieselben Themen behandelt, im Zahlenbuch jedoch nicht nur in Form von Lernspielen, sondern auch in Form gezielter Auf- gabenstellungen. Beide Ansätze ergänzen sich, sodass Elemen- te des Frühförderprogramms (Lernspiele, Malhefte) mit großem Nutzen auch noch in den ersten Wochen der Volksschule einge- setzt und nahtlos weitergeführt werden können. Inhalte des Themenblocks Die Themen der Frühförderung werden im Bereich Zahlen in vol- lem Umfang behandelt. Der Nachdruck liegt dabei auf der struk- turierten Anzahlerfassung. Bei einigen Zahlaktivitäten können die Kinder auch erste Erfah- rungen zum Zufall erwerben (Seite 6 und Seite 17). In den Themenblock sind zur Auflockerung einige geometrische Seiten eingestreut, mit denen ebenfalls Aktivitäten aus der Früh- förderung fortgesetzt werden. Im Bereich Formen werden einige Grundformen zeichnerisch erfasst, die für den Ziffernschreibkurs wichtig sind. Weiter werden wichtige Lagebeziehungen einge- führt (Seite 8), und die Feinmotorik wird im Zusammenhang mit der Spiegelsymmetrie geschult (Seiten 10–11). In der Volksschule muss deutlich werden, dass es sich bei der strukturierten Anzahlerfassung um ein „rechnendes Zählen“ handelt. Beispiel: Die Anzahl der Plättchen dieser Menge kann folgendermaßen ermittelt werden: „3 und 3 sind 6 und 1 dazu sind 7.“ Bei fort- geschrittenen Zahlkenntnissen kann ein Kind auch Gruppen mit 4 und 3 Plättchen „auf einen Blick“ sehen und dann 4 und 3 zu 7 zusammenrechnen. Wie an diesem Beispiel ersichtlich, ist schlichtes Zählen bei der Anzahlbestimmung keineswegs verbo- ten, sondern wird einbezogen. Die Anzahlbestimmung ist umso einfacher, je besser die zu zäh- lenden Objekte strukturiert sind. Im weiteren Unterricht werden bei größeren Anzahlen aus gutem Grund Anschauungsmittel be- nutzt, die übersichtlich strukturiert sind, besonders das Zehner- feld und das Zwanzigerfeld. Eine besondere Bedeutung kommt bei der Strukturierung der Zahl 5, der Hälfte von 10, zu. Dies wird aber erst im folgenden Themenblock genauer herausgearbeitet. Unstrukturierte Mengen von beweglichen Plättchen sollten im- mer erst strukturiert werden, wobei durchaus unterschiedliche Strukturierungen zur Geltung kommen sollten. Es ist zu beachten, dass beim „rechnenden Zählen“ im Grunde genommen schon „gerechnet“ wird. Allerdings werden die Rech- nungen ganz bewusst noch nicht aufgeschrieben. Die formale Notation mit Symbolen hat ihre eigenen Schwierigkeiten, mit de- nen man die Zahlbegriffsentwicklung am Anfang nicht belasten darf. Die „Ganzheitler“ seit Johannes Wittmann (1885–1960) wussten das. An ihre Erfahrungen wird im Zahlenbuch ange- knüpft. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=