Big Bang 7, Schulbuch

92 RG 7.2 G 7.2 Erweiterung Quantenphysik Könntest du zwei Münzen verschränken ( F10 ), dann würde eine immer Kopf zeigen und die andere Zahl, egal wie weit du sie auseinander wirfst. Für Münzen undenkbar, für Quanten kein Problem. Info: Alain Aspect Woher „weiß“ das entfernte Quant, welchen Zustand es ein- nehmen muss? Das ist nach wie vor ein großes Rätsel. Quan- tenmathematisch ist es kein Problem, weil verschränkte Teil- chen immer mit einer einzigen Wellenfunktion beschrieben werden. Mit dem Festlegen des einen Zustands ist automa- tisch sofort der andere festgelegt. Deshalb riet F EYNMAN in solchen unverständlichen Situationen ja auch immer: „Shut up and calculate!“ Die Relativitätstheorie wird durch die EPR-Paradoxie nicht verletzt, weil man die Verschränkung nicht nutzen kann, um Information zu übertragen. Durch eine Messung am ent- fernten Elektron kann man zwar den Spin herausfinden, man weiß aber nicht, ob dieser Spin Information trägt. Dazu müsste man konventionell, also mit maximal Lichtge- schwindigkeit, in Kenntnis gesetzt werden. Zusammenfassung Unter Verschränkung von Quanten versteht man, dass diese voneinander nicht unabhängige Eigenschaften aufweisen. Legt man die Eigenschaft des einen Quants fest, dann ist ohne Zeitverzögerung auch die des anderen Quants fest- gelegt. Alain Aspect Es dauerte bis 1982, also fast 50 Jahre, bis A LAIN A SPECT die EPR-Paradoxie im Experiment überprüfen konnte (Abb. 26.22). Dabei wurden verschränkte Photonen verwen- det, deren Polarisationsrichtung immer normal aufeinander steht. Der Witz an diesem Experiment ist der, dass man erst nach dem Abflug der Teilchen über einen superschnellen opti- schen Schalter einstellt, welchen Weg diese einschlagen (1 oder 2) und durch welchen Polfilter sie somit fliegen. Die Teilchen können, da sie ja selbst mit Lichtgeschwindigkeit fliegen, nicht mehr „kommunizieren“. Trotzdem zeigt sich, dass die Polarisation der Photonen immer normal aufein- ander steht. i Abb. 36.22: Schematischer Aufbau des Experiments von Aspect: Auf jeder Seite befinden sich ein vertikal und ein horizontal einge- stellter Polfilter. Z E INSTEIN ersann gemeinsam mit zwei seiner Studenten 1935 ein Gedankenexperiment, das unter dem Namen Einstein- Podolsky-Rosen-Paradoxon (kurz EPR-Paradoxon) bekannt geworden ist. Es ist neben Schrödingers Katze (Kap. 36.1, S. 87) das bekannteste Gedankenexperiment der Quanten- mechanik. Wir sehen uns hier eine modifizierte Version an, die Grundidee ist aber dieselbe. Nimm an, ein Teilchen mit Spin 0 zerfällt in zwei Elektronen, die in die Gegenrichtung wegfliegen (Abb. 36.19, S. 91 und Abb. 36.20 a). Die Spins der Elektronen sind verschränkt. Vor der Messung ist die Spin- richtung aber noch nicht festgelegt (b). Abb. 36.20: a) Ein Teilchen mit Spin 0 zerfällt in zwei Teilchen mit Spin 1 _ 2 . b) Ohne Messung ist die Spinrichtung aber noch unbestimmt. c) Durch die Messung beim rechten Teilchen (Spin up) ist auto- matisch der Spin beim linken Teilchen festgelegt (down). Angenommen, das rechte Elektron fliegt nun durch den Magneten (c). Durch den Messvorgang wird sein Spin fest- gelegt. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser nach oben zeigt, liegt bei 50% und ist vollkommen dem Zufall unterworfen. Trotzdem ist dadurch sofort und ohne Zeitverzögerung automatisch auch der Spin des linken Teilchens festgelegt – auch dann, wenn sich dieses zum Zeitpunkt der Messung bereits auf der gegenüberliegenden Seite der Milchstraße befinden würde (Abb. 36.21). Klar, dass das Einstein gar nicht behagte, denn seine Relativitätstheorie setzt als Höchstge- schwindigkeit im Universum die Lichtgeschwindigkeit fest ( F9 ; siehe Abb. 28.12, S. 17). Und Licht bräuchte quer durch die Milchstraße rund 100.000 Jahre! Abb. 36.21: Auch quer durch die Galaxis wären zwei verschränkte Elektronen immer noch in Nullzeit miteinander verbunden. Einstein vermutete daher, dass der Spin der Teilchen schon vorher feststehen muss und die Quantentheorie daher nicht vollständig ist. Diese geht ja von einem zufälligen Messer- gebnis aus. Nach allem, was wir heute wissen, war seine Vermutung aber ein Irrtum. Spätere Experimente konnten eindeutig belegen, dass die Quanteneigenschaften tatsäch- lich erst mit der Messung festgelegt werden, und dass das verschränkte Quant trotzdem sofort den „richtigen“ Zustand einnimmt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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