Big Bang 7, Schulbuch

Das moderne Atommodell 34 RG 7.2 G 7.2 Kompetenzbereich Atomphysik 69 Die Unschärferelation führt zu einem sehr spektakulären Schluss: Je kleiner der Raum ist, in dem man ein Quant ein- sperrt, desto größer wird seine Energie, die sogenannte Lokalisationsenergie ( F8 ). Je näher also das Elektron an das Proton herangezogen wird, desto geringer wird seine Ortsunschärfe und desto größer seine Lokalisationsenergie. Diese summiert sich zur potenziellen Energie , die durch die Anziehung zwischen den Teilchen gegeben ist. Das System Elektron-Proton stellt sich nun so ein, dass die Energie- summe ein Minimum wird (Abb. 34.9). Info: Lokalisationsenergie Es stellt sich also ein stabiler, dauerhafter Zustand beim Energieminimum ein. Daraus ergibt sich aber wiederum eine ganz bestimmte Ortsunschärfe des Elektrons. Diese Ortsunschärfe entspricht dem Radius des Atoms (Abb. 34.10). In der Quantenmechanik verliert der Bahnbe- griff ja seine Gültigkeit. Das Elektron ist also quasi über den gesamten Bereich der Ortsunschärfe zu finden. Es ist salopp gesagt überall und gleichzeitig nirgends. Man nennt den Aufenthaltsbereich des Elektrons auch Orbital. Lokalisationsenergie Aus der Unschärferelation ergibt sich, dass mit Verkleinern der Ortsunschärfe die Impulsunschärfe wachsen muss. Wenn man also ein Teilchen „einsperrt“, dann erhöht sich zwangsläufig sein Impuls p , denn dieser kann natürlich nicht kleiner sein als die Impulsunschärfe: p > ∆ p ≥ h _____ 4 π∆ x Klassisch gesehen ist der Impuls eines Teilchens p = mv und die kinetische Energie E k = ( mv 2 )/2. Setzt man in die Ener- giegleichung für v = p/m und verknüpft das Ganze mit der Unschärferelation, dann bekommt man E k = mv 2 ___ 2 = p 2 ___ 2 m ≥ ( ∆ p ) 2 _____ 2 m ≥ ( h _____ 4 π∆ x ) 2 _______ 2 m ≥ h 2 _________ 32 m π 2 ( ∆ x ) 2 Daraus kann man zwei Dinge ableiten: 1) Die kinetische Energie eines Elektrons in der Atomhülle kann nicht null sein. 2) Je enger man das Elektron einsperrt, desto größer wird die kinetische Energie – und umgekehrt, denn es gilt: E kin ~ 1 ____ ( ∆ x ) 2 Wichtig: Diese kinetische Energie kommt nicht durch irgend- eine Bewegung zustande, sondern einzig und allein durch die Einschränkung des Aufenthaltsbereiches. Das ist, zuge- geben, schwer zu verstehen – oder auch gar nicht! Weil die- se Energie durch die Einschränkung des Ortes, also durch die Lokalisation entsteht, nennt man sie Lokalisations- energie . i Abb. 34.9: Energien eines Elektrons im Feld eines Protons: Es summie- ren sich die potenzielle Energie, die durch die elektrische Anzie- hung zustande kommt, und die Lokalisationsenergie, die eine Folge der Unschärferelation ist. Es ist paradox und zugleich faszinierend: Das, was allen Dingen die Masse verleiht, nämlich der Atomkern, hat so gut wie kein Volumen. Das, was den Dingen das Volumen verleiht, nämlich die Elektronenhülle, hat so gut wie keine Masse. Und überdies ist dieses Volumen nur darauf zurück- zuführen, dass man dem Elektron keinen bestimmten Ort zuordnen kann. Das Volumen entsteht durch die Ortsun- schärfe der Elektronen. Die Tatsache, dass Atome nicht kol- labieren, ist also eine glänzende Bestätigung für die Richtig- keit der Unschärferelation. Abb. 34.10: a) Nach klassischer Sicht existiert nur die potenzielle Ener- gie und das Elektron „stürzt“ quasi in den Potenzialtopf, also auf das Proton zu. b) Aus quantenmechanischer Sicht gibt es aber zusätzlich die Lokalisationsenergie, die mit der Annäherung zu- nimmt. Das Elektron stabilisiert sich mit einer Ortsunschärfe ∆ x , die dem Atomradius entspricht. Zusammenfassung Das Wasserstoffatom kollabiert deshalb nicht, weil das durch die Unschärferelation verhindert wird. Die Größe des Wasserstoffatoms ist nichts anderes als die Ortsunschärfe des Elektrons. Anders gesagt: Das Elektron kann nicht auf das Proton stürzen, weil man ihm gar keine bestimmte Bahn zuschreiben kann. Z Nur m zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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