Big Bang 7, Schulbuch

Das moderne Atommodell 34 RG 7.2 G 7.2 Kompetenzbereich Atomphysik 67 Die von Rutherford gefundene Einteilung des Atoms in Kern und Hülle gilt noch heute. Aber sein Atommodell hatte zwei große Schwachstellen . Die erste waren die um den Kern kreisenden Elektronen. Jede Kreisbahn bedeutet eine be- schleunigte Bewegung ( F1 ). Also wären auch die kreisen- den Elektronen beschleunigt. Beschleunigte Elektronen senden aber generell elektromagnetische Wellen aus ( F2 ). Daher müsste man bei einem Atom diese Strahlung nachweisen können. In der Realität tritt sie aber nicht auf. Außerdem müssten die Elektronen durch die Abstrahlung pausenlos Energie verlieren und auf einer Spiralbahn in den Kern hineinfallen ( F5 ; Abb. 34.3). Auch das widerspricht der Realität. Es gab aber noch eine weitere Schwachstelle. In Ruther- fords Modell können die Elektronen in beliebigem Abstand um den Kern laufen. Sie könnten daher auch elektromagne- tische Wellen beliebiger Frequenz aussenden. Deshalb müs- ste ein angeregtes Wasserstoffatom in allen Farben leuch- ten. Tatsächlich sendet es aber nur bei ganz bestimmten Frequenzen sichtbares Licht aus (Abb. 35.6, S. 80). Und das konnte man mit dem Rutherford’schen Modell nicht erklä- ren. Info: Spektrallinien -> S. 68 Abb. 34.4: Im Atommodell von Bohr dürfen die Elektronen quasi per Verordnung nur auf ganz bestimmten Bahnen um den Kern lau- fen. Die theoretische Grundlage dafür fehlte aber noch. N IELS B OHR (Abb. 33.27, S. 62) versuchte, das Modell von Rutherford zu retten. Das führte ihn 1913 zu einem neuen Modell, in dem die Elektronen nur auf bestimmten Bahnen um den Kern laufen dürfen und dort nicht strahlen. Bei einem Wechsel der Bahn sollten dann, gemäß der Glei- chung E = h · f (siehe S. 58), nur ganz bestimmte Frequenzen abgestrahlt werden können. Abb. 34.3: Würden Elektronen tatsächlich wie Planeten um den Kern kreisen, würden sie elektromagnetische Strahlung aussenden, dabei Energie verlieren und schließlich in den Kern fallen. Der „Kollaps des Atoms“ würde nur 10 –8 s dauern. Das Rutherford-Experiment R UTHERFORDS Experiment war deshalb so wichtig, weil es die Grundlage für alle späteren Teilchenbeschleuniger war. Will man Materie untersuchen, beschießt man sie mit kleinen Teilchen und untersucht, wie sich diese nach dem Zusam- menstoß verhalten. Das nennt man ein Streuexperiment ( F4 ). Rutherford nahm dazu α -Teilchen und schoss sie durch eine sehr dünne Goldfolie (etwa 10 –7 m dick; Abb. 34.6). α -Teilchen sind Heliumkerne und gehören zur radioaktiven Strahlung. (Abb. 34.5; F3 ). Nun war nach dem Rosinenkuchenmodell zu erwarten, dass die α -Teilchen wenig abgelenkt werden, weil die positive Ladung gleichmäßig verteilt ist. Tatsächlich betrug die durchschnittliche Ablenkung der Teilchen bloß rund 1°. Eini- ge prallten aber richtiggehend von der Folie ab und manche flogen sogar in die Gegenrichtung zurück. R UTHERFORD soll dazu bemerkt haben: „Es war so ziemlich das unglaublichste Ereignis, das mir je in meinem Leben wider- fahren ist. Es war so unglaublich, wie wenn man eine 15-Zoll-Granate auf ein Stück Seidenpapier abgefeuert hät- te, und diese wäre zurückgeprallt und hätte den Schützen getroffen“. Er zog aus den Ergebnissen den richtigen Schluss: Atome sind keine Kugeln gleichmäßiger Dichte, sondern bestehen zum größten Teil aus leerem Raum . Ihre Masse ist fast vollständig auf den positiven Kern konzen- triert. Nur α -Teilchen, die in seine Nähe kommen, werden durch die elektrische Abstoßung stark abgelenkt (Abb. 34.7). i Abb. 34.5: Rutherford verwendete für seinen Versuch mit den α -Strahlen Polonium-214. Abb. 34.6: Schemati- scher Aufbau des Rutherford-Experi- ments, quasi der erste „Teilchen- beschleuniger“ Abb. 34.7: Links: Je näher das positive α -Teilchen dem positiven Kern kommt, desto stärker wird es abgelenkt – im Extremfall sogar zurück. Rechts: Veranschaulichung der Teilchenstreuung mit Hilfe eines „Hügelmodells“: Die Höhe steht für die Stärke der Ab- stoßung. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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