Big Bang 7, Schulbuch

64 RG 7.2 G 7.2 Kompetenzbereich Quantenphysik Weil es bei vielen Überlegungen zur Herleitung der Unschär- ferelation ums Messen geht, könnte man jetzt meinen, dass die Unschärfe an unserer Unfähigkeit liegt, bessere Appara- te zu bauen. Das stimmt aber nicht! Diese Unschärfe ist eine prinzipielle Eigenschaft der Natur , und sie gilt auch dann, wenn man gar keine Messung vornimmt. Es gibt eben kein Entrinnen vor den Gesetzen des Universums. Info: Heisenberg-Kompensator -> S. 65 Frequenzunschärfe Um die nachfolgenden Überlegungen zu verstehen, musst du dir in Erinnerung rufen, dass der Impuls eines Quants p = h / λ ist. Für ein Photon gilt außerdem c = f · λ . Man kann daher für den Impuls auch p = (h · f)/c schreiben. Der Impuls eines Photons ist also proportional zu seiner Frequenz. Versuchen wir jetzt, ein einzelnes Photon mit einer Wellen- funktion zu beschreiben. Man könnte dazu eine Sinuswelle nehmen, deren Länge genau der Wellenlänge des Photons entspricht. Dann hat man die Frequenz exakt beschrieben. Der Nachteil daran ist, dass nun der Ort v ö llig unbestimmt ist, denn eine Sinuswelle hat weder Anfang noch Ende (Abb. 33.31). Nun gibt es aber einen mathematischen Trick, den man Fourier-Synthese nennt (siehe Kap. 18.7, „Big Bang 6“). Dabei überlagert man viele Wellen unterschiedlicher Frequenz und Amplitude und bekommt eine Welle mit endlicher Aus- dehnung (siehe Abb. 33.32). Je enger man den Ort eingren- zen möchte, desto mehr Wellen mit unterschiedlicher Fre- quenz muss man überlagern. Das erhöht natürlich die Frequenz- und somit auch die Impulsunschärfe . Du siehst also das Dilemma! Wenn du die Ortsunschärfe ∆ x gering halten möchtest, dann vergrößerst du damit die Impulsunschärfe ∆ p und umgekehrt. Du siehst, dass es sich hier um ein rein mathematisches Problem handelt, da ja keine Messung vorgenommen wird. Die Unschärfe ist eine direkte Folge der Welleneigenschaft des Teilchens! i Abb. 33.31: Eine einzelne Sinuswelle hat mathematisch ge- sehen weder Anfang noch Ende. Abb. 33.32: Durch eine Fourier-Synthese kann man eine Welle erzeu- gen, die eine endliche Ausdehnung hat. Die Unschärfe hat die Dimension Joule mal Sekunden, ge- nauso wie die Planck-Konstante h . Man bezeichnet diese Einheit auch als Wirkung . Deshalb nennt man h auch das Wirkungs quantum. Wir wissen heute, dass die Unschärfe- relation immer dann gültig ist, wenn das Produkt zweier Größen die Einheit einer Wirkung hat, wie das zum Beispiel auch bei Energie und Zeit der Fall ist. Diese Tatsache führt zu sehr erstaunlichen Effekten. Info: Fluktuierendes Nichts -> S. 65 Voyager und Elektron Der Begriff „Bahn“ bedeutet, dass man Ort und Impuls eines Objekts gleichzeitig exakt bestimmen und die weitere Be- wegung vorausberechnen kann. Bei großen Dingen ist das im Prinzip immer möglich. Man kann zum Beispiel schon heute Sonnen- und Mondesfinsternisse für die nächsten Jahrhunderte sekundengenau vorausberechnen. So weiß man zum Beispiel schon jetzt, dass am 24. Jänner 3098 eine ringförmige Sonnenfinsternis stattfindet, die genau 12 Mi- nuten und 5 Sekunden dauern wird. Ein sehr beeindrucken- des Beispiel für die Bahnberechnung eines künstlichen Objekts findet man bei den Voyager-Missionen (Abb. 33.33). Voyager 2 wurde im August 1977 gestartet und flog rund 12 Jahre später, wie geplant knapp am Neptun vorbei. In der Quantenmechanik sind solche Voraussagen auf Grund der Unschärfe unmöglich. Vergleichen wir dazu die Voyager (Masse rund 10 3 kg) mit einem Elektron (Masse rund 10 –30 kg). Beide sollen eine Geschwindigkeit von 10 km/s (also 10 4 m/s) haben. Formen wir die Unschärfere- lation etwas um: ∆ p · ∆ x = m ∆ v · ∆ x ≥ h ___ 4 π ⇔ ∆ v ≥ h ______ 4 π m ∆ x Nehmen wir jetzt an, dass wir den Ort des Elektrons bezie- hungsweise den Schwerpunkt der Voyager auf 1mm (10 –3 m) genau bestimmen können. Für ein Quant ist das sogar eine sehr unexakte Ortsbestimmung. Für die Geschwindigkeits- unschärfe ∆ v ergeben sich für die Voyager dann 5 · 10 –35 m/s – das ist zu vernachlässigen. Das Elektron hat aber ein ∆ v von 5 · 10 –2 m/s, also von 5 cm/s! Es wäre also bereits theoretisch unmöglich, ein Elektron mit dieser Ge- schwindigkeitsunschärfe zum Neptun zu schießen. Bereits nach 20 Sekunden könnte das Elektron 1m von der Bahn abweichen, nach 12 Jahren wären es bis zu 2 · 10 7 m, also 20 Millionen Meter! i Abb. 33.33: Die Bahnen der beiden Voyager- Sonden: Die Son- den verfügen zwar über Düsen, aber mit diesen sind nur kleine Kurskorrek- turen möglich. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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