Big Bang Physik 6, Schulbuch

RG 6.1: Mechanik 2  21 Rotationen  17  Die Geschichte von Zentripetal- und Zentrifugalkraft ist voll von Missverständnissen. Wir fangen zunächst einmal an, alles aus der Sicht eines ruhenden Beobachters zu betrach- ten, der sich nicht mitdreht. Zur Erinnerung: Wenn ein Ge- genstand seine Geschwindigkeit ändert, wenn er also beschleunigt wird, dann wirkt eine Kraft auf ihn. Oder an- ders formuliert: F = m a . Das ist die Bewegungsgleichung (Kap. 7.3, „Big Bang 5“). Wenn sich zum Beispiel ein Auto auf einer Kreisbahn bewegt, dann dreht sich der Geschwindigkeitsvektor (Abb. 17.45). Das Auto wird beschleunigt, und dazu ist eine Kraft notwendig. Diese Kraft zeigt immer zum Mittelpunkt der Kreisbahn. Man nennt sie Zentripetalkraft . Salopp über- setzt bedeutet das „zum Zentrum zeigende Kraft“. Um die Kreisbahn des Autos aus der Sicht eines ruhenden Beobach- ters erklären zu können, ist also eine Kraft notwendig, die nach innen zeigt! Formel: Zentripetalkraft F ZP  = m ​ v 2 __  r ​= m ​  (r ω ) 2 ____ r ​= m ω 2 r [ F ] = N m …Masse [ m ] = kg r … Radius der Kreisbahn [ r ] = m v … Tangentialgeschwindigkeit [ v ] = m/s ω …Winkelgeschwindigkeit [ ω ] = s –1  Info: Zentripetalkraft Die Zentripetalkraft ist keine spezielle Kraft wie etwa die Gravitation. Der Name gibt nur an, in welche Richtung sie wirkt. Es kann sich dabei um eine Reibungskraft handeln wie beim Auto, eine Gravitationskraft wie beim Raumschiff im Orbit oder um die Kraft, mit der die Wand des Karussells auf dich drückt. Die Zentripetalkraft setzt sich aus den wirk- lich am Körper angreifenden Kräften zusammen und ist nicht eine Kraft, die zusätzlich zu diesen wirkt! Warum „schneiden“ Rennfahrer die Kurven ( F21 )? Es gibt eine maximale Zentripetalkraft, die durch die Haftreibung begrenzt ist. Wird sie überschritten, fliegt man aus der Kurve (Abb. 17.3, S. 11). Durch das Schneiden wird der Radius der Kreisbahn größer, und man kann bei gleicher F ZP schnel- ler fahren (Abb. 17.46). Wenn man den Radius verdoppelt, kann man die Geschwindigkeit um 41% erhöhen. Rechne nach! Abb. 17.45:  Die Zentripetalkraft F ZP steht immer normal auf v . Daher wird v bei gleichem Betrag gedreht. F Wie ist das mit dem Looping ( F22 )? Überlegen wir einmal qualitativ. Nimm an, dass die rechte Seite des Loopings fehlt (Abb. 17.48, S. 22). Die Geschwindigkeit von ALLO DIAVOLO muss am höchsten Punkt so groß sein, dass seine Flugparabel außerhalb des Loopings liegt (grün). Ist die Geschwindigkeit zu klein, dann liegt die Flugparabel inner- halb des Loopings (rot), und er würde den Boden über den Rädern verlieren. Er würde zwar wieder gegen den Looping prallen, aber kontrolliert wäre das nicht mehr. Die Minimal- geschwindigkeit kann man natürlich auch berechnen. Abb. 17.46:  Radiusvergrößerung durch Kurvenschneiden Zentripetalkraft Wie groß ist die Zentripetalkraft ? Bestimmen wir zuerst geometrisch die Zentripetalbeschleunigung . Erinnere dich an Folgendes: 1) Die Tangentialgeschwindigkeit steht immer normal auf den Kurvenradius (Abb. 17.47). 2) v = Δ s / Δ t und daher ist Δ s = v / Δ t 3) Für die Beschleunigung gilt immer: a = Δ v / Δ t In der Zeit Δ t legt das Auto den Weg Δ s zurück und ändert dabei die Geschwindigkeit um Δ v (Abb. 17.47). Das gelbe Dreieck r 1 r 2 Δ s und das gelbe Dreieck v 1 v 2 Δ v sind ähnlich (für das zweite Dreieck wurden die Vektoren parallel verscho- ben). Daher gilt  ​  Δ v  __ v ​ = ​ Δ s  __  r ​ = ​  v Δ t  ___ r ​ Þ ​ Δ v  __ Δ t ​ = ​  v 2 __  r ​ = a Die Zentripetalbeschleunigung ist also a ZP = v 2 / r . Da für jede Kraft F = ma gilt, ist die Zentripetalkraft daher F ZP = mv 2 / r . i Abb. 17.47 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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