Big Bang Physik 6, Schulbuch

106  Felder Wenn Strom fließt, dann bewegt sich die Schaukel bei dieser Anordnung nach außen. Die Kraft, die das bewirkt, nennt man nach dem holländischen Physiker Hendrik ANTOON Lorentz die Lorentz-Kraft. Sie steht immer normal zur Bewegungsrichtung der Ladungen und normal zum Magnetfeld. Ihre Richtung kann man mit der Drei-Finger-Regel bestimmen (siehe Abb. 26.8b, S. 105). Man kann nun im Experiment zeigen, dass die Lorentz-Kraft proportional zur Stromstärke, zur Stärke des Magneten und zur Lange des Leiterstücks im Magnetfeld ist. Wenn der Strom wie hier normal zum Magnetfeld fließt, kann man den Zusammenhang so darstellen (siehe S. 107): Polarlicht Das Polarlicht kommt durch den Sonnenwind , den Strom geladener Teilchen, der von der Sonne wegfliegt, zu Stande ( F4 ). Er besteht überwiegend aus Elektronen und Proto- nen. Auch auf ein einzelnes geladenes Teilchen wirkt die Lorentz-Kraft. Die Stromstärke ist definiert durch I = Q / t (siehe Kap. 23.1, S. 79). Weil weiters v = s / t gilt, ergibt sich:  F L = I · s · B = ​  Q  __  t ​ · s · B = Q · v · B Durch diese Lorentz-Kraft werden einzelne geladene Teil- chen vom Erdmagnetfeld auf spiralförmige Bahnen ge- zwungen und pendeln zwischen den Polen hin und her (Abb. 26.9). Ihren Aufenthaltsbereich nennt man den Van- Allen-Gürtel . Bei starkem Sonnenwind können Teilchen mit besonders hoher Energie in die Atmosphäre eindringen und diese zum Leuchten bringen, ähnlich wie in einer Leucht­ stoffröhre. Auf Grund des Feldlinienverlaufs ist der Atmo- sphäreneintritt nur in der Umgebung der Pole möglich (Abb. 26.9b und 26.10). i Abb. 26.9:  a) Der Van-Allen- Gürtel besteht aus einem inneren und einem äuße- ren Teil. b) Die Feldlinien laufen an den Polen zusammen. Weil die Lorentz-Kraft normal zur lokalen Feldlinie steht, entsteht dadurch eine rücktreibende Kompo- nente, die zur Reflexion der Teilchen führt. Abb. 26.10:  Der Südpol vom All aus gesehen Teilchenbeschleuniger Am Europäischen Zentrum für Teilchenphysik CERN befindet sich der größte je gebaute Teilchenbeschleuniger: der LHC, der Large Hadron Collider (Abb. 26.11). Zu den Hadronen ge- hören zum Beispiel Protonen. Im LHC lässt man diese auf- einander prallen und untersucht die dabei neu entstande- nen Teilchen. Der ringförmige Tunnel hat einen Radius von 4,3 km. Schätzen wir die benötigte magnetische Induktion ab, um die Protonen auf der Kreisbahn zu halten ( F5 ). Wir gehen von der Gleichung der Lorentz-Kraft aus: F L = I · s · B . Für den Strom gilt I = Q / t . Jedes Proton bewegt sich in der Zeit t um die Strecke s = v · t . Man erhält daher:  I · s = ​  Q  __  t ​ · v · t = Q · v Für die Lorentz-Kraft, die auf ein einzelnes, geladenes Teilchen wirkt, ergibt sich daher F L = Q · v · B . Damit das Teil- chen auf einer Kreisbahn bleibt, muss die Lorentz-Kraft als Zentripetalkraft (siehe Kap. 17.6, S. 20) wirken. Man kann diese beiden Kräfte daher gleichsetzen:  ​ mv 2 ___  r ​ = QvB ® B = ​  mv  ___ Q r ​ Was muss man jetzt noch beachten? Nach der speziellen Relativitätstheorie („Big Bang 8“) erhöht sich die Masse eines Objekts, wenn man Energie zuführt. Das kann man mit der berühmtesten Gleichung der Welt berechnen: Aus D E = D mc 2 folgt D m = D E / c 2 . Den Teilchen im LHC werden beim Beschleunigen 7· 10 12 eV zugeführt, das macht eine Energie von 7· 10 12  · 1,6 · 10 –19 J = 1,1 · 10 –6 J. Für D m ergibt das dann 1,2 · 10 –23  kg. Die Protonenmasse (1,67· 10 –27  kg) hat sich durch die Beschleunigung auf etwa den 7370-fachen Wert erhöht! Sehr beachtlich. Wenn man für die Endgeschwindigkeit c einsetzt, die die Teilchen ja so gut wie erreichen, erhält man für die benötigte magnetische Induktion 5,4T. Tatsächlich liegt sie sogar bei 8T. Das ist deshalb so, weil die Bahn keine Kreisbahn ist, sondern eher einem Vieleck gleicht. Durch die Knicke werden etwas stärkere Felder benötigt. i Abb. 26.11:  Der größte Teilchenbeschleuniger der Welt an der Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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