global 8. Geographie und Wirtschaftskunde, Schulbuch

28 Fallbeispiel Von der Finanzkrise zur Staatsschuldenkrise Vom Häuserboom zur Kreditklemme – so entstand die Krise Im Jahr 2000 fielen die durch Spekulation aufgetürmten Börsenkurse in sich zusammen. Die folgende Baisse hielt bis 2003 an. Privatanlegerinnen und -anleger flohen aus den Aktien . Da die Immobilienmärkte boomten, sahen die Anlegerinnen und Anleger in Investitionen in Immobilien eine vermeintlich sichere Anlagemöglichkeit. Um den Kon- sum weiterhin zu unterstützen, beschloss die US-Regierung ein Gesetz, das es Banken erlaubte, Wohnimmobilien nicht nur zu 100 Prozent, sondern zu 120 Prozent im Rahmen von Hypothekarkrediten zu finanzieren. In Österreich sind maxi- mal 70 Prozent möglich. Dazu kam, dass die US- Notenbank den Leitzins radikal senkte, im Juni 2003 bis auf ein Prozent. Damit rettete sie die US-Wirtschaft vor dem Zusammen- bruch, half aber gleichzeitig, die nächste Blase aufzupus- ten, diesmal auf dem Immobilienmarkt. Hauskäuferinnen und -käufer nutzten das billige Geld für Bauvorhaben. In den Jahren 2000 bis 2006 entstanden so viele neue Häuser wie nie zuvor in den USA. Trotzdem leg- ten auch die Preise zu. Ökonominnen und Ökonomen schätzten das Volumen der „Hauspreisblase“ auf bis zu acht Billionen Dollar. Für die US-Wirtschaft war die extreme Verschuldung zunächst gut, denn der Konsum trieb das Wachstum an. Mit teils abenteuerlichen Konstruktionen der finanzierenden Banken wurde der Hauserwerb auch ein- kommensschwachen Schichten zugänglich gemacht. Gut ein Fünftel der 2005 und 2006 vergebenen Hypotheken­ kredite ging an Kundinnen und Kunden, die als kreditun- würdig eingestuft wurden. Die Banken machten aus den Hypotheken ein profitables Geschäft. Die Hypothekengebe- rinnen und -geber verbrieften die Kredite, dh sie gaben eigene Wertpapiere aus, die durch die Vermögenswerte (= Häuser) gesichert waren. Sie verkauften also das Recht, die Schulden einzutreiben, an andere Banken und Hedge­ fonds weiter. Auch in Europa gab es zahlreiche Banken, die diese Wertpapiere gekauft haben. Bereits Mitte 2006 wurde deutlich, dass der Immobilien- boom ein Ende haben wird. Häuser waren schwieriger zu verkaufen, Neubauten standen monatelang leer. Im Herbst bekamen die Baufirmen die Krise zu spüren: Die Aufträge für neue Häuser nahmen ab, Umsätze und Gewinne bra- chen ein. Im Juni 2004 begann die amerikanische Noten- bank Fed erstmals seit vier Jahren den Leitzinssatz zu erhöhen, und so schnellte er binnen zwei Jahren auf 5,25 Prozent. Die Fed bekämpfte so die Inflation. Immer mehr Schuldnerinnen und Schuldner konnten ihre Kredite angesichts steigender Zinsen und fallender Hauspreise nicht mehr bedienen. In vielen Fällen war das Haus plötz- lich weniger wert als die Hypothek. Für die Betroffenen hieß das in der Regel: Ausziehen! Die vielfältigen Auswirkungen der Immobilienkrise auf die Weltwirtschaft Die Probleme amerikanischer Hausbesitzerinnen und Haus- besitzer erschütterten die Weltwirtschaft. M3 zeigt an- schaulich, wie sich die Krise fortpflanzte. Im Zentrum der Krise standen die Banken, die über Jahre hinweg zuneh- mend riskantere Immobilienkredite vergaben und diese größtenteils – verpackt in immer komplizierteren Finanz- produkten (= Wertpapieren) – an Hedgefonds und Banken weltweit weiterreichten. Durch die gestiegenen Zinsen konnten immer mehr Hauskäuferinnen und Hauskäufer mit geringerer Kreditwürdigkeit ihre Schulden nicht mehr be- dienen. Das führte unweigerlich zu hohen Verlusten bei Banken und Hedgefonds. Die Banken wurden damit schlag- artig vorsichtiger bei der Gewährung von Krediten. Diese eingeschränkte Kreditvergabe führte zu einem deutlichen Rückgang des Konsums der privaten Haushalte, der Investi- tionsbereitschaft der Unternehmen und damit zu einem sinkenden Wirtschaftswachstum in vielen westlichen Indus- triestaaten. In weiterer Folge kam es zu einem Einbruch der Aktienkurse an den Börsen. Als Gegenmaßnahme senkten die wichtigsten Notenbanken der Welt die Leitzinsen um mehrere Prozentpunkte und pumpten riesige Geldbeträge in die Wirtschaft, um diese wieder „anzukurbeln“. M2 Staatsschulden (Schwarwel, 13.4.2011) Kompetenzorientiertes Lernziel  Auswirkungen ökonomischer Globalisierung diskutieren M1 Uns betrifft es sicher nicht (Kostas Koufogiorgos, 15.9.2008) Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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