global 7. Geographie und Wirtschaftskunde, Schulbuch

36 Fallbeispiel Kompetenzorientiertes Lernziel Besonderheiten der österreichischen Wirtschafts- und Sozialpolitik darstellen Die Steuerreform 2016 – was sie bringt und was sie kostet Internationale Vergleiche zeigen klar, dass Österreich in Bezug auf seine Abgabenquote zu den Spitzenreitern zählt. Die Grafik M1 stellt beispielsweise die Gesamtbelastung einer Durchschnittsverdienerin oder eines Durchschnittsver- dieners (Lohnsteuer sowie Sozialversicherungsbeiträge durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Arbeitge- berinnen und Arbeitgeber) dar. Als Antwort auf diesen Um- stand schnürte die österreichische Bundesregierung 2015 ein Steuerreformpaket, das seit 1.1. 2016 in Kraft ist und den Bürgerinnen und Bürgern eine Entlastung von 5 Milliarden Euro bringen soll. Welche Ziele verfolgt die Steuerreform 2016? Primäres Ziel der Steuerreform ist es, die Steuer- und Abga- benbelastung der österreichischen Bevölkerung zu reduzie- ren. Dadurch bleibt den Menschen mehr Geld für den Kon- sum, was in weiterer Folge die Wirtschaft ankurbeln soll. Ein weiteres wichtiges Ziel der Steuerreform ist es, Kauf- kraftverluste zu vermeiden, die einerseits durch Preisstei- gerungen und andererseits durch Steuersätze, die nicht an die Inflation angepasst werden, entstehen. In diesem Zusammenhang spricht man häufig von der „kalten Progression“. Im Rahmen der Steuerreform sollen zudem die Unternehmen unterstützt und dadurch die Arbeits- platzsituation verbessert werden. Welche Erleichterungen bringt die Steuerreform 2016? • Neue Tarifstufen: Es gibt nun sechs (statt früher drei) Steuerstufen. Der Eingangssteuersatz zwischen 11 000 Euro und 18 000 Euro wurde auf 25% (bisher 36,5%) gesenkt und der Steuersatz von 50% gilt nun erst ab 90 000 Euro (bisher ab 60 000 Euro). Ab einer Million Euro Jahresverdienst gilt der Spitzensteuersatz von 55%. Von dieser Anpassung der Tarifstufen sollen über sechs Millionen Lohn- und Einkommensteuerpflichtige profi- tieren, die im Schnitt jährlich rund 1 000 Euro weniger an Steuern zahlen werden. • Negativsteuer: Für Personen, deren Jahresbruttoeinkom- men unter 11 000 Euro liegt, die also keine Lohnsteuer bezahlen, wurde die so genannte Negativsteuer erhöht. Das bedeutet, dass diese Personen eine Steuergutschrift von bis zu 400 Euro pro Jahr erhalten. Pensionistinnen und Pensionisten erhalten erstmals eine Negativsteuer von bis zu 110 Euro pro Jahr (als kleiner Ausgleich für die Teuerung bei Mieten usw.). • Familien: Der Kinderfreibetrag wird von 220 auf 440 Euro jährlich erhöht. • Arbeitnehmerveranlagung: Im Falle einer Gutschrift kommt es zu einer antragslosen Arbeitnehmerveranla- gung. Bestimmte Sonderausgaben (zB Kirchenbeitrag, Spenden) werden nun automatisch berücksichtigt, sofern ein Datenaustausch zwischen den Organisatio- nen möglich ist (gilt ab 2017). Zusätzlich wurde ein Wirtschaftspaket in Höhe von 200 Mio. Euro mit folgenden Punkten beschlossen: • Erhöhung der Forschungsprämie von 10 auf 12 Prozent. • Erhöhung der steuerfreien Mitarbeiterbeteiligung von 1 460 Euro auf 3 000 Euro. • Absenkung des Beitrages zum Familienlastenausgleichs- fonds (ab dem Jahr 2018) • Finanzierungspaket für Klein- und Mittelbetriebe • Zuzugsbegünstigung für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Forscherinnen und Forscher Lohnsteuer Sozialversicherungsbeiträge ArbeitgeberInnen Großbritannien Spanien Griechenland Italien Portugal Lettland Frankreich Finnland Schweden Slowakische R. Schweiz Norwegen Slowenien OECD-Schnitt Estland Ungarn Österreich Belgien Tschechische R. Deutschland 54,0 22,3 10,9 20,8 16,2 17,3 15,9 22,2 14,4 11,7 26,8 10,5 10,8 24,2 7,2 16,4 22,4 13,9 10,8 18,7 7,1 17,9 25,4 8,2 9,4 23,9 5,3 13,6 13,9 19,0 9,8 19,1 8,5 15,0 19,2 8,9 13,4 23,8 10,2 7,5 19,9 12,6 7,7 23,0 4,9 11,6 25,3 12,5 11,5 7,3 17,5 14,4 8,2 13,4 9,7 8,4 12,6 5,9 5,9 10,0 49,4 48,2 21,8 36,0 30,8 36,2 38,9 39,5 40,2 41,5 41,5 42,6 42,7 42,8 43,0 43,8 47,1 47,8 48,1 Gesamtbelastung eines Durchschnittsverdieners/ einer Durchschnittsverdienerin (Single, keine Kinder in Prozent der Arbeitskosten 2015) ArbeitnehmerInnen M1 Abgabenbelastung im OECD-Vergleich 2016 Was versteht man unter der „kalten Progression“? In den meisten Ländern ist die Einkommensteuer pro- gressiv gestaltet. Das heißt, je höher das Einkommen ist, desto mehr Steuern müssen an den Staat abgeführt werden. Werden diese progressiven Einkommensteuer- sätze nicht an die Inflation angepasst, kommt es zu einer Steuermehrbelastung. Der Effekt einer Lohnerhöhung verpufft daher häufig. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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