global 5. Geographie und Wirtschaftskunde, Schulbuch

134 Unterschiedliche Folgen von Naturereignissen Kompetenzorientiertes Lernziel  Unterschiedliche Folgen von Naturereignissen aufgrund des sozialen und ökonomischen Gefüges beurteilen Definition und Formen Mensch und Natur stehen in starker Wechselwirkung zuein- ander. Früher betrachtete die Geographie dabei die Einflüs- se der Natur auf den Menschen und wie der Mensch sich darauf einstellen kann. Später erkannte man, dass nicht nur die Natur den Menschen, sondern auch der Mensch die Natur prägt. Durch Landwirtschaft wandeln wir Natur- in Kulturlandschaften um, wir bauen Städte, regulieren Flüsse und beeinflussen unser Klima. Wir passen uns also nicht nur an die Natur an, sondern passen die Umwelt an unsere Bedürfnisse an. Daraus resultierende Schäden an Flora und Fauna und veränderte Klimabedingungen verändern die Natur, und diese veränderten Umweltbedingungen wirken sich wieder auf die Menschen und deren Gesellschafts- strukturen aus. Das so genannte Drei-Säulen-Modell der Geographie stellt diese Wechselwirkung geographischer Teilbereiche dar (M1). Physio- Geographie Human- Geographie Gesellschaft – Umwelt – Forschung M1 Drei-Säulen-Modell der Geographie graphischen Aspekten sind hier also humangeographische Aspekte (zB Bau von Schutzdämmen in den Niederlanden, spezielle Siedlungsformen zur Abwehr von Hitze, …) er- sichtlich. Sogar die dritte Säule als Gesellschaft-Umwelt- Auswirkung ist verständlich, wenn Wirtschaftskrisen durch Dürren ausgelöst werden oder erste Klimaflüchtlinge aus dem bald versunkenen Inselstaat Tuvalu anerkannt werden. Ein durch Blitzschlag ausgelöstes Feuer in einem Urwald stellt sich also je nach Perspektive unterschiedlich dar: Aus der Sicht betroffener Bäuerinnen und Bauern werden ihr Leben, ihre Unterkunft oder ihr Vieh und dadurch ihre Exis- tenz bedroht. Aus der Sicht des Naturraumes tritt hier ein ökologischer Schaden ein, der allerdings fruchtbares Land hinterlassen wird. Die zuerst geschädigten Bäuerinnen und Bauern können dieses Land jetzt wirtschaftlich nutzen und vielleicht sogar von diesem Naturereignis profitieren. Aus der Sicht nichtbetroffener Beobachterinnen und Beobach- ter wird Besorgnis zur Organisation von Hilfslieferungen führen – oder im schlimmsten Fall werden sie gar nichts von dem Ereignis erfahren. Vulnerabilität – Resilienz Außerdem können Naturereignisse sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Menschen haben. Bei einem Erdbe- ben mit der Stärke 6,6 auf der Richterskala kamen 2003 in Kalifornien zwei Menschen ums Leben. Bei einem gleich starken Beben in Bam in der Islamischen Republik Iran vier Tage später starben 26 000 Menschen. Diese dramatischen Unterschiede wurden durch unterschiedliche Vorkehrungen (Bauvorschriften, …) bzw. durch unterschiedliche Hilfsmög- lichkeiten begünstigt. Die Anfälligkeit für Schäden wird als Vulnerabilität bezeichnet. Die Resilienz hingegen be- schreibt die Fähigkeit eines Systems, Störungen zu absor- bieren und sich in Phasen der Veränderung so neu zu orga- nisieren, dass wesentliche Strukturen und Funktionen erhalten bleiben. Auswirkungen von Naturereignissen Bei katastrophalen Naturereignissen stehen meist die direkten Schäden im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Sie entstehen durch die Einwirkung des Naturereignisses und sind räumlich und zeitlich begrenzt. Indirekte Schäden können aber ebenso gravierend sein wie die direkten. Sie entstehen als Folge der veränderten Bedingungen und sind theoretisch zeitlich unbegrenzt und im Extremfall global spürbar. Der Super-GAU des japanischen Atomkraft- werkes in Fukushima hat als direkte Kosten hohe Schäden an Menschen, den Gebäuden und Gerätschaften und einen hohen Aufwand an Reinigungs- und Aufräumarbeiten zu verbuchen. Bis die Anlage tatsächlich stillgelegt wird, wer- den aber jahrzehntelang verseuchte Abwässer und Materia- lien zu entsorgen sowie gesundheitliche Folgen abzugelten sein. Die daraus entstehenden indirekten Kosten steigen Während die Physiogeographie die naturräumlichen Gege- benheiten der Geosphäre untersucht, widmet sich die Hu­ mangeographie der räumlichen Organisation menschlichen Handelns. Die dritte Säule soll zwischen der physisch-mate- riellen Welt und der Welt der subjektiven und gesellschaftli- chen Strukturen vermitteln. Was so kompliziert klingt, ist eigentlich nur der Versuch einer intensiven Auseinandersetzung mit der Wahrneh- mung der Welt, in der wir leben. Natürlich sind die Grenzen dieser Säulen (oder Bereiche) aber fließend. Erst durch die Perspektive des beobachtenden Individuums wird ein geo- graphischer Aspekt als solcher geprägt. Vielleicht wird dies an folgendem Beispiel leichter verständlich. Naturereignis, Naturgefahr, Naturkatastrophe Stürme, Erdbeben, Vulkanausbrüche, Hitze- und Dürrewel- len sind Naturereignisse . Wenn diese eine potenzielle Ge- fahr für die Menschen und deren Güter darstellen, spricht man von Naturgefahren . Zu Naturkatastrophen werden sie, wenn Menschen durch die Auswirkungen gravierend ge- schädigt werden (M3). Wir sehen, dass die Einteilung der Ereignisse nicht auf rein naturräumlichen Parametern ba- siert, sondern erst durch die Auswirkung auf einen oder mehrere Menschen getroffen wird. Neben den physiogeo- Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=