global 5. Geographie und Wirtschaftskunde, Schulbuch

128 Fallbeispiel Erdöl – heiß begehrt Kompetenzorientierte Lernziele  Regionale Konflikte über die Verfügbarkeit von knappen Ressourcen und dahinter stehende politische Interessen erklären  Produktionsverfahren kennenlernen und kritisch hinterfragen Reserven vs. Ressourcen Erze, fossile Energieträger (Öl, Gas) und andere Rohstoffe sind nur in begrenzter Menge vorhanden. Gesicherte Vor- kommen, die zur gegebenen Marktlage und Technik profi­ tabel gefördert werden können, werden als Reserven be- zeichnet. Der Begriff Ressourcen umfasst hingegen Vorkommen, die nur vermutet werden, und solche, deren Abbau sich derzeit nicht lohnt. Wie lange reichen die Reserven? Durch steigende Preise, bessere Technik und fortgesetztes Erschließen ( Exploration ) lassen sich immer mehr Ressour- cen in Reserven umwandeln. Wie lange Ressourcen zur Verfügung stehen, ist also mehr eine Frage des betriebenen Förderaufwands als eine Frage des jeweiligen Vorkommens. Außerdem spielt der Rohstoffverbrauch eine große Rolle, der in aufstrebenden Ländern wie Brasilien, Indien und vor allem China besonders massiv steigt. Bremsende Wirkung hingegen haben Wirtschaftskrisen, die die Nachfrage ein- brechen lassen, zu sinkenden Preisen und deswegen schlie- ßenden Minen führen können. Auch technologische Ent- wicklungen können sich schlagartig auswirken, wenn weit verbreitete Bauteile durch Bauteile neuer Zusammenset- zung ersetzt werden. Rohstoffe werden also nicht plötzlich vollkommen erschöpft sein. Vielmehr wird die Jahresproduktion irgendwann ein- mal nicht mehr erhöht werden können, wodurch die Preise steigen werden. Ölsand Einfach zu gewinnende, konventionelle Ölvorkommen bieten Rohöl in flüssiger Form an. Diese Ölvorkommen müssen „nur“ in den undurchlässigen Gesteinsschichten (= Fallen) gefunden und abgepumpt werden. Diese kom- men hauptsächlich auf der Arabischen Halbinsel vor. Schwieriger sind unkonventionelle Ölvorkommen wie extrem schwere Öle, Schiefergas, Ölsand (= Teersand) und Ölschiefer zu fördern, obwohl sie in weitaus größerer Menge vorhanden sind. Kanada wird durch die Ölsande in Alberta zum aktuell sechstgrößten Ölproduzenten der Welt. Diese „Athabasca- Ölsande“ finden sich auf einer Fläche von 141 000 ​km​ 2 ​ (14 Mio. Fußballfelder). Geht man davon aus, dass nur 10% dieser Vorkommen förderbar sind, ist das das Doppelte von Ghawar, dem größten konventionellen Ölfeld der Welt! Ölsand (= Teersand) selbst ist ein Gemisch aus Sand, Lehm, Wasser und Bitumen (Erdpech). Zur Gewinnung und Quali- tätsverbesserung müssen energieintensive Raffinierungs- prozesse angewandt werden. Die Gewinnung von Ölsanden kann oberflächlich im Tagebau oder durch Bohrungen erfol- gen. Da Ölsande aber gebunden sind, werden dafür unterschiedliche Verfahren angewandt: Bei Ölen geringer Viskosität (dünnflüssig) wird eine horizontale Bohrung in die Gesteinsschicht geführt, in die das Öl selbstständig fließt. Öle höherer Viskosität (dickflüssiger) benötigen zwei übereinanderliegende horizontale Bohrungen. Durch die erste wird Wasserdampf injiziert (gepresst), der das dick- flüssige Bitumen fließfähig macht. Durch die untere Boh- rung wird die Emulsion dann abgesaugt. Die Ausbeute ist sehr hoch, allerdings sind der Wasserverbrauch und der Energiebedarf für die Dampferzeugung enorm. Sowohl Schweröl als auch Bitumen müssen anschließend durch Cracken (Spalten) der großen Moleküle zu synthetischem Rohöl raffiniert werden. Dazu werden große Mengen Was- serstoff benötigt, der aus Methan gewonnen wird. Als Ab- fallprodukte fallen riesige Mengen Schwefel an. Da die Produktionskosten sehr hoch sind, lohnt sich die Ölproduk- tion aus Ölsanden nur bei sehr hohen Ölpreisen. Fracking Hydraulic Fracturing (= Fracking) war aus Kostengründen lange Zeit unattraktiv. Erst die steigende Nachfrage machte Fracking zum Erfolgsmodell. Beim Fracking werden Schie- ferfelsformationen mittels hydraulischem Druck aufgebro- chen, um Gas oder Öl an die Oberfläche transportieren zu können (M1). Der mittels horizontaler Bohrung eingebrach- te hohe Druck der Flüssigkeit öffnet kleine Risse im Gestein, durch die Kohlenwasserstoffblasen zum Bohrloch gelangen können. Da die übergelagerten Gesteinsschichten die geöff- neten Risse schnell schließen würden, werden dem einge- pressten Wasser diverse Zusatzstoffe beigemischt. Sand könnte beispielsweise die Risse offen halten. Verschiedene Chemikalien erhöhen die Tragkraft von Wasser für Sand, verringern die Viskosität der Fluide, verhindern Korrosion oder Ablagerungen usw. Viele dieser Stoffe sind für Men- schen gesundheitsschädlich und dürfen an der Oberfläche nicht freigesetzt werden. Beim Fracken müssen aber die Bohrungen und Förderleitungen teils nahe an grundwas- serführenden Schichten geführt werden. Diese vielen Boh- rungen müssen also gegenüber dem Grundwasser abge- dichtet werden. Nach dem Fracken müssen die Fluide aus der Bohrung gefördert und abtransportiert oder deponiert werden. Außerdem stellt der große Wasserverbrauch einen grundlegenden Interessenskonflikt besonders in Gebieten mit chronischem Wassermangel dar. Besonders die USA profitieren von den neuen Fördermetho- den. Ausgelöst durch die Wirtschaftskrise 2007/2008 und durch verbesserte Technologien wurde stark in Fracking investiert, wodurch die USA vom Importeur zum Exporteur wurden. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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