sprachreif 4, Band für Lehrerinnen und Lehrer

41 Der Essay ist in fünf Abschnitte gegliedert, deren vier eine knappe Über- schrift haben. Die Einleitung erklärt knapp, was unter Gentechnik zu verstehen ist. Im zweiten und dritten Abschnitt geht es zunächst um die Möglichkeiten der Gentechnik im Bereich der Nahrungsmittelindustrie und in weiterer Folge um die Genmanipulation beim Menschen. Der vierte Abschnitt wirft die Frage auf, was passieren würde, wenn die Optimie- rungsbestrebungen des Menschen Erfolg haben, bis im fünften Abschnitt zum Fazit übergeleitet wird. Operator 2: formal und inhaltlich Fragen, die aufgrund dessen, dass sie tatsächlich nicht immer klar beant- wortet werden können, selten als rhetorisch bezeichnet werden können, illustrieren die Notwendigkeit einer öffentlichen Debatte über das Thema („Was oder wer wird als Nächstes aussortiert?“, „Was werden wir tun, falls sie eines Tages beginnen, …?“, „Was machen wir, wenn die Sache gelingt?“, „Und wir?“). Zahlreiche lebensnahe Beispiele verdeutlichen zudem, dass alle Menschen von der Frage betroffen sind, was Gentechnik in Zukunft wirklich leisten soll. Kurze Hauptsätze, wenige Hypotaxen und verständ- liche Beispiele machen die Problematik auch für Laien verständlich. Im Gegensatz zur inhaltlichen Forderung, eine entemotionalisierte Debatte zu führen, stehen einige Ausrufesätze (z.B.: „… Natur aus Natur, aber alle reden nur über potenzielle Designerbabys!“). Zu diesem Eindruck tragen auch die elliptischen Sätze bei, die wesentliche Bruchlinien in der Debatte um Gentechnik hervorheben sollen („Braucht kein Mensch. Lässt sich aber besser verkaufen.“). Operator 2: stilistisch und inhaltlich Marc Elsberg traut sich selbst keine Beurteilung von Anwendungsgebieten der Gentechnik zu, er ist aber davon überzeugt, dass es in der Gesellschaft eine breite und sachliche Debatte darüber geben muss, wie und in wel- chem Ausmaß Gentechnik (also der Mensch) in die Natur eingreifen soll. Die zahlreichen Beispiele und damit verbundene Erklärungen lassen das Urteil zu, dass sich der Verfasser mit dem Thema länger auseinanderge- setzt hat. Die Anschaulichkeit und die relativ leicht verständliche Sprache machen den Essay für eine breite Masse lesenswert. Darüber hinaus lässt sich der Eindruck nicht vermeiden, dass auch Elsbergs (zum Zeitpunkt des Erscheinens) neues Buch Helix vermarktet werden soll. Operator 3 Zu S. 69: Textinterpretation: C.F. Hebbel: Mysterium (1842) Das Sonett Mysterium von Christian Friedrich Hebbel wurde 1842 ver- öffentlicht und kann der Epoche des Realismus zugeordnet werden. Christian Friedrich Hebbel wurde 1813 in Wesselburen (Schleswig-Hol- stein) geboren und verstarb 1863 in Wien. Hebbel verfasste hauptsäch- lich Dramen und Lyrik. Textbezug (Basissatz), Metainformationen Das lyrische Ich möchte einen Faden gewinnen, der ihm ein Geheimnis eröffnen soll. Zunächst scheint es noch zu hoffen, dass es Erkenntnis gewinnen kann, was aber schlussendlich vom lyrischen Ich selbst als unmöglich erachtet wird. Basissatz/Inhalt (Operator 1) Das Sonett besteht aus vier Quartetten, deren Verse jeweils durch einen umarmenden Reim miteinander verbunden sind. Die Terzette weisen einen Schweifreim auf. Der fünfhebige Jambus verweist auf die italieni- sche Tradition der Sonette. Der Faden, von dem ab Vers 1 die Rede ist und den das lyrische Ich gewinnen will, ist ein Symbol für die Verbindung zwischen dem Gött- lichen und der Natur. Er ist der Schlüssel zu einem Geheimnis, das das lyrische Ich lüften will. Vermutlich will das lyrische Ich eine Erkenntnis gewinnen, möglicherweise über seine Herkunft bzw. den Sinn des Lebens. Das Symbol des Fadens ist bereits aus der griechischen My- thologie im Zusammenhang mit dem Schicksal bekannt; es wiederholt sich auch hier die Handlung des Abwickelns (V. 3). Die Unmöglichkeit des Erkenntnisgewinns wird unterstrichen durch den Konjunktiv in Vers 1 und die Tatsache, dass der Faden „verborgen“ (V. 4) ist. In diesem Zusammenhang ist auch die Nominalisierung „das Geheimste“ (V. 3) zu sehen, die noch einmal das Mysteriöse und Unbekannte betont. Operator 2: Aufbau, Inhalt, Stil Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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